Matthias Polityckis Gedicht „Des Teufels Amulett“

MATTHIAS POLITYCKI

Des Teufels Amulett

(angefertigt für Broder Broschkus)

Dir schenke ich mein Herz, nur für den Fall,
daß du mal eines brauchen solltest,
und dazu alles, was ich sonst noch habe (doch
das ist fast nichts), gesetzt, du wolltest
noch mehr, so nimm’s! Nimm jedes meiner Worte mit,
das ich dir zugeflüstert, zugedacht
am Morgen, Mittag, Abend, in der Nacht,
nimm jede kleinste Silbe, meine ganze Liebe,
so daß – verstummt bis an das Ende meiner Tage –
ich nur ein leeres Blatt noch wär’ im wirren Weltgetriebe,
wenn ich nicht wüßte, nicht ganz sicher wüßte,
daß ich dich noch mal wiedersehen müßte
in dieser oder jener Welt

2004/05

aus: Matthias Politycki: Ratschlag zum Verzehr der Seidenraupe. 66 Gedichte. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2003

 

Konnotation

Ein Romanheld des erklärtermaßen realistischen Erzählers Matthias Politycki (geb. 1955), der Bankangestellte Broder Broschkus, gerät auf Kuba (im Roman Herr der Hörner von 2005) in den Bann kraftspendender Amulette und magischer Halsketten. Mit Hilfe dieser Amulette werden die Urkräfte von Eros, Sexus und Begehren in ihm freigesetzt. In den Roman ist ein Gedicht integriert, das diese Aktivierung erotischer Energien evoziert.
Um diesem großen Plädoyer für Liebe und Leidenschaft die nötige Dynamik zu verleihen, greift Politycki auf die traditionellen Mittel formaler Straffung und metrischer Strukturierung des Gedichts zurück, die er in seinen Essays zur Lyrik immer wieder anpreist. Hier wählt er einen unregelmäßigen Reim, zitiert Blankverse und antikische Sprachgesten. In den Titel rückt er ein altes mythisches Motiv: den Hinweis auf „das Amulett des Teufels“, das in zahlreichen Sagen und phantastischen Geschichten eine Rolle spielt.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008

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