Robin Fulton: Grenzflug

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Robin Fulton: Grenzflug

Fulton-Grenzflug

OZEANTRAUM

Meine Lungen sind mit Worten nicht zufrieden.
Meine Verben falten sich weg, plötzlich Schatten-
fächer auf der Oberfläche. Jetzt schon
liegen meine Substantive hinterm Horizont.

a

 

 

Mit den Stimmen von Bäumen und Tieren

– Les Murray und Robin Fulton kultivieren das Naturgedicht. –

… Nüchterner sind Margitt Lehberts Übersetzungen von Robin Fulton ausgefallen. Der auf der Insel Arran geborene und heute in Norwegen lebende Autor ist indes eine grosse Entdeckung und eine Bereicherung der hierzulande an Naturgedichten nicht eben überreichen Lyrik. Fulton ist wie Murray ein genauer Beobachter der Natur, sie ist ihm allerdings weniger Kontrast- als Identifikationsfläche für die menschliche Subjektivität. „Das unzerbrechliche Fenster, das wir mit den Toten teilen, ist zu klar für Worte“, es bleibt nur ein lose im Wind wehendes Alphabet. Fulton beherrscht diesen schwebenden Ton, der exakt ist und doch nichts mit Eindeutigkeit überfrachtet, der Vergangenheit und Gegenwart, Erinnern und Hoffen, Diesseits und Jenseits, Einfachheit und Komplexität virtuos miteinander verwebt.

Jürgen Brôcan, Neue Zürcher Zeitung, 22.5.2008

„… it’s like a dream where you find a door in a solid wall“

Einer der größten modernen Dichter

Robin Fulton, geboren in Schottland, lebt heute und schon über lange Jahre in Norwegen und ist in England berühmt für seine Übersetzungen aus dem Skandinavischen (so auch Tranströmer und Martinson); auch hat er eine Vorliebe für deutsche Dichter wie Sarah Kirsch oder Peter Huchel (oder die Auswahl dieses Bandes wurde so angelegt, diesen Eindruck zu erwecken – 5 Gedichte in diesem Band haben mit Gedichten oder Gedichtbänden deutscher Dichter zu tun). Neben seiner Poesie und seinen Übersetzungen, ist er auch für seine Essays bekannt, die leider bisher nicht mal in einer Auswahl auf Deutsch erschienen sind, was jedoch nicht halb so schmerzlich ist, wie die Tatsache, dass diese Lyrikauswahl hier die einzige auf Deutsch ist (jedoch ausgezeichnet übersetzt, und ausgewählt, von Margitt Lehbert)

Wie tief und weit
liegt das Schweigen? Nichts dort, dem man entgegen-
treten muss. Er tastet im Dunkeln, macht Musik an,
Musik, die wie Licht über einen Körper fällt,
dieser Kontinent, der für nichts Worte hat.

Robin Fulton schreibt in freien Versen und schreibt freie Gedichte; großen Anteil nehmen inhaltlich die Gedichte ein, die sich auf persönliche Erlebnisse an Orten, auch dann und wann in der Natur, stützen; ebenfalls groß ist die Anzahl der Gedichte, die sich mit kulturellen Reflektion – über Kunstwerke, Künstler oder die Kunst selbst – beschäftigen. Aber eigentlich ist es oft egal worüber Fulton schreibt; seine Waffe, seine Kraft ist nicht die Wahrheit, sondern die flüchtige, freie Darstellung und die „Vielbildrigkeit“ seiner Wendungen.

Stell dir vor: Anker, fest wie Atem,
Ketten, beschwerlich wie Licht.

Es ist schwer Dichter miteinander zu vergleichen, und wer einen solchen Vergleich nachvollzieht, wird oft auf die Unterschiede hinweisen können (was natürlich klar ist, weil Vergleiche ja nach beidem suchen, und wenn sie Gemeinsamkeiten aufzeigen, damit ja keine Unterschiede ausgeschlossen haben – aber ist es nicht das verbindende, was hilft? Relationen statt Relativität); jedenfalls finde ich, dass man Robin Fulton und seine zutiefst unwillkürlichen und doch verblüffenden, seine klaren und doch zugleich schattigen Dichtungen ein wenig mit denen von Tomas Tranströmer vergleichen kann. Genau wie dessen poetische Höhenflüge, sind auch Fultons geerdeter und näher dem Leser als viele andere moderne Dichtungen. Auch thematisch – mit Musik, Natur und persönlichen Offenbarungen, sowie eigenwillig-schönen Betrachtungen – liegen sie oft nah beieinander.

Fenster – ohne sie
wäre die Redekunst des Regens
an taube Wände verschwendet

Doch selbstverständlich ist Robin Fulton ein eigenständiger und letztlich auch etwas kryptischerer Dichter, zumindest neigt er manchmal, in diesem und jenem Gedicht dazu.
Wer gerne einen ähnlichen modernen Autor wie Tranströmer lesen will, wer gerne Gedichte liest, die ein offenes Spiel mit Bildern, Bezug und Eindruck sind, die aus dem Leben gegriffenen wurden und doch abschließend mehr wie Gemälde sind, der lese dieses Buch. Es ist schön, es ist erhellend und voller bedeutender Momente und poetischer Lichtstrahlen, wie sie uns für einen Moment gefangen nehmen, wenn wir am Fenster einen Gedichts vorbeigehen.
Wer gereimtes will, wird hier nicht fündig werden. Hier regiert die Fuge des Jazz: Harmonie in Formen der scheinbaren Disharmonien – Ordnung im Chaos.

Der Mann mit dem Saxophon
verströmt groben, goldenen Nebel
Längen- und Breitengrade
runden sich zu einem keltischen Knoten.

P.S.: Diese Edition ist Zweisprachig. Die meisten Gedichte sind nur eine Seite lang, viele auch kürzer. Oft sind es nur 8–16 Zeilen.

Timo Brandt, amazon.de, 11.5.2012

 

 

Fakten und Vermutungen zur Übersetzerin + Kalliope +
Facebook

 

Fakten und Vermutungen zum Autor

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

0:00
0:00