Herbert Achternbusch’ Gedicht „Olm von Laibach“

HERBERT ACHTERNBUSCH

Olm von Laibach

Ich bin ein Olm von Laibach,
mein Vater war ein Olm von Laibach.
Ohne Verwandte, unter den Verwandten
waren keine Musikanten.

Die uns erkannten, nannten
uns Olme von Laibach.
Wir spielten nie Schach.

1964

aus: Aussichten. Junge Lyriker des deutschen Sprachraums. Hrsg. v. Peter Hamm. Biederstein Verlag, München 1966

 

Konnotation

Eins der absonderlichsten Lebewesen ist der Olm, eine molchartige Erdkröte, die fast ausschließlich in den unterirdischen Karstgewässern Sloweniens und Kroatiens lebt. Der Olm ist offenbar ein Lieblingstier des 1938 geborenen anarchistischen Poeten und Filmemachers Herbert Achternbusch, der in seinen Werken voll skurrilem Sprachwitz immer mal wieder ein Kamel, Schaf oder einen Wasserbüffel als Verbündete für seine provokative Perspektive mobilisiert.
In der seltsam kauzigen Familien-Genealogie, die Achternbusch hier in seiner 1964 entstandenen Miniatur aufführt, steht ein Tier im Mittelpunkt, das wie kein anderes die Verborgenheit sucht. Der Olm, das extrem lichtscheue Wesen, ist auch eine sehr komische Allegorie des Künstlers, der die Einsamkeit und Weltabgewandtheit für sich beansprucht. Am Ende steht noch ein Kalauer, der dem Reimzwang geschuldet ist. Denn das Wort „Laibach“ hat nun mal wenig lautliche Entsprechungen.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008

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