Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Dichterfürst (Teil 1)

Dichterfürst

 

Kaum jemand hat ihn gelesen, niemand hat ihn in landläufigem Sinn verstanden, nicht einmal er sich selbst; manche haben ihn öffentlich verhöhnt, wenige hielten ihn – auch ohne seine Dichtung zu begreifen – für ein dunkles Genie, wenn nicht gar für einen «Gott»: Stéphane Mallarmé, 1842 bis 1898, galt zu seinen Lebzeiten als elitärer, dekadenter, weltabgewandter Lyriker, der sich dem «Publikum», das er verachtete, zu entziehen versuchte, indem er sich von der gängigen französischen Literatursprache dezidiert absetzte, um statt dessen einen eigenen, gewissermassen geheimsprachlichen Jargon zur Geltung zu bringen.
«War Stéphane Mallarmé nicht dieser Gott, den man täglich ein wenig kreuzigte, der sich aber über das Gekläff der unbedarften Wadenbeisser bestens amüsierte?», schrieb Saint-Pol-Roux in seinem Nekrolog auf den umstrittenen Neutöner: «Die Beiträge des Meisters sind nicht quantitativer, sondern qualitativer Art. Geben wir zu, dass wir ihn bisweilen für sein Vorauseilen kritisiert haben, nur weil wir offensichtlich weit im Hintertreffen waren.»

… Fortsetzung hier

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

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