Helga M. Novak: Colloquium mit vier Häuten

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Helga M. Novak: Colloquium mit vier Häuten

Novak-Colloquium mit vier Häuten

VON BEQUEMEN LINDERUNGEN

2. Tablette

aaaaaTablettchen Schamane
aaaaamach dünn mach dick
aaaaamach müde mach wach
aaaaamach was ich nicht bin aus mir
aaaaamach daß ich lach

keiner platzt wenn er die Nase voll hat
ihm das Messer an der Kehle sitzt
ihn jemand auf die Folter spannt
oder dicke Luft herrscht
die Tablette dehnt jeden Schuh aus der drückt
sich den Kopf zerbrechen aus der Haut fahren
nimm eine Tablette
wenn du rot wirst vor Scham oder Wut

in den Nachttischkästen den Küchenschränken
in den Glasvasen auf den Buffets
zwischen Federhalter und Brillen
ruht sie in Plastikflaschen
immer bereit
Fumarole im Leibchen zu spielen

keine Geliebte
bezaubert verwünscht wie sie
den der ihr verfiel und bleibt ihm treu
keine wirft wie ihrem Zuhälter
Säcke voll Geld ab verputzt
entstaubt seine Schlösser pudert die Dividenten
Tabletten treten in Scharen auf und halten zusammen
kopfüber stürzen sie aus der Röhre
sie führen Maskenbälle auf im Dutzendkostüm
sie gehen mit jedem nach Hause
kein Bett ist ihnen zu naß
wo keine Zeitung hinreicht
regiert noch das Amulett aus Mehl – die Tablette
aaaaaTabletchen Süßholzreibe
aaaaamach daß das Herz schlägt
aaaaamach daß es schweigt
aaaaamach daß kein Kind kommt
aaaaamach daß ein Kind kommt
aaaaamach daß das Rückgrat
aaaaaerst bricht und dann heilt

 

 

 

Die neuen Gedichte

sind so sehnsüchtig und subjektiv, so direkt, menschlich und sich verausgabend, wie Lyrik nur sein kann. Aber sie haben immer mit der Wirklichkeit zu tun, sind letzten Endes politisch und damit Hoffnungszeichen eines exemplarischen, gesellschaftlichen Realismus.

Luchterhand Verlag, Ankündigung 1967

 

Vor zwei Jahren

hatte die 1935 in Berlin geborene Helga M. Novak – nach dem Studium in Leipzig und Reisen in die USA und in verschiedene europäische Länder lebt sie seit 1961 in Island – ihre erste Gedichtsammlung (Ballade von der reisenden Anna) veröffentlicht. Dieser Band enthielt Gedichte, die, zwischen 1955 und 1962 geschrieben waren. Bei aller Anlehnung an literarische Vorbilder (Brecht, Villon, Heine), bei aller Grellheit überzeugten etliche Gedichte dieses Bandes doch durch ihre Genauigkeit, Aggressivität und eine kritische Haltung, die weder Ost noch West verschonte. Die Gefahr, dass die Autorin sich vom bänkelsängerischen Balladenton zum Simplifizieren, auch zum grosssprecherischen Vergröbern verleiten lassen konnte, war freilich in diesen ersten Gedichten spürbar. Nun hat Helga M. Novak ihrem lyrischen Debüt einen zweiten Gedichtband folgen lassen, der leider die mit dem ersten Buch gegebenen Versprechungen nicht einlösen kann; scheinbar hat die Autorin ihren lyrischen Radius und den Fundus ihrer Ausdrucksmöglichkeiten erweitert, in Wahrheit aber sind die Schwächen aus den ersten Gedichten geblieben und neue Schwächen hinzugekommen.
Während die früheren Gedichte durch ihre Direktheit und ihren Verzicht auf prätentiöse Metaphorik bestechen konnten, sind die neuen Verse mit poetischem und pseudopoetischem Ballast befrachtet, parabolisch verschlüsselt, metaphorisch verklausuliert. Zwar finden sich auch noch gelegentlich klare, durch die Genauigkeit der Deskription überzeugende Texte (z.B. „bei mir zuhause“), in ihrer Mehrzahl sind die Gedichte von Helga M. Novak aber undeutlicher geworden: sie wollen mehr und erreichen weniger.
Stärker als früher versucht sich die Autorin nun in Bildern, die jedoch in diesen Gedichten meist weder zwingend sind noch eine wirkliche Funktion haben, da sie das Gesagte nur überflüssigerweise illustrieren, nicht jedoch verdeutlichen oder ausdeuten: „dein Leib ist eine Bleikammer / aufgeladen mit Uran und sprungbereit;“ „da wo das Land ist / schneiden die lauten Gänse den Himmel auf“: dergleichen metaphorischer Plunder findet sich allzu häufig. Die unfreiwillige Komik („aus meinem Becken tönt / ein letzter Hahnschrei“) ist da oft nicht weit. Das Meiste in diesem neuen Gedichtbuch wirkt allzu angestrengt, verworren und undurchsichtig, die Klarheit ist aufgegeben zugunsten einer bisweilen verwirrenden Mehrdeutigkeit. Der Verzicht auf die Interpunktion etwa, der im ersten Gedichtband wegen der klaren Konstruktion der Verse nicht störte, macht sich hier jetzt störend bemerkbar, einzelne Partien sind nun nahezu unverständlich: „wozu die arrangierten Bücher aufklappen / die sich bei dem beherrschenden Grad von Eitelkeit / der Spiegel verbietet nicht lesen liessen“ – was heisst das, wie ist das grammatikalisch konstruiert?
In den Liebesgedichten dieses Bandes stört eine gewisse sich herb gebende Larmoyanz, in den gesellschaftskritischen und politischen Texten die Tendenz zum grellen Plakat, zum Leitartikel, und in fast allen Gedichten die Neigung zur kraftmeierischen Pose, zu grosssprecherischen lyrischen Kraftakten. Ueberflüssiges Nebensächliches und kaum Qualifizierbares, metaphorische Purzelbäume und sprachliche Lässigkeiten: all dies lässt den Eindruck aufkommen, dass Helga M. Novak an ihren neuen Gedichten nicht genügend gearbeitet hat, dass sie in diesen Band viel zu vieles aufgenommen und ihn viel zu rasch ihrem lyrischen Debüt hat  folgen lassen.

Wa., Die Tat, 2.12.1967

Weitere Beiträge zu diesem Buch:

Karl Krolow: Boden unter den Füßen
Der Tagesspiegel, 7.5.1967

Karl Krolow: Bekannte und Unbekannte neue deutsche Lyrik
Gestern und Heute, 27./28 5.1967

Johann Siering: H.M. Novak: „Colloquium mit vier Häuten“
Neue Deutsche Hefte, Heft 3, 1967

Jakob Ehrenhauß: Junge Lyrik bei Luchterhand
Westermanns Monatshefte, Heft 12, 1968

Jürgen P. Wallmann: Helga M. Novak (Ballade von der reisenden Anna, Colloquium mit vier Häuten)
ders.: Argumente, Aufsätze und Kritiken.
Stieglitz, 1968

 

 

Tiefgekühlte Lyrik

– Laudatio zum Bremer Literaturpreis 1968, gehalten am 26.1.1968. –

[…] Im neuen Novak-Band (1967) gibt es einen Abschnitt „Liebe die wächst“, 18 Gedichte; eines davon heißt – ganz altmodisch – „Liebe“. Ein anderes „Weidendamm“ (also Berlin): „das Theater roch nach Hering“. Die Emigration verändert den Schauplatz: „im Fjord riecht es nach dem Tran geschmolzener Wale“. Diese Lyrik ist tiefgekühlt, umweltbezogen; aber nie dürftig abstrakt.

ich bin in einem Land
wo Schwefel unter Gletschern siedet
angefüllt mit Sagas und Branntwein und liebesfaul
ist das Volk das hier seßhaft ist.

Dann, ebenso unverhohlen, „das Ende vom Lied“ – darin die Zeilen:

meine Liebe ist aus den Fugen geraten
die Traurigkeit verschlingt mich.

Und eine balladeske, sehr nordische „Dezemberklage“ – und ein Gedicht „Schiffe ohne Nagel“; wir lesen:

meine einander vollkommen gleichen Tage
hängen wie eine lappe Leine
zwischen Pfählen,

– und diese Pfähle sind Schlaf, „in die Sonne gehen die im Winter weint“, Betteln, Briefschreiben, Warten. […]

Dieser neue Band Colloquium mit vier Häuten enthält – wie der Band vor zwei Jahren – wieder 46 Gedichte; die Sprache ist noch härter und zugleich doch poetischer. – „da verschlingen die Trompeten ihre Töne gegenseitig“ – oder: „gesetzte Klingen lachen gerne und fordern den Gegner heraus“ – oder: „hinter der Karnevalsmaske ewig sozialer Gerechtigkeit“… Solche Formulierungen schüttelt keiner so leicht aus dem Ärmel; sie lassen sich auch nicht häkeln.
Der Wortbedeutungen, auch mancher Doppelbödigkeit, ist diese Dichterin sich durchaus bewußt. Gardinen sind „versteckt mit einer Sicherheitsnadel“, nämlich weggesteckt, verwahrt vor dem unwillkommenen Gast, dem „Eingeschneiten“. Oder „hochgehen“ – das heißt wütend auffahren, aber auch sich verraten. Oder sie nennt ein „Paar das die Bank besitzt“ – auf ihr sitzt; aber auch tatsächlich diese Bank schrecklich besitzt insofern, als den beiden Unschuldigen ein darunterstehender Koffer mit Flugblättern tödlich zukommt.
Kalt läßt mich, nichts für ungut, die Erklärung, die ich in einer vor dreißig Jahren verfaßten Studie über Rudolf Alexander Schröder gefunden habe:

Wenn einer seine Haut zu Markte trägt und mit dem Blute seines Lebens zahlt, so ist es der Lyriker: er, dessen innerstes Sein sich bezeugt im Gedicht.

Ich mißtraue dem Blut des Lebens und innerstem Sein… Und lobe mir – Stichwort „Haut“ und mein letzter Wurf mit dem Lasso – das Novaksche Colloquium mit vier Häuten.
Dialog eines Mannes am Sonntag; er „lebt in einem Land das eine Front hat der entlang eine diesseits rot und jenseits weiß bemalte Schranke über Fußschüsse läuft“ (wir erinnern uns an Brechts „Gedanken über die Dauer des Exils“, an den „Zaun der Gewalt… / Der an der Grenze aufgerichtet ist / Gegen die Gerechtigkeit“). Der Mann fragt sich, in einer Art Planspiel:

was geschähe wenn mein Nachbar den Krieg von der Schranke bräche?

Die vier Häute – vier schwerwiegende Menschenmöglichkeiten – sind, das Planspiel erweist es, Front, Etappe, Partei oder Exil. Am Montag verläßt der Mann, „der zu Hause bei sich nicht heil war“, sein Land; er kommt in Asien um, „fällt auf der richtigen Seite“. Er konnte aus seiner Haut nicht heraus; es war doch nur eine Haut, seine. Diesem „Colloquium“ Helga M. Novaks folgt noch eine „Silbe gegen große Kriege“; kein Ländername, keine direkte Anklage in diesen Versen – ursprüngliche, dichterische Sprache. Die verstoßene, ohnmächtige Stimme des Menschen „fällt / wie Preßkohlen aufs Pflaster und beißt ins Gras“. Und dann doch wieder:

sag deine Silbe gegen den Tod sing deine Lieder gegen große Kriege

[…]

Günter Giefer, aus Wolfgang Emmerich (Hrsg.): „Bewundert viel und viel gescholten…“. Der Bremer Literaturpreis 1954–1998. Reden der Preisträger und andere Text, edition die horen, 1999

Zwei Gedichte

–Statt eine Dankrede zu halten, las Helga M. Novak die beiden folgenden Gedichte:

 

SCHMERZ

der stellt seine Gesichtszüge richtig auf
und tut wie ein Hochzeitsreisender

der Kabeljau hatte wieder viele
braune geringelte Würmer in sich

er zog sie mit der Pinzette aus
über der erleuchteten Glasplatte

– ach die dunklen fetten Spiralen
im weißen Fleisch –

dann stellt er seine Gesichtszüge noch auf
und tut wie ein Hochzeitsreisender

 

GEFASST

durchtanze die Nacht
gegen Alpträume ist kein Mittel zur Hand

betrachte
verläßt du das Haus beim Schall der Signale
was von der Landschaft noch da ist
befühle die berußten Splitter
zwischen den Lichtquellen und dir

schon ist der Tanzsaal zertrümmert
die Zelte hinter dir sind eingebrochen
gehe solange deine Füße dich tragen
halte den Atem nicht an
deine Poren erliegen so wie so
der herrschenden Atmosphäre
gehe gehe
zum Stillstehen ist kein Platz mehr

beschirme die Augen
damit sie wenn er sie eingekreist hat
den Tod genau erkennen vor deinem Fall

bestreiche deine Lippen mit Pomade
damit sie geschmeidig bleiben
für den letzten Schrei

 

Die Preisträgerin ging davon

Kein Dankeschön entrang sich ihren Lippen. Nach Empfang der Urkunde aus der Hand des Jury-Vorsitzenden Günter Schulz, las Helga Maria Novak, Bremens Literaturpreisträgerin 1968, zwei Gedichte aus ihrem gekürten Luchterhand-Bändchen Colloquium mit vier Häuten. Das war in drei Minuten getan – und ging gegen den Strich der hanseatischen Festversammlung. Sind da Scheu und Snobismus eine kokette Bindung eingegangen? Die miniberockte Zweiunddreißigerin gab Rätsel auf.
Klar war nur eines: daß sie 10.000 Mark mit nach Hause nehmen durfte. Bildungssenator Moritz Thape eröffnete die von der Rudolf-Alexander-Schröder-Stiftung veranstaltete vormittägliche Feierstunde am Freitag, dem 90. Geburtstag Schröders, im Rathaus zu Bremen. Die Anwesenden wurden unterrichtet: Helga Novak wurde 1935 in Berlin geboren, studierte in Leipzig Philosophie und Journalistik und emigrierte 1961 nach Island. Thape deutete eine abenteuerliche, von Politischem tangierte Biographie an. Wie dem auch sei: Helga Novak scheint eine Existenz gegen jede Konvention zu führen. In einem Verlagsprodukt heißt es lakonisch:

Darf nicht in der DDR, kann nicht in der BRD leben.

In Island hat sie, laut eigener Aussage, „Heringe gesalzen, Seefische filetiert, Teppiche gewebt“ – sie vergaß hinzuzufügen: und gedichtet. Im nördlichen Abseits, am Rande Europas eine deutsche Dichterin, die genug hat vom deutschen Gefeilsche (drüben: „Mein Staat verbietet mir’s Maul“, hüben: „Deutschland mit den fetten Backen“).
Den Bremern ist zu dieser Wahl zu gratulieren. Eine engagierte Dichterin, in deren Versen sich das politische Moment des Ästhetischen nicht bloß zum Schein bedient, ist in unserer Literatur etwas Seltenes. Mit Recht verwies Günter Giefer in seinen zitierfreudigen „laudatorischen Lassowürfen“ auf das Faszinative der Novakschen Lyrik. Doch war mit Lassowürfen diese Dichterin schwer einzufangen, und so wurde die Laudatio denn auch mehr zu einem Fischzug durch Tiefen und Untiefen literaturgeschichtlicher Autoritäten. Da zappelte mancherlei im Netz, und am Ende griff sich der Laudator die Novak einfach mit den Händen heraus: Ihre Gedichte seien „tiefgekühlt, umweltbezogen, aber nie dürftig abstrakt“. Belegt wurde das mit sicher gewählten Zitaten.
„Rudolf Alexander Schröder – oder: Über die Kontinuität“, das war das Thema des abendlichen Festvortrages von Manfred Hausmann. Schröders Werk sei „zeitgemäß“ und „unzeitgemäß“ in einem. Feinsinnig wurde gegen „Modernität“ vom Leder gezogen. Zwar: „Nichts gegen das Neue in der Kunst“, jedoch: „Die Kunst ist ewig die gleiche. Ihre Formen verändern sich, ihr Wesen nicht.“ Als sei das „Wesen“ den Werken vorgeordnet und nicht bloß ihr retrospektivideologischer Abhub. Das Alte mißachtend, neigen, so Hausmann, deutsche Künstler meist zu totaler Originalität. Realisten, Impressionisten, Expressionisten, Dadaisten: „Sie haben nur den Vorrat vermehrt, aber nicht das Erbe.“ Geblieben seien „nur die wenigen, die die Kontinuität der uralten und ewig jungen Kunst gewahrt haben“. Neben Benn – man höre: auch Brecht. Dann horchte man auf: „Tradition ist geistlos.“ Würde endlich ein mißverstandener Adorno ins Spiel kommen? Mitnichten, Hausmann setzte auf Kontinuität, verwandelndes Weiterreichen des Immergleichen. Und als man über Schröders Sprache vernahm, sie sei „das Schatzhaus seines Gedächtnisses“, sei „wie ein Baum, dessen lebentragender Säftestrom bis in die Wipfel empor“ steige, in dem „die Stimmen des Äthers mitraunen“, war es der Helga Novak zuviel. Unmutig verließ sie den Kreis der Lauschenden.

Helmut Lamprecht, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29.1.1968

 

DIE ULPA-FRAU AIS REJKJAVIK

Die ulpa-frau aus rejkjavik
wird sieben mal im leben dick,
doch trägt sie höchstens dreie aus,
was für ein einzel-weib genügt.
Die wohnt, wo ’s passt und hat kein haus
und säuft aus angst und ist vergnügt.

Die ulpa-frau aus rejkjavik,
die säuft als wie ein dünenstück
und bleibt doch trocken nüchtern bei
wie cognakbrauner, leichter sand.
In ihrem bade haust ein hai,
der frisst ihr zahm aus leerer hand.

Die ulpa-frau aus rejkjavik,
ihr hai ist aus der fischfabrik,
wo sommers sie konserven füllt.
Da stinkt sie wohl bis unters hemd,
doch ihre seife süß und mild
hat nachts mit duft sie überschwemmt.

Die ulpa-frau aus rejkjavik,
stellt winters palmen sich vorn blick
und wenn die sehnsucht sie bespringt,
wird sie sogleich europa-toll,
dann kommt sie her und flucht und singt
und schwenkt den schwangren bauch vorm zoll.

Die ulpa-frau aus rejkjavik,
die zieht sich an nach eignem schick:
patronengurte umgeschnallt,
mit zigaretten aufgefüllt,
die jeans wie krokodile alt,
die kutte pergamentzerknüllt.

Die ulpa-frau aus rejkjavik,
die grölt zigeunernde musik,
Im exquisiten restaurant
den kellnern wirft sie teller nach:
sie wartet halt nicht gerne lang.
Sie sagt: Ich mache, was ich mach.

Die ulpa-frau aus rejkjavik,
mag immerzu das mittelstück
von fisch und marx und jedem mann.
Die sucht sich jede nacht noch wen,
der neunmal in sie einfahr’n kann.
Und sagt dann früh: ’s ist nichts geschehn.

Die ulpa-frau aus rejkjavik,
die nimmt das maul voll politik,
und scheucht man letztlich sie landweg
für ihren irren freiheitsdrang,
mache scheiße, pisse, hundedreck,
doch sie nur für nen furz lang bang.

Die ulpa-frau aus rejkjavik,
das weib mit großem trauerblick,
zuletzt gesehen an der bahn,
die glaubte noch, es würde gut
und zog die hohen stiefel an,
weil rings das wasser steigen tut.

Die ulpa-frau aus rejkjavik,
wir zogen einst durch dünn und dick.
Verschollen nun, vielleicht zuhaus,
die trug ein ungeheures rot
und zog mich an und zog sich aus.
Die ulpa-frau mit mann und maus,
wir saßen einst im gleichen boot.

Die ulpa-frau aus rejkjavik,
wir zogen einst durch dünn und dick!
Verscholl sie, ists nicht schlimm noch schad
denn bin ich übern alterssprung
und krieche krumm und schmecke fad,
dann ist sie mir im kopf noch jung!

Andreas Reimann

 

Lebenswege

Die Dichterin Helga M. Novak. Ein Feature von J. Monika Walther

Die verlorene Tochter. Ein Skandal: Helga M. Novak darf nicht nach Deutschland

Ulrich Schäfer-Newiger: Sprache. Freiheit. MelancholieÜber Helga M. Novak als Dichterin.

Utz Rachowski: Wie ich die große Dichterin Helga M. Novak verpasste

Bernd Markowsky: „Wenige haben so viele Grenzen hinter sich gelassen wie wir“

Andreas Reimann: DDR ausprobieren

Hannes Schwenger: „Ich wohne bei der Eule“

Hans Altenhein: Transsibirische Reise

 

 

Zum 70. Geburtstag der Autorin:

Michael Braun: Schöne Verwilde­rung
Neue Zürcher Zeitung, 8.9.2005

Fries, Fritz Rudolf: Versuch einer Liebeserklärung
Neues Deutschland, 8.9.2005

Thomas Poiss: Dichtermut, Dichterjubel
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8.9.2005

Zum 75. Geburtstag der Autorin:

Ulf Heise: Anarchin in polnischer Klausur
Märkische Allgemeine Zeitung, 7.9.2010

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