F.K. Waechters Gedicht „Wenn der Malz und Hopfen…“

F.K.WAECHTER

Wenn der Malz und Hopfen…

Wenn der Malz und Hopfen
steigt dem Mensch zu Kopfen,
und er singet Lieder,
denkt er immer wieder,
daß die graue böse
Bombe mit Getöse
kommt dahergepurzelt,
auf die Menschheit sturzelt,
um dann zu vernichten
die Bevölk’rungsschichten,
und er denket weiter,
wär’ es nicht gescheiter,
alle bösen Waffen
von der Erd’ zu raffen,
sie mit heit’ren Mienen
in den Philippinen-
graben zu versenken,
gar nicht auszudenken!

1966

aus: Hell und Schnell. 555 komische Gedichte aus 5 Jahrhunderten. Hrsg. v. R. Gernhardt u. K.C. Zehrer. S. Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2004

 

Konnotation

Mit seinen Kombattanten Robert Gernhardt, F.W. Bernstein und Clodwig Poth gründete der Zeichner, Illustrator und Bildergeschichtenerzähler F.K. Waechter (1937–2005) in den 1970er Jahren die „Neue Frankfurter Schule“, die mit einer untersinnig-heiteren und absurden Komik den politischen und kulturellen Alltag der Bundesrepublik sezierte. Ziel dieser literarischen Spaßguerilla – so formulierten es ihre Akteure – war: „Antäuschen und verwirren, verscheißern und verhohnepipeln“. Nicht nur die Protagonisten der Macht, auch ihre gesinnungstüchtigen Gegner wurden zur Zielscheibe des Spotts.
Auch wenn er von der atomaren Bedrohung und der potentiellen militärischen Apokalypse handelt, enthält sich F.K. Waechters Text jeglichen Pathos. Im Gegenteil: Die Existenz der „bösen Bombe“ scheint nur wenig Grauenhaftes zu besitzen, sondern wird bewusst in kalauernden Kinderreimen thematisiert. Hinzu tritt der Hinweis auf die alkoholgestützte Vorstellungswelt der Kriegsgegner, die über eher untaugliche Strategien zur Zerstörung der Atomwaffen nachdenken.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008

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