Kim Kwang-Kyu: Botschaften vom grünen Planeten

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Kim Kwang-Kyu: Botschaften vom grünen Planeten

Kim-Botschaften vom grünen Planeten

TAG FÜR TAG

Die überraschende Diagnose Krebs
hat unseren Kollegen Lee
auf Bewährung verurteilt
Ist sie nach etwa sechs Monaten abgelaufen
wird er aus der Gefangenschaft entlassen
und entflieht dieser engen Welt
Wir aber, die lebenslänglich Verurteilten
bleiben zurück ohne Aussicht auf baldige Entlassung
leben weiter hinter Gittern
dulden schwer
bedauern immer wieder alle
die an der Trauerweide laut klagen
fühlen uns eigentlich gar nicht so unglücklich
sondern leben wie gewohnt
unsere Zeit der sinnlosen Hoffnungen
Tag für Tag

 

 

 

Kim Kwang-Kyu

gehört zu den meistgelesenen Dichtern Koreas. Sein 1979 erschienener Debütband, der zunächst von der Militärregierung verboten wurde, liegt inzwischen in der 20. Auflage vor. Die Gedichte Kim Kwang-Kyus sind geprägt durch einen an der Moderne geschulten unpathetischen, präzisen Ton und eine oft spielerisch lakonische Sprachbehandlung. Der Autor hat nach seinem Studium der Germanistik in Seoul für längere Zeit in Deutschland gelebt und u.a. Heine, Brecht und Eich ins Koreanische übersetzt. Seine Themen sind unbedingt heutige: die Möglichkeiten des Individuums in einer Welt der Entfremdung und der Naturzerstörung, das Zusammenleben der Generationen.

Wallstein Verlag, Klappentext, 2010

 

Der Finder der verlorenen Worte

Botschaften vom grünen Planeten heisst der zweite auf Deutsch erschienene Gedichtband des südkoreanischen Dichters Kim Kwang Kyu. Das Gedicht, das mit der Singularform des Buchtitels überschrieben ist, verbreitet indessen keine platte ökologische Botschaft. Es spricht nicht, wie es manchmal bei Botschaften dieser Art naheliegt, vom Verlust der aussermenschlichen Natur, sondern vom menschlichen Verlust an sinnlicher, naturgemässer Wahrnehmungsfähigkeit:

Ein einsamer Hubakbaum
am Hang gegenüber
steht in voller Blüte
Sein zarter von uns nicht wahrgenommener Duft
steigt hell zum Himmel empor
verbreitet dort
die Botschaft vom grünen Planeten:
Meere und Wolken
Blumen und Bäume
werden uns überleben
deren Augen Nasen Münder Ohren
nichts mehr erkennen.

Die Aufgabe des lyrischen Dichters ist es deshalb weniger, sich für den Erhalt der Natur zu engagieren, als die Wahrnehmungsfähigkeit der menschlichen Sinne wiederherzustellen oder zu erhalten. Kim tut das hier, indem er das Bild eines blühenden, duftenden Baumes evoziert und dabei seinen Namen nennt, den westliche Leser vermutlich nicht kennen. Das ist die vielleicht schönste, älteste Aufgabe des lyrischen Gedichts: die Natur bei ihren Namen zu rufen. Kim Kwang Kyu wird dieser Aufgabe auf schöne Weise gerecht. Unter den für westliche Ohren manchmal hermetisch wirkenden koreanischen Autoren der Gegenwart könnte er nicht zuletzt bei deutschen Lesern ein aufnahmefähiges Gehör finden. Vielleicht, weil es in beiden Kulturen eine geschichtlich gewachsene Wahrnehmungsfähigkeit für die Natur gibt.

Schönheit, Präzision, Witz
Bei Kim passen auch die biografischen Bezüge dazu. Er wurde 1942 in Seoul geboren. Ab 1960 hat er Germanistik studiert und seine Studien von 1972 bis 1974 in München fortgesetzt. Thema seiner Dissertation waren die Lyrik und die Hörspiele Günter Eichs. Bis zu seiner Emeritierung 2006 war er Professor für Germanistik an der Hanyang-Universität Seoul. Er ist einer der wichtigsten Mittler und Übersetzer im koreanisch-deutschen Kulturaustausch.

Schon als 1999 mit dem Titel Die Tiefe der Muschel der erste Gedichtband von Kim in der deutschen Übersetzung erschien, konnte man die Fülle, Schönheit und Präzision seiner Sprache bewundern, dazu seinen lakonischen Witz. Gelegentlich, etwa bei seinem Gedicht „Der Rhein“, fühlten sich die Rezensenten angesichts der Verbindung von Melancholie und Ironie an Heine erinnert. Schon damals klang auch das ökologische Thema an. Die Perspektive war aber noch vorwiegend politisch, fokussiert auf die Unheilsgeschichte Koreas im 20. Jahrhundert. Sie ist auch jetzt nicht vergessen, aber der Akzent hat sich gewandelt.
Kims Botschaften vom grünen Planeten klingen ökopolitisch korrekt, wenn seine lyrische Welt in Beton, Müll, Verkehr, industriellem „Wachstum“ und Video-Verdummung untergeht. Das Gedicht „Kummerstadt“ ist ein Beispiel dafür:

Am Saum des gelben Meeres, an dem täglich die Gezeiten spielten
wo die Menschen sich an der Brandung erfreuten
wurde ein Damm gebaut, um Land zu gewinnen
Das Wasser wurde ausgesperrt die Landkarte verändert
Mit dem Watt verschwanden die Krebse und spurlos die Grundeln
und bald auch die Möwen
Nun quillt schwarzer Rauch aus den Schloten der Raffinerie
Ein Berg wurde abgetragen, um auf seiner Fläche
Hochhäuser zu errichten, Wohnhöhlen
Sogar der grosse Geisterbaum hinterm Dorf wurde gefällt
für die Elstern blieb keine Pappel zum Nisten
für die Kinder kein Platz zum Spielen
Aber Strassen und Plätze voller Autos
und träge schimmernde Ölfilme auf dem schmutzigen Wasser
des neuen künstlichen Sees
Kummerstadt stinkt
Bald werden mehr als eine Million Menschen dort leben
und die Kinder kennen weder Wälder noch Berge noch das Meer
sie werden auf heulenden Motorrädern durch die Strassen rasen
in der Scheune eines verlassenen Bauernhofs Videospiele spielen
vielleicht sogar den Schrein der Ahnen vernageln
Die Grundstückspreise steigen jährlich
die Kakerlaken vermehren sich täglich.

Pointierter wird Kim beispielsweise dort, wo er das Schlagwort von der „Wegwerfgesellschaft“ vom Konsum der Dinge auf die Menschen zurückwendet. Am anschaulichsten ist die Verlustanzeige, wo sie wie beim Hubakbaum den Reichtum der Natur beim Namen nennt und die Taubheit und Stummheit, die Sprachlosigkeit einer naturfernen Sprache vergegenwärtigt. In der Form des in Korea sehr beliebten Langgedichts, das sich der Prosa annähert, klingt das in der Übersetzung von Chong Heyong und Birgit Mersmann, in der kongenialen Nachdichtung von Heinz Ludwig Arnold so:

Ihr Büsche und Bäume

(…) Sie kaufen Rosenbüsche und Magnolienbäume, Eibisch,
Eiben, Buchsbaum und Hartriegel, Glyzinien, rote Aza-
leen und grünen Ahorn, Quitte, Kirsche und Wild-
kirsche, Pfaffenhütchen und Seidenbusch, Kaki, Dattel,
Aprikose, Pinie, Ginkgo, Wacholder, Bambus, Platanen,
Ulmen, Kiefern, Zypressen und Judasbäume erst, wenn
sie schon ausgewachsen sind.
Alles, was da ihren grossen Garten füllt, nennen sie: Bü-
sche und Bäume.
Sie haben sehr viele Büsche und Bäume.
Und kennen keinen einzigen mit Namen.

Der Mensch in Käfighaltung
Hier ist der Lyriker nicht der Erfinder, aber der Finder der verlorenen Worte. Und irgendwann blickt nicht der Mensch auf die Natur, sondern die intakte, aber gefährdete Natur in einer Umkehrung aller Dinge auf den Menschen zurück. Was sie erblickt, ist die Käfighaltung des Menschen:

Vogelzucht

Wenn sich knarrend unsere Küchentür zum Hof hin öffnet
fliegen wie auf Befehl
Scharen von Vögeln herbei
schnappen auf dem Kompost unterm Kaiserbaum
nach Resten unserer Mahlzeiten
Elstern fischen nach Makrelengräten
Tauben zupfen Sojasprossen
Spatzen picken Körner
Sie machen keinen Lärm
streiten nicht ums Futter
lassen sich nach dem Festmahl
flügelschlagend
auf Dachrinnen und Bäumen nieder
putzen ihr Gefieder
oder schwatzen
Sie hacken nicht gegeneinander
sondern sitzen friedlich nebeneinander
werfen hin und wieder von draussen
nein, vom Fenster
in den Käfig,
nein, in unser Haus
einen Blick.

Nur manchmal erleben Mensch und Natur gerade angesichts der Vergänglichkeit des Menschen eine pantheistisch empfundene Dauer – so der Abgesang beim Tod der geliebten Frau:

Für dich

(…) / plötzlich verliessest du uns
Zurück blieb nur unsere Erinnerung
an dein strahlendes Lächeln
an den Platz, wo du im Grase sassest
und dich an der Herbstsonne freutest
an deine liebliche Stimme
Plötzlich warst du nicht mehr da
Als Wasser strömtest du im Hanfluss
als Wolke stiegst du hoch und flogst
über die Berge des Bukhansan nach Nordwesten
Oder streifst du als Windhauch
übers Gras einer mongolischen Steppe
flimmerst als Stern
über den dunklen Dächern?
Bist du der Nebel
der uns sanft umhüllt?
Haben wir dich zu selten wahrgenommen?

Wahrnehmung des Menschen in der Natur ist die berührende Botschaft dieses entdeckenswerten Lyrikers vom grünen Planeten.

Ludger Lütkehaus, Neue Zürcher Zeitung, 14.12.2010

Die blinkenden Chiffren des Tages

− Der Koreaner Kim Kwang-Kyu stellt dem Planeten letzte Fragen: In Zyklen und Zirkelschlüssen des Alltags sucht er nach Resten von Identität, nach Beweisen des Menschseins und Urgründen des Glücks. −

Der 1941 geborene koreanische Dichter, Kulturmittler und Germanist Kim Kwang-Kyu übersetzte Brecht, Heine und auch Eichs Botschaften des Regens ins Koreanische. Seine eigene Lyrik nannte er „Nachrichtenfragmente namens Gedichte“. Kims sanfte Protestpoesie enthält Bilder der widerständigen Natur und verrätselte Sinnfragen. Nach seinem zunächst von der Militärregierung verbotenen Erstlingswerk von 1979 Der letzte Traum, der uns durchnässt folgten bis heute acht weitere Gedichtbände. Die vorliegenden Verse entstammen hauptsächlich dem 2003 erschienenen vorletzten, sehr persönlichen Band Bei der ersten Begegnung.
In Zyklen und Zirkelschlüssen des Alltags sucht Kim nach Resten von Identität, nach Beweisen des Menschseins und Urgründen des Glücks. Als Dichter der „Hangeul-Generation“, die nach Jahrzehnten japanischer Kolonialherrschaft in koreanischen Hangeul-Schriftzeichen schrieb, und auch als Stimme der „April-Revolution“ – 1960 beteiligte sich Kim an den Studentenprotesten gegen das diktatorische Regime Syngman Rhees – klingen in seiner Dichtung historische Sprachklitterungen und Manipulationen in die Gegenwart nach.

Menschenwürde und Artenschutz
Nur noch selten sind bei Kim die politischen Bezüge so deutlich wie im Antikriegsgedicht „Der Han ist zugefroren“. In Balladen wie „Geflüster“ steht nunmehr der harten Ideologie („Das Wort bewegt ein ganzes Regiment“) das Flüstern als Sprache der Liebenden und Geräuschpegel der Lyrik gegenüber. Wie in asiatischen Tuschebildern die Leerräume aufscheinen, sprechen bei Kim die Absencen: „In meine Dunkelheit fallen die unentwegt blinkenden Chiffren des Tages“, heißt es in „Augen“. „Nachts im Parkhaus“, so der Titel eines anderen Gedichts, wenn „auch die Notbeleuchtung erlischt“, sieht er darin ein „Skelett aus Beton“. In „Ohren“ dekliniert er sich, wenn etwa „der Westwind heulend um die Wolkenkratzer braust“ durch „Variationen des Schweigens“. Als letzte Steigerung der Sprachlosigkeit in der naturfernen Welt „verstummte das Schweigen“. Erst im postmodernen Tod der Kommunikation erfährt das Individuum den Kosmos neu: „Nun möchte ich das Schweigen / der geduldigen Felsen Bäume Muscheln hören“.
Als Erster führte Kim, der die revolutionäre Attitüde heute auf das Natürlich-Kreatürliche überträgt, den Umweltschutzgedanken in Koreas Literaturlandschaft ein. In Kims Ökolyrik finden sich so poesiefremde Themen wie Wegwerf-Gesellschaft („Letzte Fragen“), Menschenwürde („Kummerstadt“) und Artenschutz. Gedichte wie „Grüne Geschwindigkeit“, „Pfingstrosenterritorium“ oder „Botschaften vom grünen Planeten“ entwerfen Visionen einer verselbständigten Natur, die die Evolutionsstufe des Niederträchtig-Menschlichen hinter sich lässt:

Meere und Wolken
Blumen und Bäume
werden uns überleben
deren Augen Nasen Münder Ohren
nichts mehr erkennen.

Kim arbeitet mit einer Verschiebung der Horizonte und Verwirrung der Kategorien. So werfen in „Vogelzucht“ die Spatzen „hin und wieder von draußen, nein, vom Fenster in den Käfig, nein, in unser Haus einen Blick“.

Verstrickt in den Widersprüchen der Moderne
Kims lyrischer Globalisierungskommentar verdichtet Einsamkeit und Verlust, erzählt vom schwindenden kulturellen Gedächtnis und ewigen Zuspätkommen („Sonderzug in die Heimat“). So schreibt Kim über die „Bilder aus meinem Leben“:

Ich bedaure nicht
sie nicht im Computer gespeichert zu haben
Nur ein falscher Klick und sie wären gelöscht …
Sicher sind sie nur in unserer Erinnerung
die allmählich verblasst.

Doch während sich der Dichter in den Widersprüchen der Moderne verstrickt und sich an ihnen in genüsslichem Leiden abarbeitet, bezieht er seine Hoffnung im Anblick der Generationen. Bei Kim geht das Motiv der verspielten Natur Hand in Hand mit der regenerativen Unschuld der Kinder. So heißt es in „Wo einmal das Gefängnis war“:

Ihre vom abgebrochenen Leben bitteren Seelen
kehren nun früh im Jahr wieder
als Gräser und Blüten und Bäume …
Noch immer bewachen die Türme und Mauern den Ort
zwischen Kiefern Tannen Wacholder …
Vielleicht sind die Kinder dort
die … sorglos einem Ball nachlaufen
die Nachkommen der Toten
wiedergeboren
um ihr abgebrochenes Spiel
zu vollenden.

Steffen Gnam, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4.2.2011

 

 

 

Die Entdeckung des Alltags

− Ein Gespräch mit dem koreanischen Autor Kim Kwang Kyu. −

Wo der südkoreanische Autorenfilm weltweit Erfolge feiert, tut sich die Literatur schwer, international Beachtung zu finden. Was hat die südkoreanische Literatur der jüngsten Zeit geprägt? Hoo Nam Seelmann sprach in Zürich mit zwei Autoren der zweiten und dritten Schreibgeneration.

Ho Nam Seelmann: Herr Kim, Sie sind fast vier Jahrzehnte seit Ihrem Debüt 1974 literarisch tätig und haben die koreanische Lyrik massgeblich geprägt. In dieser Zeit hat sich nicht nur die koreanische Gesellschaft grundlegend verändert, sondern auch die koreanische Literatur. Wie sehen Sie den Wandel?

Kim Kwang-Kyu: Wenn man die Veränderung aus literaturhistorischer Perspektive betrachtet, kann man die Entdeckung des Individuums und des Alltags als die auffälligsten Merkmale ansehen. Sowohl das lyrische als auch das epische Ich will nun kein Held mehr sein und sich auch nicht mit Pathos umgeben. Unscheinbare, kleinbürgerliche Individuen treten verstärkt als Protagonisten auf. Die literarischen Sujets kreisen zudem um wenig spektakuläre Alltagserfahrungen. Stilistisch tritt das Kunstvolle zurück. Dafür setzt sich ein einfacher, leicht verständlicher Schreibstil durch.

Seelmann: Welche Tendenzen gibt es in der Lyrik?

Kim: In der koreanischen Gegenwartslyrik lassen sich zwei grosse Richtungen ausmachen. Die eine zielt darauf, die traditionelle Lyrik durch neue Sujets und Stilelemente behutsam zu bereichern und zu erneuern. Man will so die Kontinuität der alten Lyriktradition erhalten. Die andere stellt dieses Bestreben als solches in Frage. Vor allem die junge Generation zeigt wenig Interesse an Überliefertem. Vergleichbar ist vielleicht die heutige Entwicklung in Korea mit dem Aufkommen des Expressionismus um 1900 in Deutschland. Die jungen koreanischen Lyriker scheinen wenig an der Interaktion mit den Lesern interessiert zu sein. Diese Entwicklung verschärft die gegenwärtige Krise der Lyrik zusätzlich. Aber das mag auch eine unnötige Sorge eines alten, etablierten Lyrikers sein. Denn die Werke der deutschen Expressionisten gehören ja inzwischen zu den Klassikern.

Seelmann: Traditionell galt in Korea die Lyrik als die edelste Gattung der Literatur und wurde von der Elite gepflegt, während Prosa mehr für die breitere Bevölkerung gedacht war. Wie sieht das heute aus?

Kim: Im alten Korea gab die Liebe zur Poesie den Massstab dafür ab, ob jemand gebildet war oder nicht. Heute werden Kenntnisse der Lyrik nur für die Schulprüfungen benötigt, was gewiss einen Abstieg bedeutet. Die Gegenwart ist mehr das Zeitalter der Prosa, besonders der Romane, so dass die Lyrik immer mehr an Bedeutung verliert. Trotzdem erfreut sich die Lyrik in Korea im Vergleich zu den deutsch- und englischsprachigen Ländern dank der Tradition einer grossen Beliebtheit. Eine zahlreiche Leserschaft belegt dies.

Seelmann: Es ist bekannt, dass die Lyrik besonders schwer aus einer Sprache in die andere zu übersetzen ist. Sie selber haben viele deutsche Gedichte übersetzt. Wie war Ihre Erfahrung?

Kim: Ich habe eine Anthologie der deutschsprachigen Gedichte des 19. und 20. Jahrhunderts herausgegeben. 200 Gedichte habe ich dafür übersetzt. Da ein Gedicht neben der inhaltlichen Bedeutung einen eigenen Rhythmus besitzt, ist es sehr schwer, es wirklich gut zu übersetzen. Obwohl die deutsche und die koreanische Sprache sehr verschieden sind, habe ich versucht, die besondere Färbung jedes Gedichts zu bewahren. Meine Heine-Übersetzung gilt heute als Standard, und die Brecht-Übersetzung verkauft sich nicht schlecht. Solche Erfolge sind jedoch sehr selten, und ich muss leider sagen, dass immer weniger Menschen das Wagnis auf sich nehmen, Gedichte zu übersetzen.

Seelmann: Sie haben auch die Lyrik von Schweizer Autoren übersetzt. Wie bekannt ist allgemein die Schweizer Literatur in Korea?

Kim: Ich habe eine Reihe von Gedichten von Gottfried Keller und Conrad Ferdinand Meyer übersetzt. Als ich 2006 von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung den Gundolf-Preis verliehen bekam, verwendete ich in meiner Dankesrede das Gedicht „Der römische Brunnen“ von Meyer als Symbol des Kulturaustausches. Unter den Schweizer Autoren sind Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt am bekanntesten, aber auch Peter Bichsels „Kindergeschichten“ kennt man. Ein Interesse an Schweizer Gegenwartsautoren ist da. Auch mehr Austausch ist geplant. Die koreanische Regierung unterstützt durch den Arts Council Korea solche Programme…

Neue Zürcher Zeitung, 23.6.2011

 

Friedrich-Gundolf-Preis 2006 der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung für Kim Kwang-Kyu mit der Laudatio von Harald Hartung, der Dankrede von Kim Kwang-Kyu und dem Urkundentext.

 

 

Fakten und Vermutungen zum Nachdichter + DAS&D +
Archiv 12 + Kalliope
Porträtgalerie

Zum 70. Geburtstag des Herausgebers:

Erhard Schütz: Betriebsmacher
Der Tagesspiegel, 29.3.2010

Nachrufe auf Heinz Ludwig Arnold: Deutschlandfunk ✝︎ FAZ  ✝︎ NZZ

 

Fakten und Vermutungen zum Autor
Porträtgalerie: Autorenarchiv Isolde Ohlbaum +
Brigitte Friedrich Autorenfotos
shi 詩 yan 言 kou 口

 

Kim Kwang-Kyu liest auf dem XII International Poetry Festival von Medellín 2002.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

0:00
0:00