Max Ernsts Gedicht „Die wasserprobe“

MAX ERNST

Die wasserprobe

Hierbei wird die faust geballt
Daß der frosch zu boden knallt
Hier die magd die motten putzt
Daß der wind die dämpfe stutzt

Hierbei wird ein dampf verschluckt
Daß der greise bammel zuckt
Daß der warmen fische ei
Knall und fall ins einerlei

1921

aus: DaDa-Gedichte. Hrsg. von Karl Riha. Klaus Wagenbach Verlag, Berlin 1982

 

Konnotation

Unter den zahlreichen dadaistischen Manifesten kommt ein Dokument aus dem „Dada-Almanach“ dem Kölner Maler, Collage-Künstler und Dichter Max Ernst (1891–1976) sehr nahe. Dada, so heißt da, verwirkliche ein „Narrenspiel aus dem Nichts“ und verhalte sich wie „Parodisten der Weltgeschichte“. In parodistischer Weise wird so auch ein mittelalterliches Element der europäischen Rechtsgeschichte in einem 1921 erstmals publizierten Ernst-Gedicht auf den Kopf gestellt.
Die Wasserprobe war ein recht sadistisches Verfahren der juristischen Wahrheitsfindung: Die Delinquenten wurden nackt in kaltes Wasser geworfen oder mussten aus einem Topf mit brühend heißem Wasser einen Ring oder einen Stein hervorholen, um ihre Unschuld unter Beweis zu stellen. Bei Max Ernst nimmt die Wasserprobe eine stark surrealistische Wendung. Die hier abverlangten Aufgaben sind kaum zu erfüllen.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007

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