Ingolf Brökel: eben

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Ingolf Brökel: eben

Brökel/Ertel-eben

MALEWITSCH: DAS SCHWARZE QUADRAT

also

als kasimir malewitsch
eingang in die kunst fand
malte er die black-box
für seinen ausgang

oder besser

als kasimir malewitsch
nicht mehr wachsen wollte
schwärzte er die brüste der kunst
und quadrierte sie einfach

in wirklichkeit aber

ist es ganz einfach
das negativ
vom letzten schneetreiben
als der elektrische strom ausblieb.

 

 

 

Videoblick einer Lesung  mit I. Brökel, J. Dimitroff, Herr Blum, D. Streibl am 22. November in der Volksbühne/Berlin im Roten Salon.

 

… Die Zeichen der Zeit

hat er seit 1979 in Gedichten auf den Punkt gebracht.

Konsequent pointiert, sarkastisch und knapp wie der Titel: „eben“ ist der Stil. Es gibt keinen Bruch zwischen den vor 1989 geschriebenen Versen und denen danach. Brökel bleibt sich treu: „Es klingt nicht freundlich / was auf die welt kommt.“… Zwischen Ironie und Witz pulsiert das Grauen in den Zeilen. Brökel lamentiert nicht, schließlich ist er Naturwissenschaftler. In seinen Versen bewahrt er den kühlen Blick selbst dort, wo es um Ungeheuerliches geht. … Die untergründig mit Brecht, Benn, Eich und Kafka im Dialog stehenden Gedichte bauen auf die Paradoxie und fordern zum Widerspruch heraus. Keine nostalgischen Töne, stattdessen vernimmt der Leser das Geheul des Jahrhunderts als Hintergrundgeräusch.

Dorothea von Törne, Die literarische Welt, 14.6.2008

Hier haben wir einen, der nimmt die Sprache beim Wort

Die falschen Töne  der Alltagsfloskeln erscheinen als Indizien für den Geisteszustand der Menschen, doch werden sie auf eigentümliche Weise, indem ihre verbale Ambivalenz offenkundig wird, ebenso auch zu Zeugnissen von Wahrheit. „Wäre das nicht viel zu wahr, um wahr zu sein…“ heißt es in einem der Brökelschen Gedichte, wobei das Erstaunliche, die Sensibilität des Autors, darin besteht, allein aus einer schon für abgetan gehaltenen Sprache überraschende Einsichten zu ziehen, durch Kombination von gegensätzlich Gemeintem. Dadurch, daß die Gedichte sich des „hohen Tones“ enthalten, zeigt sich durch Verschachtelung und durch Paarung des scheinbar Unvereinbaren die Realität, allgemeine und individuelle; eine Realität, die uns bekannt vorkommt, weil wir in ihr stecken, ohne es noch zu merken: Brökel macht uns darauf aufmerksam, und zwar nicht ohne Ironie, Witz, Scherz, aber immer mit tieferer Bedeutung. Ich halte diesen Dichter für einen Sonderfall in der deutschen Lyrik, die weithin als rezeptfreier Ersatz für Valium benutzt werden kann. Für Schlafmützen: Brökel macht wach! Vorsicht! Hier wird zum Nachdenken, nicht zur Nachsicht aufgefordert. Zwei Zeilen eines seiner Texte benennen, ohne es zu meinen, nebenbei des Dichters Programm: „Es klingt nicht freundlich / was auf die Welt kommt.“ Was wohl daher rühren mag, daß wir ein Brecht-Gedicht gänzlich anders erfahren haben und seinen Titel ändern müssen in „Von der Unfreundlichkeit der Welt.“

Günter Kunert

Am Samstag war ich bei einer Lesung

im Renaissance Theater von Ingolf Brökel, der seine Gedichte aus dem Band eben vortrug. In einigen Pausen spielte eine Musikstudentin Cello auf sehr ergreifende und mitreissende Art. Die Gedichte wurden meist nüchtern – hin und wieder etwas schmunzelnd – vorgetragen. Jedes Gedicht bestand nur aus wenigen Zeilen. Etwa 5 bis 10 Stück. Dabei gab es sowohl klangliche Ketten als auch darunterliegende Assoziationsketten. So ging es von einer Brezel, über die Acht, zur Brille, dann zur Unendlichkeit und schließlich zur Schleife. Dazu muss man sagen, dass Ingolf Brökel Professor für Physik an der FHTW in Berlin ist. Das ist auch bei vielen der anderen Gedichte nicht schwer zu entdecken. Aber gerade durch diese nüchterne naturwissenschaftliche Betrachtungsweise entsteht eine subtile Komik. Damit ist die Wirkung aber nicht erschöpft, sondern es schwingt – zumindest in meinen Augen – eine grundsätzliche Kritik an vielen gesellschaftlichen und politischen Zuständen mit. Trotz der nüchternen wissenschaftlichen Assoziationen, wirkt die Kritik nicht verbissen, sondern erhält gerade durch die dadurch entstehende subtile Komik einen lockeren und dadurch auch einen positiven Unterton. Kann ich also nur empfehlen!

utz, Putzblog, 18.1.2009

 

Fakten und Vermutungen zum Autor

 

Ingolf Brökel (Text) & Erhard Ertel (Video/Musik)
Trailer zu Häschen in der Grube – Ein Stück Abend aufgeführt am 23. Oktober 2004.

1 Antwort : Ingolf Brökel: eben”

  1. Katja Lenz, Kunstmuseum Luzern sagt:

    „Das Quadrat = Empfindung
    Das weiße Feld = die Leere hinter dem Quadrat.“

    Ingolf Brökel wusste um die Lehre hinter dem Quadrat und bringt sie – im suprematistischen Stil – auf den Punkt!

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