Felix Philipp Ingold: Fortschrift

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Felix Philipp Ingold: Fortschrift

Ingold-Fortschrift

FORTSCHRIFT
Ein Gedicht in fünfzehn Würfen

1

Nie blinzelt nämlich das Nein.

Der Abgrund ist oben wie jedes Versprechen. Steigt
Hoffnung – diesmal im Outfit der Schönheit – aus tieferer Einsicht
und Sehnot. Droht
das Wrack lautlos zu rotten am angeführten Ort
vergeht auch dem besten Grund
dies zackige Strahlen.
aaaaaaaaaaaaaaaaaaaDer Flügel kommt
vom Flattern ins Erhabene. Segelt
nun alles hoch hinaus und staunt die Verzweiflung
da sie begreift.
Der Flügel – ja – kommt nach dem Flug. Und
auch umgekehrt stimmt’s.
aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaDer Fluch
das ist die runde Zahl und nicht der Bruch.
Der Schatten der unter ihm herschwebt
resümiert die ganze Gestalt. Den Umriss
aber auch die Innereien. Leihen ihm die Tiefe
der er immer nicht hat.

 

 

 

Beischrift

Felix Philipp Ingold nennt das vorliegende Werk Fortschrift. Der Titel stammt zwar vom Autor selbst, er deutet aber zugleich an, dass sich das Werk auf einen bereits bestehenden Prätext bezieht, vom dem aus fortgeschrieben wird. Der Untertitel „Ein Gedicht in fünfzehn Würfen“ verrät dem Kenner auch unschwer, was der Autor einleitend ohnehin offen legt: die Grundlage bildet Stéphane Mallarmés epochales, erstmals 1897 in der Zeitschrift Cosmopolis erschienenes Gedicht „Un coup de dés jamais n’abolira le hasard“, das wohl als eines der einflussreichsten Werke der literarischen Moderne gelten darf. Zahlreiche Künstler und Schriftsteller haben sich von Mallarmé inspirieren lassen und sein Gedicht mehr oder weniger offensiv angeeignet. Ein Grund für diese hohe Dichte an künstlerischen und literarischen Appropriationen liegt in der offenen Anlage von Mallarmés Gedicht selbst, das eine solche Weiterbearbeitung nachgerade herausfordert. Zumindest argumentiert Ingold in diese Richtung, wenn er einleitend darauf verweist, dass Mallarmé seinem „Würfelwurf“ (Coup de dés) bloß als Fragment verstanden habe, das er zu einer „großen typographischen und kosmogonischen Dichtung“ ausweiten wollte, die alle Sinne umfasst. Mallarmés Gedicht ist kein statisches Gebilde, sondern ist wie der Kosmos in fortwährender Expansion begriffen.
Tatsächlich kleidet Mallarmé die hervorstechende typographische Gestaltung des Würfelwurfe selbst in eine kosmologische Metaphorik, wenn er von „Konstellationen“ spricht und damit die unkonventionelle Gruppierung der Gedichtzeilen meine. Die Verse folgen keinem linearen Verlauf, sondern sind in unterschiedlichen Schriftarten und -größen räumlich über die als Einheit verstandenen Doppelseiten verteilt, auf denen vor allem in unterschiedlicher Intensität die leere, unbedruckte Fläche dominiert. Das Weiß des Papiers soll zusammen mit der Verräumlichung der Schrift materiell am Gedicht mitwirken, damit es nicht allein in seiner Zeichenhaftigkeit als Text, sondern in seiner gesamten Schriftbildlichkeit wahrgenommen werden kann. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass eine der ersten und bis heute bekanntesten Appropriationen dieses Gedichts von einem Künstler stammt, der speziell dessen pikturale Qualität in den Vordergrund rückte. 1969 veröffentlichte Marcel Broodthaers seine Version in originalgetreuer Imitation der von Mallarmé minutiös geplanten, aber erst postum erschienenen Buchpublikation des Coup de dés (1914) in der Reihe Nouvelle Revue Française bei Gallimard – mit dem entscheidenden Unterschied, dass alle Verse zwar in der ursprünglichen Konstellation beibehalten, nun jedoch durch schwarze Balken ersetzt sind. Das Gedicht wird dadurch seiner Lesbarkeit entzogen, dafür kann es frei von semantischen Prädeterminierungen – wie ein Bild – in seiner graphischen Komposition betrachtet werden. Entsprechend lautet die Gattungszuweisung von dem Titelblatt von Broodthaers Appropriation sinnfälliger Weise auch „IMAGE“.
Seit Broodthaers bahnbrechender Aneignung sind zahlreiche weitere Appropriationsversuche am Coup de dés unternommen worden, wobei die meisten Broodthaers Verfahren folgten und den Text von der graphischen Darstellung durch verschiedene Eingriffe trennen oder ihn sogar gänzlich entfernen: Die Verse wurden schon ausgeschnitten, ausgestanzt, ausradiert, eingefärbt, graphisch verfremdet oder decodiert. Stets war dabei eine Komponente von Mallarmés ästhetischen Reflexionen zu seinem Gedicht leitend bei der Umsetzung: seine Ausführungen zur Plastizität und Musikalität der Lyrik, die Bedeutsamkeit der „blancs“ (der weißen Flächen), die Vorstellung vom absoluten Buch und natürlich auch die zentrale Chiffre vom Würfelwurf. Um nur ein konkretes Beispiel zu nennen: Jérémie Bennequin präsentierte 2009 eine „OMAGE“ von Mallarmés Coup de dés. Wie bei vielen Appropriationen legt auch diese Bezeichnung den Schlüssel zu ihrem Verständnis. Zum einen alludiert die fragmentierte (H)OM(M)AGE an Broodthaers IMAGE, zum anderen führt sie das praktizierte Verfahren der Wort- bzw. Buchstaben-Tilgung vor Augen. Der als „artist à la gomme“ bekannte Künstler unterzieht das Originalgedicht einer Dé-composition (was sowohl Würfel- als auch Zer-Setzung bedeuten kann), indem er jeweils den Zufall eines Würfelwurfs darüber entscheiden lässt, welche Silbe des Gedichts als nächstes ausradiert werden soll. Die ,Omage‘ ist also zugleich auch eine ,Gommage‘. Bislang ist es Bennequin mit dieser Experimental-Anordnung noch nie gelungen, das Gedicht komplett zu tilgen, weshalb er in chiastischer Umkehr des Titels zur vorläufigen Bilanz gelangt:

Le hasard jamais n’abolira Un coup de Dés.

Dieses Beispiel ist typisch für eine Reihe weiterer Appropriationen, die ebenfalls – unter Wahrung des Original-Layouts – das Gedicht von einem systematischen Punkt aus verfremden.
Wie Bennequin so greift auch Ingold das zentrale Bild des Würfelwurfs als Leitkonzept auf, wenn er seine Fortschrift ein „Gedicht in fünfzehn Würfen“ nennt. Im Unterschied zu Bennequin – so wie zu den meisten anderen Mallarmé-Appropriationen – verfolgt er jedoch keinen reduktiven, sondern im Gegenteil einen dezidiert expansiven Ansatz, der außerdem weniger materiell als semantisch in die Originalvorlage von Mallarmé eingreift. Die Lesbarkeit des Textes soll weder verringert noch verunmöglicht werden, stattdessen geht es Ingold darum, durch eine kompositorische Erweiterung des Originals einen permanenten Sinnzugewinn zu erzielen, indem das bereits von Mallarmé praktizierte Prinzip von „Hauptmotiv“ und „prismatischen Unterteilungen“ konsequent weitergeführt wird. Aus dem Original erwuchsen durch dieses Prinzip weitere An- und Untergliederungen, die Ursprungszeilen des Gedichts erfahren sukzessive spektrale Auffächerung in semantischer wie typographischer Hinsicht. Denn ebenso frei wie mit dem Text geht Ingold mit dem Arrangement des Originals um. Zwar operiert er wie Mallarmé mit verschiedenen Schriftgrößen und –arten, setzt dabei aber eigene Akzente und schafft damit neue Konstellationen, die zwar in konzeptioneller Hinsicht dem Original folgen, dabei aber formal eine durchaus andere Gestalt annehmen.
Darin unterscheidet sich Ingolds Aneignungspoetik von den Buchapprepriationen im engerem Sinn, die besonderen Wert auf eine möglichst identische (typo-)graphisch-imitatorische Reproduktion des Originals bei simultaner materieller Manipulation oder Deformation des Textes legen. Ingolds Fortschrift ist deshalb eher eine kompositorische Nachahmung im Geiste Mallarmés zu nennen anstatt eine direkte Vereinnahmung seines Werks.
Ingold selbst spricht einerseits von „Nachdichtung“, andererseits von „Überschreibung“, und nennt damit zwei literarische Textverfahren, die definitionsgemäß als ,sekundäre‘ gelten. Nicht von ungefähr trägt Gérard Genettes einschlägige Studie über die „Literatur auf zweiter Stufe“ den Fachbegriff für überschriebene Originaldokumente im Titel: Palimpseste. So kann auch Ingolds Fortschrift im übertragenem Sinn als Palimpsest verstanden werden, unter dessen Textur vereinzelt Wendungen oder Worte des Originals durchschimmern. Zugleich aber legt der Autor Wert darauf, dass er nicht bloß ein Original fort– oder über-schreibt, sondern dass aus diesem Prozess selbst wieder ein neuer Text entsteht, das heißt, dass es sich bei seiner Fortschrift „selbstverständlich“ auch „um ein Original“ handelt. So selbstverständlich ist das vorderhand nicht, zumindest nicht nach dem landläufigen Originalitätsverständnis, das von der Vorstellung des genuin Schöpferischen ausgeht und deshalb jede Form der Nachahmung kategorisch ausschließt. Aneignungspoetiken stellen dieses konservative Kunstverständnis hingegen nicht nur auf die Probe, sondern auch radikal in Frage, insofern die ästhetisch-qualitative Dichotomie von prioritärem Original und sekundärer Nachahmung aufgehoben und das Prinzip des Originalgenies mit demjenigen der Originalkopie konfrontiert wird. Anstelle des Genies, das – als Naturgabe verstanden – gemäß Kants berühmter Definition der Kunst die Regel gibt, akzentuiert der chiastische Terminus vielmehr die Eigenständigkeit von derivativen und appropriativen Praktiken, die keine ,Kunst nach der Natur‘ mehr betreiben, sondern ,Kunst aus Kunst‘ produzieren.
Bei Ingold kommt diese Auffassung in der sprechenden Formel „etwas anfangen damit“ zum Ausdruck, die nicht nur als poetologische Leitmaxime des Autors gelten kann, sondern auch die Logik der Appropriationskunst auf den Punkt bringt, indem sie zwei im Aneignungsprozess nicht mehr voneinander zu trennende Aspekte verschmilzt: das Moment der Übernahme (damit) sowie das Moment des Neuen (anfangen). Zwar basiert das poetische Verfahren auf bereits bestehenden Texten, mit denen aber ,etwas‘ – und zwar: etwas Neues – angefangen wird. Jede Appropriation ist ihrerseits wieder ein (Neu-)Anfang und damit, zumindest etymologisch gesehen (lat. origo: Anfang, Ursprung) ein Original. Die Frage nach dem Ursprung bzw. der Quelle ist in Ingolds Fortschrift deshalb konsequenterweise ganz an den Anfang gestellt: mit dem Motto „quel“ – dem Wort, das Mallarmé der Anekdote nach in rätselhafter Weise auf einen Zettel geschrieben haben soll. Dieses Wort bildet nicht nur den Ausgangspunkt für Ingolds Nachdichtung, es appelliert zugleich an den Ursprung/das Original, wenn es auf Deutsch gelesen (und nicht etwa übersetzt) wird: Dann bedeutet es nicht „welch“, sondern lautet „Quell“, worauf der Autor am Ende seines siebten Wurfes eigens hindeutet:

„Welch“ oder „Quell“.

Mit der übernommenen Vokabel wurde somit buchstäblich etwas Neues angefangen.
Nichtsdestotrotz stellt sich zum Schluss die Frage nach der Autorschaft, die Ingold in anderen Kontexten auch schon beschäftigt hat, zum Beispiel im Zusammenhang mit Übersetzungspoesie, wo er more theoretico auch die Problematik von Original- und Nachdichtung aufgreift. So selbstverständlich wie Ingold seine Nachdichtung von Mallarmé zum Original erklärt, so steht für ihn auch außer Frage, dass jede translatorische Form von Aneignung Anspruch auf Autorschaft habe. Das gilt nicht weniger für die vorliegende Fortschrift, die ein stückweit auch Übersetzungspoesie ist und unter dem Autornamen „Felix Philipp Ingold“ erscheint. Doch worauf genau bezieht sich diese Autor-Funktion? Gerade im Falle von Mallarmés komplexem Werkverständnis ist diese Frage nicht leicht zu beantworten, wenn man etwa bedenkt, dass seine Vision des absoluten Buchs eine plurale Autorschaft bereits miteinkalkulierte im Sinne einer sich ewig fortschreibenden universalen Dichtung. So verstanden, löst Ingolds Fortschrift nur ein, was von Mallarmé programmatisch vorgedacht, ja antizipiert wurde. Es wäre deshalb so verkehrt nicht, Ingold nicht allein als Autor der vorliegenden Nachdichtung, sondern auch als Co-Autor an Mallarmés Buchprojekt zu bezeichnen, weshalb auch weniger von Appropriation als von Partizipation gesprochen werden müsste. Denn Original und Nachahmung verschmelzen unter dieser Perspektive zu einer fortlaufenden Fortschrift – to be continued.

Magnus Wieland, Vorwort

Nachbemerkung

… der Zufall wäre wahrer als die Zahl!

Das Motto – quell – zur vorliegenden Fortschrift, die in den Jahren 2013 bis 2015 entstanden ist, geht auf eine vergessene, von André Rolland de Renéville rapportierte Anekdote über Stéphane Mallarmés Zettelwirtschaft zurück; hier der Wortlaut in deutscher Erstübersetzung:

Mallarmé hatte eine grosse Anzahl von kleinen Zetteln zusammengetragen, deren Inhalt bei seinen Zeitgenossen höchste Neugier hervorrief. Er setzte den Fragen, die man ihm in dieser Sache stellte, absolutes Schweigen entgegen, und er ordnete an, dass die Zettel nach seinem Tode zu verbrennen seien. Alles, was ich dazu sagen kann, ist, dass ich zu einer Zeit meines Lebens, da ich mit Mallarmé an der Übersetzung des Ten o’clock von Whistler arbeitete, eines Tages zu ihm nach Hause kam und ihn in seinem Arbeitszimmer mit einem jener winzigen Zettel in der Hand antraf. Er verharrte für ein paar Augenblicke in Schweigen und murmelte dann, als spräche er zu sich selbst: „Ich darf wohl nicht einmal mehr dies für sie schreiben, denn ich gebe ihnen damit noch immer zuviel preis.“ Als ich neben ihm stand, las ich auf dem Zettelchen dieses einzige Wort: ,welch‘ (quel). Er legte es zu seinen Papieren zurück, und ich hatte keine Gelegenheit, darüber mehr zu erfahren.

– Mehr zu erfahren? Darum geht es nicht; es geht darum, etwas anzufangen damit.
Das hier in fünfzehn „Würfen“ vorgeführte Gedicht ist das Ergebnis mehrfacher intensiver Lektüre und assoziativer Fortschreibung von Mallarmés spätem Poem „Un coup de Dés jamais n’abolira le Hasard“ (Niemals wird ein Würfelwurf den Zufall tilgen), das 1897 nach präzisen typographischen Vorgaben des Autors in der Zeitschrift Cosmopolis erstmals veröffentlicht und nachfolgend, bis heute, vielfach – auch in fremdsprachigem Wortlaut – reproduziert wurde. Der „Würfelwurf“ gilt als ein Pionierwerk moderner Sprachkunst und Textgestaltung. Für Mallarmé selbst war das auf der Schrift-, Klang- und Bedeutungsebene gleichermassen streng durchkomponierte Poem lediglich eine Vorstufe zu seinem grossangelegten Projekt eines „sideralen“, dem Kosmos nachgebildeten Grossbuchs („Le Livre“), das, gedacht als eine multimediale Partitur, alle möglichen Bücher in all ihren sinnlichen Qualitäten – optisch, akustisch, symbolisch – in sich aufnehmen und sie gleichzeitig entfalten sollte: Ein Buch, das weder der Belehrung noch der Unterhaltung, also nicht dem Verstehen zu dienen hätte. Im Unterschied zu so vielen andern Texten, die abgeschlossen, bewältigt, erledigt sind, sobald man sie verstanden hat, wird Stéphane Mallarmés totales Buchwerk, sollte es denn jemals – wie und von wem auch immer – vollendet werden, dauernden Bestand haben und, dem ehernen Gesetz der Entropie zum Trotz, stetig an Sinn gewinnen.
„Es wird gelingen“, notierte dazu Mallarmé (in einem Brief an Paul Verlaine), „dieses Werk wenn auch vielleicht nicht in seiner Gesamtheit zu schaffen, aber doch wohl ein ausgeführtes Fragment davon vorzulegen.“ Gemeint war mit dem „Fragment“ der zunächst geplante „Würfelwurf“, den er später zu einer „grossen typographischen und kosmogonischen Dichtung“ erweitern wollte. Statt den Gedichttext auf eine vorab bestimmte Bedeutung festzulegen und ihn damit im Hinblick auf eine allfällige Intention des Autors transparent zu machen, ist der Leser aufgefordert – genauer: er ist gefragt –, ihn tel quel hinzunehmen, ihn als solchen gelten zu lassen und, davon ausgehend, durch immer wieder neue Sinnimpulse seine permanente Expansion zu sichern.
Unter diesem Gesichtspunkt ist das hier abgedruckte Gedicht ein weiterer Versuch, zu solchem Sinngewinn beizutragen, ein Versuch, dem „Würfelwurf“ Mallarmés durch dessen spekulative Entfaltung – und nicht durch Vorwissen oder bessetes Verständnis – eine zusätzliche Dimension zu geben. Bewerkstelligt wurde dies, ganz einfach, in zwei simultanen und doch völlig unterschiedlichen Arbeitsgängen, nämlich der frei improvisierenden Nachdichtung des französischen Originaltexts und dessen Fortschreibung in deutscher Sprache. Das ist ein in sich widersprüchliches Verfahren insofern, als dabei Übersetzung, Überschreibung und Entfaltung einer fremdsprachigen Vorlage in einem einzigen Durchgang absolviert werden, und dies im Hinblick darauf, dass es sich bei dem solcherart entstehenden beziehungsweise entstandenen Text selbstverständlich um ein Original handeln soll. Denn jede Schreibbewegung ist Fortschrift, geht aus von Geschriebenem, zielt ab auf zu Schreibendes… „Na und?“ – „Na ja!“

Id.

 

Stéphane Mallarmés Gedicht

„Un coup de dés jamais n’abolira le hasard“ aus dem Jahr 1897 gilt als einer der Haupttexte der Moderne. Dessen hervorstechende typographische Gestaltung, die unter Verwendung verschiedener Schriftarten, -größen und -schnitte Text auf eine bis dahin nicht gekannte Weise am Papier positioniert, rückte erstmals konsequent die Bildqualitäten des gedruckten Wortes ins Zentrum der Betrachtung. Inspiriert von solch konstellativer Präsentationsweise machte sich Felix Philipp Ingold an eine frei improvisierende Nachdichtung des französischen „Würfelwurfs“ und an dessen Fortschreibung in deutscher Sprache.

Ritter Verlag, Klappentext, 2016

 

Ein Schreibtisch erzählt aus dem Leben des Autors

(…)
Der Sinn? „Der Sinn steht immer nicht fest. Ist das, was wird.“ Er ist mitunter das, was beim Lesen hinzugefügt werden kann. Die beiden Sätze finden sich in einer weiteren Publikation von Ingold, in dem Band Fortschrift, im Untertitel: „Ein Gedicht in fünfzehn Würfen“. Das typografisch sehr sorgfältig gestaltete Buch ist eine Art Aneignung oder Überschreibung von Mallarmés spätem Gedicht „Un coup de dés jamais n’abolira le hasard“ aus dem Jahr 1897. Ingold improvisiert und schreibt weiter und fort, Mallarmé entlang und über diesen hinaus, wobei die unterschiedlichen Schriftarten und Schriftgrössen den Akzent auf das Visuelle legen und auf das Bildhafte des Grossgedichtes verweisen. Ein grosser Wurf, und ein vergnüglicher dazu.
(…)

Martin Zingg, Neue Zürcher Zeitung, 22.7.2017

Weitere Beiträge zu diesem Buch:

Martin A. Hainz: … „Vom Flattern // Ins Erhabene“
fixpoetry.com, 15.5.2017

Jan Kuhlbrodt: Eine Anmerkung zu Felix Philipp Ingolds Fortschrift
signaturen-magazin.de

 

 

Zum 70. Geburtstag des Autors:

Ulrich M. Schmidt: Das Leben als Werk
Neue Zürcher Zeitung, 25.7.2012

Zum 80. Geburtstag des Autors:

Magnus Wieland: Der Autor, der die Autorschaft hinterfragt
Berner Zeitung, 25.7.2022

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