Abneigung

MEINE ABNEIGUNG,
auf euch zuzugehen, auf dich einzugehen,
und zu sagen,
was ich bin und wer es ist,
der – das? – da! – spricht;
mein Widerwille,
dich oder jenen anzurufen
und mich anzumelden;
dieser Ekel,
den eigenen Namen nennen (ihn
in den Mund nehmen) zu müssen –
dies alles hat wohl mit dem ziemlich schlimmen Gefühl
(oder auch nur mit einer Ahnung, mit dem trivialen
Aberglauben) zu tun, daß ich,
wenn ich meinen Namen sage, jedesmal mich selbst
verrate; an den Tod.

Ja, der Tod, der in mir ständig
spricht, er spricht sich aus (durch mich)
in meinem Namen.

Denn lasse ich mich erst einmal beim Namen
nennen oder gar mit Namen rufen,
behauptet er sich ohne »ich«, fällt
von mir ab, denunziert mich
in meiner Abwesenheit, indem er meine Anwesenheit
behauptet – daß ich da war.

 

aus: Felix Philipp Ingold: Haupts Werk Das Leben
Ein Koordinatenbuch vom vorläufig letzten bis zum ersten Kapitel.

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