Melchior Vischer: Unveröffentlichte Briefe und Gedichte

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Melchior Vischer: Unveröffentlichte Briefe und Gedichte

Vischer-Unveröffentlichte Briefe und Gedichte

WELTALL

He, holum, holum!
Seht ihr die rasenden Menschen
Mit Dynamomaschinen zu Köpfen
Und Schwänzen aus lautrem Stahl?

Es speien die Bäuche, millionenumfunkelt,
Kanonenkugeln in unendlicher Zahl.
Die Berge tanzen wie heiße Najaden
Und saugen sich fest zu unlösbarem Knäuel.

Blaue Hunde fressen den Erdball
Und speien glühende Lokomotiven,
Die gen Himmel rasen.

Wie losgelassene Idioten
Saufen sie rasend das Weltall.

Und der Ziegenbock stinkt fauchend einen Baum entlang
Und singt wie lose Lerchen beim Morgenkaffee.
Rase, Lokomotive, du Himmelsstürzerin,
Platze mit großem Knalle
Im nächsten Wald

Dampf, Dynamo, Auto,
Zimmer, Badewanne, Closet.

Es rast der Kaiser in seinem Zwinger.
He, holum, holum,
Bim, bam, bum.
Die Glocken des Schicksals.

 

 

 

Vorwort:

„Direkte Verbindung zu den Dadaisten hatte Melchior Vischer nicht.“ – so das Nachwort zur Reedition zweier Theaterstücke des am 21.4.1975 in Berlin verstorbenen Autors, der nach einigen Erfolgen als Dramaturg und Theaterautor seit den Dreißiger Jahren in völlige Vergessenheit geraten war. In der Bibliothèque Littéraire Jacques Doucet, Paris, konnte ich sechs an Tristan Tzara und Francis Picabia adressierte Briefe entdecken, sowie vier Gedichte und zwei Texte des im Dadaumfeld bekannt gewordenen Schriftstellers. Diese Dokumente stellen die ersten bis jetzt vorgelegten biographischen und literarischen Zeugnisse Vischers (der eigentlich Emil Fischer hieß) dar. Um das Bild abzurunden, sind zwei Briefe an Spengemann angefügt, die bis dato zwar zitiert aber nie veröffentlicht wurden, sowie ein weiterer aufgefundender Brief, der Einblick in seine spätere Laufbahn erteilt.

Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buches scheint sich bereits stärkeres Interesse an Melchior Vischer abzuzeichnen – soeben wurde der „erste deutsche dadaistische Roman“, Vischers Sekunde durch Hirn, wiederaufgelegt. Der Herausgeber geht dort auf unsere hier vorgelegten Materialien bereits ein.

Mein Dank gebührt den jeweiligen Archiven (besonders M. Francois Chapon) für ihr großes Entgegenkommen.

Raoul Schrott, Vorwort

 

 

Fakten und Vermutungen zum Autor

 

Fakten und Vermutungen zum Herausgeber + DAS&D + ÖM + KLG +
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Porträtgalerie: Autorenarchiv Isolde Ohlbaum +
Brigitte Friedrich Autorenfotos
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Raoul Schrott im ORF Interview bei Treffpunkt Kultur am 24.10.1997, Teil 1/2.

 

Raoul Schrott im ORF Interview bei Treffpunkt Kultur am 24.10.1997, Teil 2/2.

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