Karoline von Günderrodes Gedicht „Liebe“

KAROLINE VON GÜNDERRODE

Liebe

O reiche Armut! Gebend, seliges Empfangen!
In Zagheit Mut! In Freiheit doch gefangen.
aaaaaIn Stummheit Sprache,
aaaaaSchüchtern bei Tage,
aaaaaSiegend mit zaghaftem Bangen.

Lebendiger Tod, im Einen sel’ges Leben
Schwelgend in Not, im Widerstand ergeben,
aaaaaGenießend schmachten,
aaaaaNie satt betrachten
aaaaaLeben im Traum und doppelt Leben.

1804

 

Konnotation

„Den Verlust Deiner Liebe konnte ich nicht ertragen“: Mit solchen Sätzen, adressiert an einen unerreichbaren Geliebten, beginnen Geschichten des Scheiterns. Der Satz stammt von der Romantikerin Karoline von Günderrode (1780–1806), die an der unglücklichen Liebe zum Philologen Friedrich Creuzer (1771–1858), dem jener Brief-Satz gewidmet ist, zerbrechen sollte. Der poetische Hymnus auf die Liebe, wie ihn die Günderrode (unter dem Pseudonym „Tian“) in einem Gedicht aus dem Jahr 1804 anstimmt, bewegt sich systematisch durch Paradoxien, die keine ungetrübte Seligkeit zulassen.
Die Liebe ist in Günderrodes poetischem Modell verstrickt in Ambivalenzen und Gegensätzen, die unauflösbar sind. Die Gespanntheit zwischen Freiheit und Gefangenschaft wurde für die Dichterin schließlich zum Verhängnis. Ende Juni 1806 erhält sie die Mitteilung, dass ihre ferne Liebe Creuzer sich von ihr lösen will. Daraufhin tötet sie sich in Winkel am Rhein mit einem Dolch.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007

1 Antwort : Karoline von Günderrodes Gedicht „Liebe“”

  1. V.Spieth sagt:

    In einem falschen Jahrhundert geboren von einer Ausschliesslichkeit mit det es auch heute nicht leicht wäre zu existieren. Ihre Maßstäbe sind absolut Sie liegen in Ihrer Seele.Sie sind ein Reichtum für viele.Sie verdient die uneingeschränkte Würdigung der Romantoker und der Weltliteratur

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