László Nagy: Poesiealbum 45

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von László Nagy: Poesiealbum 45

Nagy/Würtz-Poesiealbum 45

BARTÓK UND DIE BESTIEN

Nicht des Waldes, der Luft oder des Wassers prächtige
Könige, nicht dieser Art Bestien bedrängen das Herz.
Unser Haar, mit des Löwen Mähne vermengt,
aaaaabringt weniger in
Gefahr als das Verstehenwollen dieser entmenschten Zunft.
In der Zone unserer Zeit hat sich erschreckend vermehrt
das Untier, vermehrend auch seine arglistigen Praktiken.
Beste Erfindungen werden ihrer Berufung entzogen.
aaaaaÜber Traversen –
Wälder, Kabel-Dschungel, eine Kunststoff-Gischt breitet es,
dieses Pack, seine Strahlen aus – werbend für seine Moral
als ein erreichbares Ziel. Weitere Bestien bildend und
neue Opfer ergatternd. Die Menschen unseres Jahrhunderts
betören, behexen sie, diese scheinheiligen Betrüger.
In dieser verkehrt orpheischen Lage kann, ihnen die Hand
reichend, nur eines bedeuten: süßlicher Kitsch. Doch schon der
junge Bartók sagte, verneinend: Weder Scheinmoral noch Pseudokunst!
Mit den Stahlfingern seiner Musik reißt er ihnen die ach so
ehrbaren Masken vom Gesicht. Er, menschliche Hoheit. Von
vorherein ist ihm fremd jede Katzbalgerei. Ein Drachentöter,
würde ich sagen, mit seiner Rhythmik. Aber dieses
Symbol birgt schon wieder programmatischen Kampf. Bartók, ein
sperriger Stern mit seinem eigenen Gesetz. Er rüstet zu
keinerlei Abrechnung. Hemmendes sucht er nicht, aber er stößt
mit seinem diamantenen Haupt immer wieder auf Böses.
Stürmend auf seiner Bahn, schicksalhaft, triumphierend als
Künstler, aber oft bitter und überdrüssig des Lebens, wäre er
manchmal geflüchtet, wie gern, zu den grönländischen Walen,
zum wilden Getier, brüllend auf Feuerlands Felsenküsten.
Dann wieder ermahnte er sich: Nein! Es darf sich der Mensch nicht
ergeben, nicht dem Gram und auch nicht einer Pestilenz-Welt.
Mit seiner Menschenliebe, seinem männlichen Zorn ging er in den
Tod. Sie folgten ihm. Vor dem fortgewälzten Stein winseln sie,
fluchen sie heute noch, aber sie kommen von ihm nicht los.
Bartók, für jene ein Schicksalsschlag, unvermeidlich, für mich
eine beispielhafte Erlösung, gleich den anderen leuchtenden
Einsamen, Ady und Attila József… Ich sehe sein weiß
leuchtendes Haar – seine die Stratosphäre bezwingenden Augen.
In der Hand hält er die Uhr, wie er wägt und prüft
die Musik des Alls.

Übertragung Wilhelm Tkaczyk

 

 

 

László Nagys Weg

ist in vielem dem seiner großen Vorläufer Endre Ady und Attila József ähnlich, und auch dort, wo Nagy eine eigene Richtung einschlägt, verleugnet er die Lehrmeister nicht, sondern vertraut ganz seiner Begabung und gestaltet zunehmend die komplexe Wirklichkeit mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln der Dichtung unserer Zeit.

András Diószegi

 

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