Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Gekünstelte Intelligenz (Teil 5)

Gekünstelte Intelligenz

Zum Beispiel: ein KI-Gedicht aus dem ChatGPT

Teil 4 siehe hier

ChatGPT mag ein innovatives, wenn nicht revolutionäres Verfahren der Texterzeugung sein, bestätigt in Wirklichkeit aber nur, was Literatur schon immer gewesen ist: Sekundärliteratur. Denn seit jeher erwachsen Texte aus Texten, so die «Göttliche Komödie» aus der «Aeneis», die «Aeneis» aus der «Odyssee» und aus dieser, zweieinhalb Jahrtausende danach, noch einmal ein «Ulysses», wie der von James Joyce, der in der Folge wiederum vielfach überschrieben worden ist. Das Recycling von Texten ist also keine Erfindung vermittels künstlicher Intelligenz, sondern bloss der technologisch perfektionierte Nachvollzug eines althergebrachten künstlerischen Verfahrens. Ob aber künstlerisch und künstlich produzierte Texte jemals vollkommen gleichartig und gleichwertig werden, muss sich erst noch weisen. Womöglich wird gerade die Vollkommenheit den Unterschied machen – ein KI-Sonett mag in formaler Hinsicht irgendwann «vollkommen» sein, doch was aller künstlichen Literatur unersetzbar fehlen wird, ist der «schmutzige Daumen», der jedes echte Kunstwerk vor der Vollkommenheit bewahrt.

[Exemplarisch zu diesem Artikel auch Felix Philipp Ingolds weitergedachten Skorpioversaserien Bessere Zeiten für starke Poesie?! und Chatbot gegen Autorschaft sowie im Signaturen-Magazin ChatGPT und / oder Autorschaft und Pfingststau“ mit optischer KI + „Pfingststau“ von Rolf Winnewisser]

 

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

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