Christine Wolter (Hrsg.): Italienische Lyrik des 20. Jahrhunderts

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Christine Wolter (Hrsg.): Italienische Lyrik des 20. Jahrhunderts

Wolter (Hrsg.)-Italienische Lyrik des 20. Jahrhunderts

GESCHLECHT: TROST DES ELENDS

Eine Königin die Hure, ihr Thron
ein Abfallhaufen, ihr Land ein Stück
beschißne Wiese, ihr Zepter
die rote Tasche aus Lack;
sie bellt in die Nacht, schmutzig und wild,
wie eine uralte Mutter; sie kämpft
um ihren Besitz und ihr Leben.
Um sie in Scharen die Zuhälter,
gedunsen und bleich, mit
slawischen oder Brindisinischen Schnurrbärten,
als Führer, als Herrscher, die im Dunkeln
Geschäfte um hundert Lire abschließen,
die schweigsam blinzeln, die Stichworte
wechseln. Die Welt, verbannt, verstummte
um sie, die sich aus ihr verbannten:
stille Gerippe von Raubvögeln.

Doch im Abfall der Welt entsteht
eine neue Welt: neue Gesetze entstehen da,
wo kein Gesetz mehr gilt; eine neue Ehre dort,
wo Schande eine Ehre ist…
Macht und Adel wachsen wild
in den erbärmlichen Hüttenhaufen,
in Orten ohne Grenze, wo du denkst,
daß die Stadt aufhöre, und wo sie hingegen
tausendmal feindlich mit Brücken
und Labyrinthen, Bauplätzen und pflasterlosem Land,
hinter Sintfluten von Wolkenkratzern,
bedeckend ganze Horizonte, aufs neue anfängt.

In der Einfachheit der Liebe
fühlt sich als Mensch der Elendste:
darauf gründet er sein Vertrauen ins Leben, ja er
verachtet sogar jenen, der ein andres Leben lebt.
In Abenteuer stürzen sich die Söhne
Sicherheit in dieser Welt zu gewinnen,
die sich vor ihnen, vor ihrem Geschlecht fürchtet.
Ihr Erbarmen besteht darin, daß sie erbarmungslos sind,
ihr Leichtsinn ist ihre Kraft,
ihre Hoffnung, daß sie keine mehr besitzen.

Pier Paolo Pasolini
übersetzt von Günter Kunert

 

 

Einleitung

Zweierlei Vergnügen bereiten Anthologien, um deretwillen es lohnt, sich mit ihnen zu beschäftigen. Zum ersten ist eine solche Sammlung Abbild der Fülle, aus der sie schöpft, ja ist selbst auf ihre Art Fülle und Vielfalt, stellt Autoren, Themen, Stilarten neben- und gegeneinander, macht Entwicklungen sichtbar.
Das zweite Vergnügen, und dies gehört vielleicht mehr dem Hersteller der Anthologie als dem Leser, der es jedoch nachvollziehen kann, ist das Entscheiden, Bekennenmüssen. Sammlung ist zugleich immer Aussonderung und kritische Prüfung.
Wir lesen die italienische Dichtung dieses Jahrhunderts als Menschen unserer Tage. Mit einer gewissen Ehrfurchtslosigkeit gehen wir an Namen vorbei (vor allem aus den ersten Dezennien), die in keiner italienischen Anthologie fehlen würden, wiederum erscheinen hier einige jüngere Autoren, denen in Italien noch niemand die anthologische Maturität zuerkannt hat. Wir wollen kein Material liefern für eine Geschichte der Iyrischen Strukturen oder gar der „Wörter“, uns interessiert primär die Beziehung der Poesie zur Wirklichkeit. Sie soll uns helfen, die großen Entwicklungslinien vom Jahre 1905 bis heute aufzufinden.
Italiens bedeutende Dichter haben diese Beziehung nie geleugnet, wenn es auch in mancher ästhetischen Diskussion allein um das Wort, um die dichterische Sprache zu gehen schien. Es war jedoch eine oft verzweifelte Suche nach dem wahren (und damit befreienden) Wort, die sich durch die gesamte italienische Dichtung des 20. Jahrhunderts verfolgen läßt.
Das literarische Erbe der letzten Generation des 19. Jahrhunderts war bescheiden. In Pascoli und D’Annunzio mündete eine Entwicklung, in der sich die Lyrik als Illustrator der seit der Einigung von 1870 auch in Italien wachsenden bürgerlichen Industriegesellschaft versteht. Poesie wird Idylle (bei Pascoli) oder Rausch (bei D’Annunzio); E. Sanguineti nennt sie die kleinbürgerliche und die großbürgerliche Variante des poetischen Antirealismus.
Die Gegenkräfte entstehen aus der Negation. (Wir übergehen dabei die „Crepuscolari“, die zärtlich-sentimentalen, verhalten-ironischen Sänger der Dämmerung, denen wir höchstens die Bescheidenheit ihres literarischen Anspruchs zugute halten wollen.) Diese Verneinung geht in zwei Richtungen: sie meint sowohl die Literatur als auch die Gesellschaft. Die bürgerlichen Zeitgenossen nahmen vorwiegend die literarische Seite zur Kenntnis. Amüsiert und wohlwollend kommentierte die Kritik die „Clownerien“ von Aldo Palazzeschi (geboren 1885), der seinen ersten Gedichtband 1905 veröffentlichte. Er schien seine Poesie überhaupt nicht ernst zu nehmen, erklärte sich zum „Seiltänzer seiner Seele“ und dichtete:

Laßt mich Spaß machen
tri tri tri,
fru fru fru,
uhi uhi uhi,
ihu ihu ihu.

In demselben Gedicht nennt der Autor seine Zeilen „übriggebliebenes Zeug… Abfall der anderen Gedichte“.
Die Lust an der Provokation führte Palazzeschi zeitweilig in die Nähe der Futuristen. Doch ist er im Gegensatz zu ihnen, die wohl mit Manifesten, nicht aber mit literarischen Werken von Dauer hervortraten, einen literarisch immer fruchtbaren Weg gegangen; in die spätere unrühmliche Verherrlichung des Krieges durch die Futuristen, in ihr Lob des Faschismus hat er nie eingestimmt. In den dreißiger Jahren findet Palazzeschi im ironisch-satirischen Roman ein neues Ausdrucksmittel und veröffentlicht erst 1968 wieder Gedichte voll Heiterkeit des Alters, Selbstironie des Dichters und einem neuen Ton der Lebensfreude wie in „Ponte Garibaldi“. In Palazzeschis Gedichten scheint die Sprache davonzulaufen, Impressionen reihen sich, Farben spielen, skurrile Gestalten, alte Frauen, Papageien, Affen bevölkern die Verse. Das Gedicht wird immer leichter, verspielter, unerheblicher:

Steig herab Diana herab
steig herab dieses Trittchen
steig herab nur ein Schrittchen…

Der Dichter verspottet das Dichten, nicht nur den zarten Gesang der Dämmerungsdichter, denen er im „Gang der Nonnen“ einen ironischen Gruß voll marionettenhafter Bewegung nachschickt, er meint das Dichten überhaupt, das keinen Anlaß mehr hat, sich ernst zu nehmen. Der Dichter als Spaßmacher der Gesellschaft – eine Degradierung, die nur mit bewußter Ironie zu tragen ist. Die erhabene Schönheit der Kunst – ihr Sinnbild Diana, die weiße Statue, Inventarstück so vieler Vorläufer und Zeitgenossen der Moderne – ist in dieser Welt nur eine schmutzige Gipsfigur.
Neben der Heiterkeit Palazzeschis steht die Tragik Dino Campanas, der vergebliche Kampf um Selbstbehauptung eines Dichtergenies.
1914 erscheinen die Orphischen Gesänge (Canti orfici), die Campana selbst, merkwürdige Erscheinung eines Vagabunden, vor dem Florentiner Café Paskowski feilbot. Seine Verachtung für das bürgerliche Zeitalter, das er nicht nur als prosaisch und kunstfeindlich, sondern als untergehende Epoche sieht, als „Fäulnis“ und „Verwesung“, wird in seiner Dichtung ein Schrei des Hasses und der Verzweiflung. Eine für Italien neue, phantastische Sprache entfaltet sich scheinbar hemmungslos in Campanas Versen, wilden Beschwörungen gleich, für die Rimbaud und Whitman Anstoß gewesen sind. Aber Campana empfindet nichts nach, wiederholt nichts, sein Ton klingt unmittelbar:

Mächtig sind heutzutage die Reichen
Sie erlassen Gesetze und verordnen Hunger
Den Ärmsten, die auf dieser Welt
Nach Idealen verlangen.

In Bildern von impressionistischer Leuchtkraft bannt er seine Zeit als „elende Zeit“, als Herrschaft der Fetten, Verbrecher-Notturno, Reich der Huren. Der kleine Spaziergang des Dichters in dieser Welt verwandelt sich unversehens in Flucht:

… in meinem Mund fühl ich
Den ekligen Speichel.
Fort von Fäulnis Fort von Fäulnis…

Das Fragmentarische seiner Sprache, beschwörende Wiederholungen, ein gleichsam maßloses Reimen und die ungebändigte Länge mancher Verse erhöhen die Kraft des Ausdrucks. Hier erscheint in Italien zum erstenmal jene Intensität des Poetischen, die die späteren großen Dichter – auf andere Weise – als sprachliches Ziel ihrer Modernität empfinden werden. Auch in seinen stillen Zeilen, in den Liebesgedichten für die Lyrikerin Sibilla Aleramo Überwiegen die Einsamkeit, die Unmöglichkeit einer glücklichen menschlichen Kommunikation. Auch hier klingt voraus, was die „neuen Lyriker“ in anderer Art und neuer Bedeutung wieder aufnehmen werden.

Als Italiens „neue Lyriker“ verstehen wir, dem Beispiel Sanguinetis in seiner Anthologie Poesia del Novecento (Lyrik des 20. Jahrhunderts) aus dem Jahre 1968 folgend, Saba, Ungaretti und Montale, als Vertreter der zweiten Generation Quasimodo, Luzi und Sereni. Die drei großen Neuerer der italienischen Lyrik kommen von verschiedenen Ausgangspunkten, sie werden auch niemals eine homogene Gruppe; doch ein Grundgedanke – der Grundgedanke der Lyrik jener Zeitvereint sie.
Am fernsten – geographisch, bildungsmäßig, sprachlich bleibt ihnen zeit seines Lebens Umberto Saba (1883-1957). Seine Herkunft aus dem vom zeitgenössischen Literaturleben abgeschnittenen Triest, seine jüdische Abstammung, die spätere Rassenverfolgung, die Mühe, einen Lebensunterhalt zu finden, seine bescheidene, stille Existenz als Buchantiquar prägen sein Leben: die Abgeschiedenheit und Einsamkeit ist ein Grundmotiv, doch ebenso der unerfüllbare Drang nach der menschlichen Gemeinschaft:

Unter den Niedrigen fühle ich,
wie mein Denken sich
klärt, hier, in der schmutzigen Gasse.
… Dort litt
zum ersten Male ich
das süße eitle Sehnen,
mein Leben zu tauchen
ins warme Leben aller,
zu sein wie alle Menschen
aller Tage.

Das Volk, die Straßen und Vorstädte seiner Heimatstadt, zeichnet er in frei dahinfließender Sprache, mit überraschender und überzeugender Natürlichkeit. Die Gedichte aus der Sammlung Triest und eine Frau (Trieste e una donna) sind nach den frühen Jugendgedichten der erste Beweis seiner Meisterschaft. Sabas Beitrag zur modernen Sprache der Poesie – der vielleicht erst von der heutigen Dichtergeneration gewürdigt werden kann – ist die Einfachheit und Wahrhaftigkeit, mit der er die Alltagswirklichkeit aufnimmt, die kunstlose Sprache, die stets jedem zugänglich bleibt:

Ich liebte
abgedroschne Worte, die kein einziger
wagte.

Aber Sabas Hoffnung auf eine echte Beziehung zur Welt erfüllt sich nicht. In seinem Werk, das er nach Petrarca Canzoniere nennt und das schließlich zu einer großen lyrischen Autobiographie anwächst, nimmt die Vereinsamung zu, die Sprache wird karger, nie verschlüsselt-symbolhaft, aber sie enthält nun auch Schweigen, Verzweiflung. Dieser Destillierungsprozeß seiner poetischen Mittel ist nur in geringem Maße durch den formalen Einfluß Ungarettis und Montales zu erklären. Die Einsamkeit wird zum Schicksal der Dichter Italiens: der erste Weltkrieg macht die Krise der Gesellschaft auf brutale Weise sichtbar, die Nachkriegsjahre sind eine Folge von inneren Machtkämpfen, in denen das bürgerlichparlamentarische System endgültig 1922 vor der faschistischen Gewalt kapituliert. Die „schwarzen zwanzig Jahre“ Italiens beginnen.
Keiner der großen Dichter hat sich dem vom Regime geforderten nationalen Pathos verschrieben. Im Gegenteil: Dichten bedeutete ihnen allen nach inneren Abwehrkräften suchen, Einsamkeit und Stille auf sich nehmen. Für die Dichtung war diese Haltung nur möglich durch eine neue Kraft der Sprache, durch eine tiefere Wirkung des Wortes. Auch bei Saba wird dieser Wandel deutlich: Den beinahe naiven Redestrom früher Gedichte löst ein vorsichtiges Wägen der Worte ab, deren Wert in der Zeit der Lüge fraglich geworden ist:

Worte,
… einen Winkel
such ich in der Welt, die freundliche Oase,
euch zu reinigen mit meinen Tränen
von der Lüge, die euch blind macht.

Zu der nunmehr noch bewußter angestrebten klaren Alltäglichkeit der lyrischen Themen treten Verknappung und Verdichtung der Sprache. „Beinahe stumm“ ist der Mund des Dichters geworden, der seine Verse dem Schweigen entreißt:

… Graben
muß ich in die Tiefe
auf der Suche nach dem Schatz.

Wie Saba verwendet auch Giuseppe Ungaretti (geb. 1888), von seiner Dichtung sprechend, das Bild des Grabens für die Suche nach dem dichterischen Ausdruck:

Wenn ich in diesem
meinem Schweigen
ein Wort finde
ist es in mein Leben gegraben
wie ein Abgrund.

1916 erscheint sein erster Gedichtband, Der begrabene Hafen (Il porto sepolto), der Anfang eines schmalen Gesamtwerkes, das er – ähnlich wie Saba – als Biographie sehen möchte und das er „Ein Menschenleben“ nennt. Ungaretti ist der eigentliche und radikale Neuerer der Sprache in der italienischen Poesie. Alle Versuche der Dichtergeneration vor ihm und auch der futuristischen Zeitgenossen, sich von Versmaßen, Reimen, klassischen Formen zu befreien, verschmelzen in seiner Dichtung zu einem authentischen, neuen Spracherlebnis. Seine Studienjahre in Paris haben ihn früh mit den französischen Symbolisten, besonders Mallarmé, vertraut gemacht und ihn in der Suche nach der Strahlkraft des Wortes, der „Magie des Wortes“, bestärkt. Schon seine ersten Gedichte sind in dieser Hinsicht programmatisch: Das Wort tritt in der Vereinzelung auch optisch aus dem Schweigen hervor. Die meisten der frühen Gedichte sind von fragmentarischer Kürze, doch nie Fragment, sondern Ballung des Essentiellen. Diese Klarheit und Nacktheit des Ausdrucks ist nicht allein Ergebnis literarischer Erfahrungen, sondern spiegelt ein intensives Erleben: Im Krieg erfährt der junge Soldat Ungaretti den Tod, den Ablauf der Zeit, die Suche nach menschlicher Brüderlichkeit und einem „unschuldigen Land“, und für diese Existenzfragen sucht und findet er seine Form. „Die Ewigkeit war beschlossen im Augenblick“, sagt Ungaretti rückschauend über diese Zeit. Vielleicht können wir erst heute, unbefangener als die Zeitgenossen, die von der Form allzu sehr frappiert wurden, die Erschütterung nachspüren, die in den Wortzeilen des Gedichtes „Soldaten“ bebt.
Der Beziehung zwischen Dichtung und Erfahrung in der Gesellschaft ist sich Ungaretti selbst früh bewußt geworden; im Vorwort zu einer Ausgabe seiner frühen Gedichte aus dem Jahre 1931 hat er sie so gefaßt:

… Seine (des Autors) Gedichte stellen also sein Ringen mit der Form dar, doch sollte es ein für allemal klar sein, daß die Form ihm nur deshalb zu schaffen macht, weil er von ihr fordert, daß sie den Wandlungen seines Gemüts entspreche, und weil er – sollte er Fortschritte als Künstler gemacht haben – wünscht, daß diese Ausdruck seiner menschlichen Vervollkommnung seien. Er ist als Mensch inmitten außerordentlicher Ereignisse herangereift, denen er niemals fremd gegenüberstand. Ohne je die Notwendigkeit einer Ausrichtung der Poesie aufs Universale zu leugnen, hat er immer dafürgehalten, daß das Universale, um vorstellbar zu werden, durch ein lebendiges Geschichtsbewußtsein mit der einzelnen Dichterstimme im Einklang stehen muß.

In späteren Werken Ungarettis tritt das unmittelbare Erleben zurück hinter einem allgemeinen Zeitbild, zu dem er traditionelle italienische Formen, wie den reimlosen Elfsilber, mit neuen rhythmischen Gliederungen verwendet. Die Bildsprache wird komplizierter, weit voneinander liegende Bereiche werden durch Analogien zusammengeschlossen, Elemente der klassischen Mythologie treten auf. Das Gefühl der Zeit (Il sentimento del tempo, 1933) nennt Ungaretti den Band, in dem sein Leiden an den Zuständen der Zeit vielleicht am deutlichsten in den „Hymnen“ und im „Gebet“ als Suche nach Erlösung deutlich wird. Hans Hinterhäuser nennt sie eine „moralisch-metaphysische Opposition“ gegen die herrschende Gewalt. Das Leiden an der Zeit, am Krieg, am Schicksal Italiens, verbunden mit dem Leid um seinen mit neun Jahren gestorbenen Sohn, sind der Grundton des Bandes Der Schmerz (Il dolore, 1947) – des großen Klagegesanges einer Epoche. Er reicht bis in spätere Werke hinüber, in die „Chöre auf das Gelobte Land“, in denen Didos Liebesklage den Schmerz Ungarettis um Verlorenes, um Jugend und geliebte Wesen, und das Leid des einsamen Menschen dieser Zeit aufnimmt. Das Merkbuch des Alten (Il taccuino del vecchio) aus dem Jahre 1960 spiegelt Abgeklärtheit des Alters. Das Bild des gelassenen „alten Kapitäns“ weist auf die „Heiterkeit der Schiffbrüche“ zurück. Intensität des Erlebens und der Sprache erreichen einen neuen Höhepunkt, die Skala der Gefühle ist reicher, neben dem Schmerz und der Sehnsucht nach Verlorenem stehen Liebe und eine „unwandelbare Hoffnung“ in den Menschen. 1969 spricht Ungaretti unter dem erschütternden Schweigen seiner Zuhörer auf einer Solidaritätsveranstaltung für den griechischen Widerstand sein soeben geschriebenes Gedicht „Griechenland 1970“. Der große alte Dichter hat das „lebendige Geschichtsbewußtsein“ nicht verloren.
Mi dem Gedicht „Zitronen“ aus dem Jahre 1921, das eine Absage an die öffentlich belobigten Poeten, die „Dichter mit Lorbeer“ enthält, beginnt der Band Die Knochen des Tintenfisches (Ossi di seppia) von Eugenio Montale, der im Jahre 1925 erscheint.

Was heut wir sagen können, ist nur eines,
was
nicht wir sind, was nicht wir wollen.

Diese Zeilen stehen gleichsam programmatisch über dem Band. Wer sie ohne ihren historischen Kontext liest, könnte darin die prätentiöse Haltung eines Antitraditionalisten sehen; doch hier äußert sich viel mehr: ein Zeitgefühl, wie es schon Ungaretti, gefühlsbetonter, umschreibt:

mein armes Herz
bestürzt von Nichtwissen.

Bei Montale wie bei Ungaretti erkennen wir das Empfinden aller bürgerlichen Dichter jener Epoche, den Mächtigen in ihrem Land allein gegenüberzustehen. Die Kraft zur Selbstbehauptung sucht Montale für eine ganze Generation seiner Leser im Verzicht auf jeden Trost, in der kompromißlosen Bejahung der eigenen Vergänglichkeit. Auch dies ist ein Weg der Verinnerlichung – aber voll Härte, der aus der Hoffnungslosigkeit neuen Lebenswillen schöpft. Die Begegnung mit dem Nichts, der Blick in den Abgrund, ist kein bleiches Erschrecken: in der Erkenntnis seiner Endlichkeit, im „aktiven Pessimismus“ findet der einsame Mensch Montales seine Abwehrkräfte. Schluchten, Steine, der salzdurchtränkte Boden der heimatlichen ligurischen Küste, das brennende Sonnenlicht und der aus den Meeresgründen an den Strand gespülte Knochen des Tintenfisches sind Bilder – in all ihrer Dinglichkeit stets faßbar – für diese äußerste Selbsterprobung und Rettungsmöglichkeit des einzelnen. Welche Bedeutung diese Lyrik hatte – und in gewissem Maße noch heute hat – wird in einem Aufsatz des Kritikers und Lyrikers Sergio Solmi deutlich, der auch die Einleitung zu Montales erstem Gedichtband schrieb:

An wenig glaubte unsere Jugend; aber zu dem wenigen gehörte ganz gewiß die Poesie… Die Atonie des Lebens, die metaphysische Verzweiflung der Knochen des Tintenfisches hätten nicht das Gewicht erlangt, das sie für uns und die folgenden Generationen erlangten und noch immer haben, wären sie nur die Besonderheit oder Absicht des Menschen Montale als Individuum gewesen und nicht des Exponenten einer latenten Geisteshaltung – dabei von unwiederholbarer und unvergleichlicher Individualität −, der Reflex einer allgemeinen Situation, der nur noch eine eigene Stimme fehlte.

Dem Ausdruck dieser Geisteshaltung dient eine zur intellektuellen Intensität drängende Sprache, von bislang poesiefremden Objekten erfüllt, in der Klingendes und Mißtönendes aufeinandertreffen, wo erhabenes und alltägliches Wortmaterial im Vers zusammengespannt wird. Der Gedichtband Die GeIegenheiten (Le occasioni, 1939) verkürzt die erlebten Situation zu aufflackernden Bildern, zu Gesichten eines auf der Welt umherirrenden Reisenden, die – nun ohne die oft im ersten Band dem Gedicht vorangehende oder folgende Gedankliche Zusammenfassung (wie: „Dem Übel zu leben bin ich oft begegnet“) – das gleiche Grunderlebnis fassen. Montales dritten Band, Der Sturm (La bufera e altro, 1956), entwickelt diese Haltung in die Gegenwart hinein, und wir stimmen überein mit dem Kritiker Sergio Solmi, daß die italienische Gegenwart die Konflikte des Künstlers Montale nicht gelöst hat, sondern ihm neue schmerzliche Fragen stellt. Das Gedicht „Der Gefangene“ ist vielleicht das deutlichste Sinnbild für den Dichter in der heutigen Welt, in einer Gesellschaft, die ihn nicht braucht. Hingegen zeigt das von Montalescher Bildhaftigkeit erfüllte Gedicht „Der Aal“, daß sich hinter seiner stoischen Geste noch immer Hoffnung, Lebenswille verbirgt. „Der Aal“ nimmt die bekannte Bildwelt wieder auf: Über Steine, ausgedörrte Tümpel, in die vernichtende Glut der Sonne führt der Weg des Aales, der „Iris“, des Regenbogens, des Pfeiles, zur äußersten Grenze des Lebens. Am Rande des Nichts, „wo alles zu verbrennen scheint“, entsteht das neue Leben.
Im Jahre 1937 prägte der italienische Literaturkritiker Francesco Flora den Begriff der „hermetischen“ Dichtung für Italien. Von ihm, einem Traditionalisten, war diese Benennung abwertend im Sinne von „verschlossen“, „unverständlich“, „rätselhaft“ gemeint, bald jedoch erhoben ihn die Anhänger und Schüler der „Hermetiker“ zu einer Qualitätsbezeichnung. Beides ist falsch. Manche Autoren, die mit den von Ungaretti und Montale vorbereiteten poetischen Mitteln arbeiteten, haben sich zu sehr mit der Form beschäftigt, ohne die poetischen Absichten ihrer Vorbilder inhaltlich nachvollziehen zu können. Die so entstandenen perfekten und zugleich schwierig-schönen Gebilde bleiben wirklich „dunkel“, weil nichts oder nur schmale Gedanken darin zu entdecken sind. Für Ungaretti und Montale gilt wohl die Schwierigkeit, ja manchmal geradezu die Verschlossenheit des Dichtens, doch ist hier die Form Erhöhung der gedanklichen Intensität, die der Leser neu erleben soll. Die Einbeziehung des Intellekts und der Intuition beim Lesen wiederholt den Schöpfungsakt. Das Ergebnis ist nicht beliebig, der schönen Form und der jeweiligen Phantasie unterworfen, sondern eindeutig bestimmbar, vom Dichter gewollt. Nicht zuletzt war dieser Weg der verschlüsselten Weitergabe von „Nachrichten“, gewissermaßen ein Kennzeichen von Opposition, ein Widerspruch gegen das vom Faschismus geforderte Pathos. „Schwierigkeit“ ist zudem in der italienischen Lyrik nichts Neues: sie galt ihr schon immer als ein wichtiger Bestandteil der poetischen Darstellung. Guittone d’Arezzo spricht davon, den Sinn im Gedicht „zusammenzupressen“, Dante und Petrarca benutzen „Dunkelheiten“ zur Steigerung der lyrischen Spannung. Im Gegensatz zum französischen Symbolismus, in dessen Nähe besonders Ungaretti oft gerückt wird, haben sich die „neuen Lyriker“ niemals dem Chaos des Unbewußten ergeben, nie den Wirklichkeitsbezug ihrer Lyrik aufgesagt. Damit ist ihre Dichtung niemals ein reines Kreisen um den poetischen Schöpfungsakt geworden, eine immer vollkommenere Umschreibung des Unsagbaren. Das war nicht im Sinne der italienischen Moderne, die vielmehr Intensität des Erlebens – geweckt durch eine neue Sprache – erstrebte, Verdichtung eines bestimmten Lebensgefühls mit dem Ziel der Selbstbesinnung und Selbsterkenntnis menschlicher Kräfte in einer inhumanen Welt.

Mit dem Band Wasser und Erde (Acque e terre) erklingt im Jahre 1930 eine neue Stimme, die bald zu den tragenden der italienischen Poesie gehören wird. Salvatore Quasimodo (1880 bis 1957) besingt in seinen ersten Dichtungen das Land seiner Kindheit, Sizilien, Symbol des verlorenen Paradieses, der glücklichen Jugend. Alle frühen Gedichte enthalten die Frage nach einer unverdorbenen, kindlichen Erde, eine schmerzvolle und leidenschaftliche Suche:

Tíndari, mild kenn ich dich…

Aus dieser Urharmonie ist der Dichter verstoßen in die Einsamkeit, in die „Fremde“:

Ich bin ein Mensch allein
bin eine einzige Hölle.

In Quasimodos Versen wird die gedankliche Verwandtschaft zu Ungaretti und Montale, die Einsamkeit, das Leiden an der Zeit, spürbar. Doch anders als seine Vorbilder sucht er dieses Gefühl schon in der Unbewußtheit, im Augenblick seines Entstehens zu erfassen, als noch Schwebendes, nicht genau Bestimmbares. So enthalten seine Bilder immer eine beabsichtigte Ungenauigkeit, sie wollen nur Andeutungen sein, zu denen die Musikalität des Verses hinführt. Die Gefahr liegt auf der Hand, und Quasimodo und seine Kritiker-Freunde haben sie schon früh gespürt: Aus der schönen Umschreibung der Sehnsucht konnte ein Kult des absoluten Schönen werden, das beabsichtigte Umkreisen des Sinnes mit immer neuen Bildern und Eindrücken konnte sich verselbständigen, also wirklich „hermetisch“ werden. Doch in das Leben des noch nicht Vierzigjährigen brachen der Krieg, der Widerstandskampf, die Befreiung. Quasimodo wird in seinem innersten Erleben mit der Geschichte konfrontiert. Die antifaschistische Bewegung, die im großen Befreiungskampf des italienischen Volkes mündet, enthüllt ihm plötzlich die reale Möglichkeit einer Gemeinschaft zwischen Dichter und Volk. Mit neuer Intensität nimmt Quasimodo am Schicksal seiner Nation und am Schicksal der Menschheit teil, „Mensch meiner Zeit…“ ruft er, „du hast wieder getötet.“ Und er erkennt den Weg zu einer neuen Gesellschaft, die er benennt: „eine Vielfalt von Händen, die andere Hände suchen.“
Mario Luzi (geboren 1914) und Vittorio Sereni (geboren 1913) sind in ihren Anfängen Anhänger des „hermetischen“ Dichtens. Luzi entstammt Florentiner Bildung und Kultur, die toskanische Landschaft wird ihm in seinen ersten Gedichten, die 1935 unter dem Titel Die Barke (La barca) erscheinen, immer aufs neue zum Sinnbild für das vergehende Leben. Allmählich weitet sich sein Gesichtskreis, löst sich seine Sprache von den frühen kühlen und kunstvollen Formen. Die vorübergezogene Sturmflut des Gedichtes „Am Ufer“ enthält die erste, beinahe furchtsame Anspielung auf den vergangenen Krieg. In „Schwärze“ erscheint das „zerraufte Gesicht der Erde“ aus den schwarzen Abgründen. Erst in dem Gedicht „An Niki Z. und an ihr Vaterland“ treten jedoch Geschichtsereignisse deutlich in Luzis Lyrik ein, es ist der Unabhängigkeitskampf eines Volkes, zu dem er sich in frei ausschwingenden Zeilen mit einer wie neu erwachten Lebendigkeit des Wortes und des poetischen Bildes bekennt:

Für das Recht zu leiden erleichtert
das Herz, gibt Kraft und Trunkenheit
und mehr noch, in deinem Vaterland, das auch meines ist…

Einen entschiedenen Schritt zur inhaltlichen und formalen Neuerung geht Mario Luzi in dem Band Im Magma (Nel magma, 1963). In einer der Prosa angenäherten Sprache faßt er Augenblicke menschlicher Begegnung als angespannte und doch wortkarge Auseinandersetzung, in der die Situation des bürgerlichen Menschen, vor allem des Intellektuellen, erhellt wird. „Am Bisenzio“ ist der deutlichste Versuch des Dichters, sein bisheriges Werk, in Beziehung gesetzt zu den Problemen der Arbeitenden, selbstkritisch zu beurteilen. Damit stellt er die in der Gegenwart zur Prüfung jedes Schriftstellers gewordene Frage von dem Sinn einer Literatur, die den Arbeitenden fremd bleibt. Das Urteil über die bürgerliche Welt fällt in diesem Buch hart aus: wie der Dichter Mario versagen sie alle.
Entscheidendes Erlebnis für Vittorio Sereni ist seine Teilnahme am zweiten Weltkrieg. Griechenland, Algerien, Marokko sind die Schauplätze, auf denen der Dichter Tag für Tag Abschied vom Leben nimmt. Die Stationen seiner inneren und äußeren Reise sind in den Bänden Die Grenze (La frontiera, 1941) und im Algerischen Tagebuch (Diario d’Algeria, I947), einer poetischen Autobiographie, festgehalten: Stationen, an denen die Kunstübungen der Jugend sich crproben müssen in der Gestaltung des Lebens am Rande des Todes, wo das Auge mit neuer Klarheit fremde Menschen und Welten sieht. Wie Mario Luzi versucht Sereni im Nachkriegsitalien der Arbeiterklasse näherzukommen, sich seines bürgerlich-intellektuellen Standpunktes schmerzlich bewußt bleibend. Sereni trägt diesen Konflikt in einem poetischen Bericht aus, den er „Besuch in der Fabrik“ nennt: In der Begegnung mit den Arbeitenden erkennt der Dichter seine Isolation.

Dieses Bewußtwerden ist Bestandteil einer umfassenden Wandlung, die sich im Welt- und Gesellschaftsbild der italienischen Lyrik vollzieht. Ihre Wurzeln liegen im Antifaschismus, der zugleich immer mit dem Gedanken einer neuen sozialen Ordnung verbunden war. Die entscheidenden Jahre sind die des bewaffneten Widerstandes und die ersten Nachkriegsjahre, die Zeit der Hoffnung auf eine radikale Neugestaltung der Gesellschaft. Für viele Schriftsteller wird diese Zeit Anstoß, ihre Vorstellung von Geschichte und Gesellschaft zu überprüfen. Widerstand und Nachkriegszeit legen plötzlich die gesellschaftlichen Vektoren frei. Der Blick weitet sich, eine neue Gesellschaft, wie sie in der Sowjetunion aufgebaut wird, rückt in die Nähe, wird möglich und diskutabel. Für die Literatur eröffnet eine solche Hoffnung neue Möglichkeiten, neue Aufgaben. Schon bei Sereni und Luzi wird deutlich, was andere zu weiteren Konsequenzen führen wird: Der Schriftsteller muß von der Position des Einsamen den Weg zu den Kräften finden, die Bestehendes zu ändern vermögen. Dem Volk begegnen, seine Sprache kennen, von ihm verstanden werden – das ist das neue Anliegen der Literatur und auch der Lyrik. Diese erste Periode ist von einem großen Elan getragen, der nicht nur die junge Generation erfaßt, sondern auch die Älteren. Saba, Montale, Quasimodo finden eine treffende, deutliche Sprache für die Schrecken der Vergangenheit, und Saba formuliert seine Hoffnung im Jahr 1944, nach der Befreiung von Florenz:

Sichel, Hammer und der Stern Italiens
schmücken neu den Saal.

Montale beschreibt als Vision der Häßlichkeit einen „Hitler-Frühling“, ein Treffen Hitlers mit Mussolini in Florenz im Jahre 1944, das von Wolken sterbender weißer Schmetterlinge begleitet wird. Quasimodos neue Helden sind die Partisanen, die sieben Brüder Cervi und viele andere Märtyrer für die Befreiung Italiens.
Für die jüngere Generation wird das Problem grundsätzlicher: sie strebt weg von der individuellen Protesthaltung der Älteren, die die Lyrik zur Verinnerlichung und damit zur geschlossenen und verschlüsselten Form geführt hat, sucht nach dem Ausdruck kollektiver Ideen. Der Dichter benötigt nun, statt der Geheimsprache der „schwarzen zwanzig Jahre“, eine allen Ausdrucksmitteln offenstehende Form. Das Gedicht will kein Code mehr sein, sondern, die Fragen der Vielen stellend, sich an die Vielen wenden. Die Dichter fühlen sich von der neuen Zeit, der großen „revolutionären Gelegenheit“ (Franco Fortini) aus der Einsamkeit, die sie konsequent und in bewußter Opposition auf sich nahmen, befreit. Gleichzeitig kommt ItaIien erst jetzt mit den großen literarischen Werken des Auslands in Berührung, die italienische Lyrik lernt die progressiven engagierten Dichter Lorca, Eluard, Brecht, Majakowski, Hikmet, Alberti kennen. Die Schriften Gramscis können endlich verbreitet werden und hinterlassen einen nachhaltigen Eindruck, werden doch hier die soziale Abhängigkeit und Bindung des Intellektuellen zum erstenmal in Italien auf überzeugende Weise marxistisch dargelegt. Aber auch die neue italienische Essayistik und Prosa, vor allem die Werke des Neorealismus, wirken auf das Dichten. Eine bewußte Mischung von Sprachebenen, Stilen, lexikalischen Bereichen ist die Folge des Ansturms neuer Gegenstände auf die Lyrik, die mit Heftigkeit und Begeisterung, bisweilen auch mit naivem Optimismus, davon Besitz ergreift.

Ein früher Vorläufer dieser neuen Richtung ist Cesare Pavese (1908-1950), dessen Werk Arbeit ermüdet (Lavorare stanca) im Erscheinungsjahr 1936 ein einsamer Außenseiter ist. Pavese, der spätere Prosaautor, führt mit seinen Gedichten das erzählende Element in die Lyrik ein, bewußte Gegenreaktion auf die in jener Zeit vorherrschende Neigung der Lyrik zur Abstraktion, zur verschlüsselten Darstellung eines Zeitgefühls. Für Pavese ist die sichtbare Wirklichkeit nicht Durchgangsstadium, Material zur Vermittlung einer Idee, sondern er sucht sie selbst, die epische Breite nicht scheuend: Landschaften, Jahreszeiten, junge und alte Frauen, Stadtbewohner, Erbitterte und Ausgebeutete. Ihn interessiert das Leben der anderen, weil er darin besser als im einsamen Dichter-Ich seine Zeit spiegeln kann.

Denk ich an diese Leute, fühl ich mich stärker,
so, als spreizte ich vor dem Spiegel die Schultern…

heißt es in dem Gedicht „Ahnen“. Aus seinen Versen spricht auch Einsamkeit, aber es ist ein hartes, zorniges Gefühl voller Aufbegehren, ein „Erwachen aus jahrelangem Weinen“.

… Alle fühlten
genug Verzweiflung, um die Welt zu besiegen

heißt es in dem Gedicht „Papier-Raucher“. Die „Meere des Südens“, ein Melville-Motiv, die unerreichbare Ferne, der Kampf mit dem Wal werden Sinnbild der in jener Zeit nicht möglichen menschlichen Freiheit und Entfaltung. Die späteren Gedichte Paveses, die nach seinem Tode erschienen, haben den epischen Weg nicht fortgesetzt: die in ihrer Art meisterhaften Verse auf die Resistenza und die letzten Liebesgedichte kehren zur kürzeren lyrischen Form zurück, doch klingt noch hier der epische Tonfall nach:

Du kennst die Hügel nicht…

und vor allem ist das einmal eroberte Realitätsgefühl, die Sinnenhaftigkeit des Wortes, das sogar für den Tod Bilder aus dem wirklichen Alltag findet, erhalten geblieben.
Das Vorbild des erzählenden Elements in der Dichtung Paveses hat vor allem in der literarischen Bewegung des Neorealismus Schule gemacht; mit Pavese verband diese Autoren ihr Bedürfnis nach reichem, breitem Einströmen von Wirklichkeit, Alltag und sozialen Konflikten in die Dichtung. Hier wird das narrative Element eine wichtige Möglichkeit, neue thematische Bereiche zu erschließen.
Roberto Roversi (geboren 1923) widmet seinen Zyklus Die Heuernte (La raccolta del fieno), der in den Jahren 1948 bis 1953 entstand, vorwiegend dem Leben der Bauern und Landarbeiter der Poebene. Roversis Anliegen ist es, die Lage der Ausgebeuteten und Unwissenden von ihrem Blickwinkel her zu gestalten, mit der äußeren Landschaft auch die Landschaft ihres Bewußtseins zu ermitteln. Das verstärkt den beschreibenden Charakter der Sprache, die auf Synthesen verzichtet. Das Erzählerische betont noch stärker Elio Pagliarani (geboren 1927), der sein Werk Das Mädchen Carla (1956) „eine Erzählung in Versen“ nennt. Zentrale Figur ist Carla, die in den ersten Nachkriegsjahren am Rande von Mailand mit der verwitweten Mutter, der Schwester und dem kranken arbeitslosen Schwager lebt, Stenotypistin wird und eine Stellung in der Niederlassung eines ausländischen Großhandelsunternehmens findet – ein emblematisches Schicksal in der kapitalistischen Großstadt. Pagliarani benutzt die Freiheiten der poetischen Erzählung, um den Erzählerstandpunkt und damit den Stil nach Bedarf zu wechseln und den Leser zur selbständigen Verarbeitung der Konflikte zu führen. Carlas naive Gedankenwelt, allen Eindrücken offen, ängstlich und schließlich ein neues Selbstvertrauen findend, die sorgenvolle Mutter, die Arbeitskollegen, Freunde, der Chef und ein „lyrischer Kommentator“ übernehmen gewissermaßen Rollen in der Erzählung. Der Autor wagt eine Mischung von gedanklichen und damit stilistischen Ebenen, durch die sowohl das sozialkritischen als auch das lyrische Element neue Wirkungen erzielt. Von allen jüngeren experimentierenden Autoren findet Pagliarani mit der „Erzählung in Versen“ einen Weg, durch den die Lyrik nicht allein formal, sondern zugleich gehaltlich und thematisch bereichert wird.
In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre, als Italiens Entwicklung den revolutionären Traum der Widerstands- und Nachkriegsperiode endgültig zunichte gemacht hat, erscheint immer deutlicher in der Literatur der Konflikt des vom modernen Industriekapitalismus integrierten Künstlers: Es ist eine Lebensfrage der Literatur, sich vor der Eingliederung in die Kulturindustrie zu bewahren, sich immer aufs neue der eigenen Position bewußt zu werden, nicht auf eklatante Art Rebell – und damit dekoratives Element des Kunstmarktes, wie die Sprachzertrümmerer der Neoavantgarde – zu sein, sondern bewußter Entblößer der Wahrheit.
Der mit dem Wachsen von Widersprüchen in der neuen Industriegesellschaft zunehmenden Schwierigkeit dieser Aufgabe ist sich auch die Lyrik bewußt geworden. Franco Fortini (geboren 1907) hat sie als Essayist und Lyriker durchmessen.
Nach den glasklaren Versen der Widerstandsjahre, die wie Stimmen aus den Tälern von Valdossola klingen, zeigen seine neueren, lyrisch-philosophischen Verse die Verzweiflung des Dichters, „Sklave“ zu sein, und zugleich die Hoffnung auf eine mögliche, aber schwer zu erreichende neue Gesellschaft. Immer wieder muß der Dichter die Zweifel am Sinn seines Dichtens besiegen:

… Die Poesie
ändert nichts. Nichts ist sicher. Also schreib

− eine Dialektik der Poesie, die sich bei allem Formwillen ihres politischen Auftrags bewußt ist.
Diese widersprüchliche Situation des Dichters (und des Intellektuellen überhaupt) als Bestandteil und als Gegner der Kulturindustrie ist auch Gegenstand der Dichtung von Giovanni Giudici (geboren 1924). Der Grundton seines Bandes Das Leben in Versen (La vita in versi) aus dem Jahre 1963, mit dem er gestalterische Selbständigkeit findet, ist die Bitternis, „im Herzen des Wunders“ zu leben, die Lüge der Wohlstandsgesellschaft zu durchschauen und zugleich ihr anzugehören. Aber wie bei Fortini gibt es für ihn in der Zukunft eine Hoffnung, um die er nicht aufhört zu kämpfen.
Das Charakteristische dieser Lyrik, die sich in den sprachlichen Mitteln sehr voneinander unterscheidet (Fortinis von gedanklicher Spannung und dem poetischen Bild lebendes Gedicht; Guidicis reimende Alltagssprache von bewußter, entlarvender FarbIosigkeit; Pasolinis Pathos), ist das Eindringen in die Widersprüche dieser Zeit, ihr Durchleben von innen her: als die Lage des Intellektuellen, der „Sklave“ und wacher Kritiker seines Zustandes und des Zustands der Gesellschaft ist.
Pier Paolo Pasolini (geboren 1922) gestaltet diesen Konflikt vor allem als die Suche nach dem Volk, als Sehnsucht, eins zu werden mit ihm, bürgerliche Herkunft und Vorurteile abzulegen und aus Leidenschaft und Vernunft zu denen zu gehören, die „den roten Fetzen der Hoffnung erheben“.
Seine Dichtungen sind Häufungen von Antithesen, in denen er der Widersprüchlichkeit seiner Lage als Intellektueller, der zur Arbeiterklasse strebt, auf andere Weise als Luzi und Sereni nachgeht, sie biographisch Schritt für Schritt verfolgt und beschreibt: Bürgerliche Herkunft und Liebe zum Volk, Leidenschaft und Vernunft, Gefühl und Geschichte, Religion und Wissen widerstreiten in seinem Innern. Besonders charakteristisch dafür ist das lange und in weiten Passagen sehr pathetische Poem „Die Asche Gramscis“. Im „Weinen der Baggermaschine“ erreicht Pasolini eine dichterisch klare Lösung seiner Widersprüche: Die instinktive Liebe zum einfachen Volk mündet in einem bewußten Schritt zu ihm hin, in der Erkenntnis, daß der Wandel der Welt, für den der Bauplatz ein Bild ist, schmerzhaft und notwendig ist. Die Essenz seiner Suche stellt Pasolini an dien Anfang mit den Zeilen:

Nur Lieben, nur Wissen gilt,
nicht Geliebthaben, nicht
Gewußthaben.

Mit der Frage nach der Stellung des Dichters in der Gesellschaft beginnt und endet diese Sammlung. Sie führt vom Clown Palazzeschis zu den „neuen Lyrikern“, die am Rande des Schweigens zu stehen scheinen und doch das Wort neu entdecken, das den Menschen durch Schmerz und Untergang zu seiner menschlichen Bestimmung zurückführt, und sie zeigt schließlich mit den Autoren der Nachkriegszeit, daß der Dichter seine Rolle als Benenner sozialer Konflikte erkannt hat und sie mit allen Widersprüchen, die sie enthält, auf sich nimmt. Die Frage nach dem Sinn und Auftrag des Dichtens, die sich die großen Lyriker Italiens immer wieder gestellt haben und die sie auch immer aufs neue zum Gegenstand ihrer Lyrik gemacht haben, hat zu verschiedenen Zeiten verschiedene Antworten gefunden. Stets jedoch war sich Italiens Lyrik bewußt, daß sie Antworten geben muß – mit ihren „Worten“, mit dem Reichtum und dem immer neuen Wagnis der Dichtung.

Christine Wolter, Vorwort, Mai 1970

 

Treptow, Defreggerstraße 1

Die Adresse war nicht zu verfehlen: Am Bahnhof Treptow aussteigen, links durch die Unterführung, die erste Nebenstraße rechts. Die Straße, sich bürgerlich gebende Mietshäuser, ist von merkwürdiger Kürze, wie abgeschnitten. Es gibt Adressen, die man sein Leben lang behält, als Anfang einer Zuneigung, die dauert. Längst ist der damals Aufgesuchte um- und umgezogen, erst nach Berlin-Buch, dann, eher vertrieben als verzogen, in die Alte Schule bei Itzehoe. Aber das düstere Berliner Haus in Treptow mit den strengen braunen Wohnungstüren könnte ich sofort wiederfinden und dort klingeln.
Er macht auf und führt mich in ein längliches Zimmer, dessen Schmalheit durch ein Sofa betont wird, auf das ich gesetzt werde. Regale mit blauem Glas und Spielzeug, die ich nur mit halbem Blick wahrnehme. Ich bringe mein Anliegen-Angebot vor. Ich, noch nicht dreißig, bin die Herausgeberin einer poetischen Anthologie und brauche einen Nachdichter. Er sitzt vor mir, schmal, ja zierlich, unter der hellen, runden Stirn die klaren, oval geschnittenen Augen, in den Mundwinkeln ein verbindliches Lächeln – oder ist es ironisch? Wenn ja, gilt die Ironie ihm selbst, dem Nachdichter, der sich bereit erklärt. Ich reiche ihm die Mappe mit den Texten, die sogenannten Roh-Übersetzungen, die er in Gedichte zurückverwandeln soll. Andere haben sich bei meiner Anfrage sehr geziert und kostbar gegeben. Er wird nachdichten, verspricht er. Das gebotene Honorar ist nicht besonders hoch, aber wenn man Geld braucht, ist es auch nicht schlecht – ungefähr so etwas sagt er auch. 1970 soll das Buch erscheinen. Die nachzudichtenden Italiener sind Campana, Montale, Fortini, Pasolini. Es sind Gedichte, sage ich, die noch nie übersetzt wurden und die es verdienen, bekannt gemacht zu werden.
Während ich über diese Dichter rede, als müßte ich sie ihm anpreisen, trinke ich die Tasse Tee aus, die seine Frau mir eingegossen hat. Ganz selbstverständlich ist sie jetzt dabei, und nur sie spricht aus, was ich fühle, aber nicht ausdrücken kann, in meiner mir selbst komisch vorkommenden Herausgeberwürde, die eigentlich Schüchternheit ist. Aber ich weiß es ja, daß der schmale Herr vor mir in dieser schattigen Treptower Wohnung ein Dichter ist, dessen Gedichte nicht bekannt gemacht werden dürfen und es doch außerordentlich verdienen. Ein wirklicher Dichter, Günter Kunert, ich sitze ihm gegenüber und rede von Italienern, die wir bekannt machen wollen, und er, freundlich-ironisch, ist ganz auf meiner Seite.

Christine Wolter, Traum Berlin Ost, Das Arsenal, 2009

 

Italienische Lyrik des 20. Jahrhunderts

Die italienische Literatur ist ohne ihre Poesie nicht denkbar. Auch im heutigen literarischen Leben Italiens sind Prosa und Poesie vielfach miteinander verflochten, nehmen Anregungen voneinander auf, führen Gedanken weiter, bemühen sich um die gesellschaftlichen Probleme ihres Landes und formen gemeinsam eine neue Sprache. In unserem Jahrhundert hat die italienische Dichtunq es wieder erreicht, so wie es ihrer Tradition von Dante bis Manzoni entsprach, volkstümlich zu werden — trotz aller Ansprüche, die sie an ihre Leser stellt. Viele Verse sind in das Bewußtsein breiter Leserschichten eingegangen, und ganz besonders hat es der große historische Einschnitt der Widerstandsbewegung und der Befreiung vermocht, die Dichter und ihre Leser zusammenzuführen. Nach dem zweiten Weltkrieg fand die italienische Dichtung überall in der Welt Anerkennung und Bewunderung. In der Anthologie Italienische Lyrik des 20. Jahrhunderts unternimmt es der Aufbau-Verlag, die bedeutendsten italienischen Dichter unseres Jahrhunderts vorzustellen. Damit erscheint zum erstenmal in deutscher Sprache eine Sammlung, die mit Gedichten ein poetisches Abbild der Entwicklung Italiens von den ersten Jahrzehnten bis zur Gegenwart nachzeichnet. Neben Lyrikern von Weltgeltung, wie Ungaretti, Montale und Quasimodo, werden ältere und jüngere Autoren vorgestellt. Die Nachdichtungen stammen von so profilierten Autoren wie Ingeborg Bachmann, Paul Celan, Hans-Magnus Enzensberger, Günter Kunert u.a. Zahlreiche zeitgenössische italienische Grafiken und Zeichnungen fügen sich harmonisch in die Dichtungen ein.

T.  Wald, Berliner Zeitung, 7.1.1972

Der Mensch im Spiegel der Poesie

Eine Anthologie, die alle Lust an der Lyrik weckt, ist der Band Italienische Lyrik des 20. Jahrhunderts, den der Aufbau-Verlag edierte. Die Herausgeberin der Sammlung, Christine Wolter, behauptet eingangs ihrer Einleitung: „Anthologien bereiten Vergnügen.“ Und in der Tat, der Band reizt zu immer neuem Aufblättern, Durchblättern. In beschaulichen und nachdenklichen Stunden ist in ihm zu lesen. Noch besser: ist aus ihm vorzulesen. Die Auswahl von Autoren und Gedichten, die Ausstattung stimmen in angemessener Weise vortrefflich überein.

Vierzehn Dichter geben Auskunft
Beweiskräftig rechtfertigt diese Anthologie nicht nur den oft bestrittenen Anspruch derartiger Sammlungen, sie ist zudem ein erfreuliches Novum. Erstmals wurde derart umfassend und einheitlich in einem Band vereint, was Bedeutung hat in der italienischen Lyrik dieses Jahrhunderts. Vierzehn Lyriker geben Auskunft: Campana, Fortini, Giudici, Luzi, Montale, Palazzechi, Pasolini, Pagliarani, Pavese, Quasimodo, Roversi, Saba, Sereni, Ungaretti. Allein die begrenzte Zahl der Autoren verrät den sicheren Blick der Herausgeberin für das Entscheidende, für die thematisch-künstlerische Weite der italienischen Lyrik.
Christine Wolter hatte eine doppelt problematische Aufgabe zu lösen. Ihre erste Pflicht und Verantwortung war es, einen repräsentativen Ueberblick über die Lyrik des Landes generell zu vermitteln, eines Landes, zu dem nicht nur der azurne Himmel und das blaue Meer gehörten, sondern auch die Finsternis des Faschismus, und das noch heute vom Aufeinanderprallen sozialer Unterschiede erschüttert wird. Ein widerspruchsvolles Land also! Wie wirken und bewähren sich in ihm die Dichter? Das war zu ermitteln. Das allein hätte freilich nicht genügt, um der Anthologie ihre Vollgültigkeit zu geben. Christine Wolter mußte sich zugleich bemühen, dem originären Charakter jedes Lyrikers gerecht zu werden. Auch das ist ihr gut gelungen.
So unterschiedlich auch, so brillant nuanciert sich die Autoren ausdrücken, einig sind sie sich, daß um der Menschlichkeit willen für den Menschen gedacht, gefühlt und auch geschrieben wird. Geschrieben, um das Denken und Fühlen intensiver werden zu lassen, um dem Streben, dem „Menschen laßt uns Menschen sein“ (Becher), immer größeren, breiteren Raum zu geben. Und der Raum kann für die Dichter alles sein: der Mensch selbst, die natürliche Landschaft, die der Stadt und des Alls. Giuseppe Ungaretti (188-1970), ein Mann, den der erste Weltkrieg tief erschütterte, lernte in ihm, was Solidarität bedeutet. Hoffnungsvoll rief er: „Ich suche ein unschuldiges Land.“
Pier Paolo Pasolini (1922) hat den ausgeprägten Sinn für soziale Strukturen. Freimütig und scharfsinnig sind seine poetischen Schilderungen sozialer Landschaften. Er fordert eine ganze Gesellschaft heraus, wenn er feststellt: „Doch im Abfall der Welt entsteht / eine neue Welt.“
Ebenso, wenn auch kaum derart unmittelbar formuliert, dachte Cesare Pavese (1908-1950). Er war der wohl beachtlichste, reifste Erzähler unter den italienischen Lyrikern. In ihm waren große allgemeine Hoffnungen und persönliche Melancholie nah beieinander: „Jeden neuen Morgen will ich die Straßen hinausgehen und die Farben suchen.“

Harmonie als Ergebnis sprachlicher Gewandheit
Der uns wohl bekannteste Lyriker der Apenninhalbinsel, Nobelpreisträger Salvatore Quasimodo (1907 bis 1968), besticht durch seinen stets gleichbleibenden, unverwechselbaren Humanismus. Figuren und Formen, aus Gegenwart und Vergangenheit, christlicher und weltlich-modernistischer Mythologie, fanden Eingang in seine Poesie. Die ist von schwer vergleichbarer Harmonie, von einer Vollkommenheit, die das Ergebnis meisterlicher sprachlicher Gewandtheit des Poeten ist. Damit unterscheidet sich Quasimodo von vielen seiner Mitdichter, die den herben balladesken Ton bevorzugen.
Christine Wolter gibt ihren Lesern die Freude, lange bei uns unbeachtete Lyriker vorzustellen, sie gewissermaßen für uns zu entdecken: Luzi. Roversi. Sereni. Die Leistung der Herausgeberin wird wesentlich unterstützt durch wahrhaft kongeniale Uebersetzer: Ingeborg Bachmann, Paul Celan, Hans Magnus Enzensberger, Marie Luise Kaschnitz, Gunter Kunert, Urs Oberlin.

Bernd Heimberger, Neue Zeit, 7.12.1972

 

Fakten und Vermutungen zur Herausgeberin + KLG + Kalliope

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