LIEBESTOD
Ich schwamm in einem Meer von rotem Lichte.
Kahn, Wasser, Himmel, heilig wie Gesichte
und wesenlos erschienen sie. Gebunden
War ich ans Leben wie an Visionen,
kannt’ nur das Opfer, nicht den Schmerz der Wunden
und fühlte mich gekrönt von tausend Kronen.
Der Sonne, welche niedertaucht im Westen,
sollte mein Sterben gleichen. Gleich erfüllt
und dargebracht in namenlosen Gesten.
Oder mein Liebestod sollte den Schemen
schwindsüchtiger Kinder ähneln, die gewillt
zum Sterben ziehn im Duft der Chrysanthemen. –
Nun steh ich hier, in Wintertod gestellt,
die Augen schmerzlich an den Schnee gebunden,
und alles fällt und sinkt, was in mir war.
Das Eis erdröhnt. Im Kampfe starrt die Welt,
ich aber bleibe: einer aus der Schar,
die nie verliert, was sie einmal gefunden.
bietet eine Auswahl von 45 Texten aus Balckes einziger Buchveröffentlichung, einer Sammlung seiner Gedichte, die 1914 im Berliner Verlag Reuss & Pollack erschien.
Exklusiv den Exemplaren der Abonnenten liegen zwei Zugaben bei: eine Reproduktion des in dem Band Gedichte enthaltenen Porträts von Ernst Balcke, rückseitig bedruckt mit Georg Heyms seinem Freund zugeeigneten Gedicht „Die Ruhigen“, sowie ein Beiheft mit allen von Balcke in der Schülerzeitschrift Kreissende Sonnen publizierten Dichtungen.
Poesie schmeckt gut e.V., Ankündigung
ERNST BALCKE
Eine Schleife
zwischen Lindwerder und Schwanenwerder.
Eine Acht
im Januar neunzehnhundertzwölf.
Ein Riß
im zwiefach belasteten Eis der Havel.
Ein Fall
ins unaufhörlich fließende Nichts.
Ein Name
durch gemeinsamen Tod mit einem Dichter
aufbewahrt zu fragwürdiger Bedeutung
für eine
fraglose Nachwelt.
Günter Kunert
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