Volker von Törnes Gedicht „Frage“

VOLKER VON TÖRNE

Frage

Mein Großvater starb
an der Westfront;
mein Vater starb
an der Ostfront: an was
sterbe ich?

1961

aus: Volker von Törne: Im Lande Vogelfrei, Wagenbach Verlag, Berlin 1981

 

Konnotation

Eins der prägnantesten Antikriegs-Gedichte, das die deutsche Literaturgeschichte kennt, ist der Fünfzeiler des Dichters Volker von Törne (1934–1980): Knapper und treffender lässt sich das Ausgeliefertsein eines prinzipiell todgeweihten Kriegsteilnehmers nicht ausdrücken.
Volker von Törne war ein eminent politischer Autor. Die von ihm redigierte Studentenzeitschrift zoon politikon wurde 1958 verboten. Danach schlug er sich drei Jahre als Bauarbeiter durch, bevor er 1962 in Westberlin mit der alternative erneut eine intelligente linke Zeitschrift initiierte. Auch als theologischer Schriftsteller, der sich mit Fragen der deutschen Schuld beschäftigte, arbeitete er an einer Poetik der gesellschaftskritischen Aufklärung. Sein Gedicht „Frage“ entstand in einem kritischen geschichtlichen Augenblick, als mitten im „Kalten Krieg“ gerade wieder ein heißer Krieg in der Luft lag: in den Tagen nach dem 13. August 1961, nach Beginn des Mauerbaus in Berlin.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

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