Clemens Brentanos Gedicht „Im Namen Jesu“

CLEMENS BRENTANO

Im Namen Jesu

Ich möchte gern was schreiben,
Das ewig könnte bleiben;

Denn alles andre Treiben
Will nur die Zeit vertreiben.

Ich möchte gern was lieben,
Das ewig ist geblieben;
Denn in den andern Trieben
Wird nur die Lieb vertrieben.

Ich möchte gern mein Leben
Zu Ewigem erheben;
Denn alles andre Streben
Ist in den Tod gegeben.

Drum schreib ich einen Namen,
Drum lieb ich einen Namen,
Und leb in einem Namen,
Der Jesus heißt – sprich Amen.

nach 1817

 

Konnotation

Im Jahr 1817 hatte der romantische Dichter Clemens Brentano (1778–1842) eine Generalbeichte abgelegt und seine bisherige poetische Arbeit als ein Ausdruck menschlicher Hybris verworfen. Fortan wollte er nur noch als tief katholischer „Schreiber“ tätig sein und die Kunde von den Zeichen Gottes verbreiten.
Das nach 1817 entstandene Gedicht formuliert programmatisch das katholische Erweckungserlebnis: Der Dichter stellt alle Lebensäußerungen und Liebesbedürfnisse in den Dienst der Lobpreisung Jesu. Dass er seine neue Aufgabe als Protokollant des Wunderbaren sehr ernst nahm davon kündet nach 1818 seine Schreibarbeit am Krankenbett der stigmatisierten Nonne Anna Katharina Emmerick, deren Visionen er sechs Jahre lang getreulich aufzeichnete.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007

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