Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Chatbot gegen Autorschaft (Teil 3)

Chatbot gegen Autorschaft
Dichtung in der Defensive1

Teil 2 siehe hier

Mit der Chatbot-Technik mag die gewohnte Gebrauchssprache perfektioniert werden, zugleich wird sie jedoch notwendigerweise auch mediokrisiert, weil das System unaufhaltsam die Anpassung ans Mittelmass (ebenso wie ans Gleichmass) betreibt: Nivellierung und Unifizierung. Die Literatur (zumindest die künstlerisch relevante Literatur) verfährt gerade umgekehrt – ihre Ambition ist nicht Anpassung und Gleichmass in Bezug auf die übliche Sprachverwendung, sondern Abkehr davon. Auf allen Funktionsebenen – von der Grammatik bis zur Metaphorik – hat bei literarischen Texten die Normabweichung (oder der Normbruch) Vorrang vor der Einhaltung bestehender Konventionen. Auch Erwartungen, inhaltliche wie formale, werden eher enttäuscht als erfüllt, das Unwahrscheinliche wird gegenüber dem Wahrscheinlichen und Plausiblen aufgewertet. Das betrifft die Wortwahl und Wortfolge ebenso wie den Motiv- und Handlungsaufbau.
Dazu kommt, dass der Output von ChatbotGPT quantitativ verhältnismässig beschränkt ist. Vorzugsweise produziert er, ausgehend von der Art und Anzahl der eingegebenen Daten, Texte kleineren Umfangs. Ein Sachbuch oder einen Roman über Hunderte von Druckseiten vermag er vorerst nicht auszuarbeiten, es sei denn mit zahllosen Wiederholungen, Pleonasmen und Ungereimtheiten. Auch geht ihm die Fähigkeit ab, einen Text in irgendeiner Form zu individualisieren beziehungsweise überhaupt so etwas wie einen Personalstil zu entwickeln.

… Fortsetzung hier

[Exemplarisch zu diesem Artikel auch Felix Philipp Ingolds weitergedachte Skorpioversaserie Bessere Zeiten für starke Poesie?! sowie im Signaturen-Magazin ChatGPT und / oder Autorschaft und Pfingststau“ mit optischer KI + „Pfingststau“ von Rolf Winnewisser]

 

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

1 Antwort : Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Chatbot gegen Autorschaft (Teil 3)”

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