Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Das Buch als Wertgegenstand (Teil 2)

Das Buch als Wertgegenstand

Teil 1 siehe hier

Materialität und Machart gewinnen beim Künstlerbuch Vorrang vor der immateriellen Qualität der Texte; diese wiederum erfüllen – anders als beim gewöhnlichen Buch – in Bezug auf die Typographie und die Illustrationen eine sekundäre, eher begleitende Funktion.

Das teure, das rare Buch ist vorab Besitz, wird aufbewahrt, kann als Wertanlage dienen, während beim gewöhnlichen Buch die Nutzung Priorität hat – man liest es (bisweilen mehrmals) an beliebigem Ort, man bringt Unterstreichungen und Randkommentare an, man leiht es aus, verschenkt es, und stets geht es dabei um das Lesen; irgendwann wird es ohne Verlust entsorgt. Das bibliophile Buch hat gemeinhin einen festen Platz und gilt als individueller Wertbesitz mit erwartbarem Wertzuwachs.

Ob das aber tatsächlich vergleichbar ist mit einer Immobilie? Wohl lässt sich das Buch als ein geistiger, ein imaginärer Innenraum begreifen, doch begehbar ist es nicht; bestenfalls erschliesst es sich beim Lesen wie der Grundriss eines Hauses, das erst noch gebaut werden muss.

 

© Felix Philipp Ingold
aus unveröffentlichten Manuskripten

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