Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Letzte Werke (Teil 2)

Letzte Werke

Teil 1 siehe hier

Anders bei Friederike Mayröcker, die das Sterben als Horror begriff, den Tod als Skandal. Gegen den Tod anzuschreiben, war das explizite Programm ihres umfänglichen Spätwerks, das aus einem nie erlahmenden graphomanischen Impuls erwachsen ist. Zwei, drei, vier Bücher hat sie in ihrer Spätzeit jährlich herausgebracht, zumeist lyrische Prosa in überbordendem Plauderstil, das Gegenteil von Verknappung, dazu zahlreiche Gelegenheitsgedichte, alles weitab von der dringlichen «Notwendigkeit», die Ilse Aichinger angemahnt hatte.
Mayröckers letzte Bücher – «études», «cahier», «fleurs» und «da ich morgens und moosgrün» – bilden insgesamt einen seichten Bewusstseinsstrom, der über Hunderte von Seiten hin Gelesenes, Gehörtes, Erinnertes gleichermassen mit sich führt und es unterschiedslos vermengt zu einem delirierenden Gemurmel; etwa so (in «cahier»): «… immer dieses Schicksal über dem Haupt, mein liebes Lamm, meine verblassende Welt, weinte vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang usw., dieser unvergleichliche Ort an welchem ich, erschauert’e, dasz es mit den Augen den Funsen den zackigen Haaren …….. « – Weder Form- noch Aussagekraft kommen hier zum Zug, und man gewinnt den Eindruck, die Autorin schreibe unentwegt vor sich hin in der primären Absicht, eben dadurch den gefürchteten und gehassten Tod bis zum Gehtnichtmehr aufzuschieben.

… Fortsetzung hier

 

© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik

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