Roland Müller: DenkMale in Dresden

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Roland Müller: DenkMale in Dresden

Müller/Reichenbach-DenkMale in Dresden

BALANCEAKT

Ruhig schwingt die große Stille
durch der Klinik Mauerwerk.
Ungehört erstirbt der Wille,
wenn er nicht mehr lange währt.

In den Träumen, die vergehen,
sind die Wünsche längst verlorn.
Grauer Schleim von Kopf bis Zehen:
Ist denn alles schon vergorn? 

Hoch im Himmel die Balance.
Von der Forschung geht sie aus,
gibt den Müden eine Chance
in dem großen Krankenhaus.

Blick nicht immer nur nach oben,
wo der Himmel sich verneigt.
Letzte Lieder sind verwoben
mit dem Reim, der ruft und schweigt. 

 

 

 

DenkMale in Dresden 

DenkMale sind – wenn man das Wort ernst nimmt – Male für das Denken, das Erinnern an Fakten, das Verinnerlichen von Impressionen und manchmal gar für das NachDichten, für die Poesie von Kultur, Geschichte und Emotionen. Mich interessieren hier nicht ,Denkmäler‘ im herkömmlichen Sinne, sondern Dinge im öffentlichen Raum der Stadt, die uns zu einem der schönsten menschlichen Laster anregen, dem Denken.
Dieses Buch und seine Gedichte sind der städtischen Kultur auf Augenhöhe gewidmet, nicht den großen Bau-DenkMalen als Manifestationen von Macht und Dominanz, Prachtentfaltung, Ausbeutung und Volksbetrug, denn Monumentales und Oberflächenhaftes widersprechen zu oft menschlichen Dimensionen. Deshalb widme ich im urbanen Umfeld Aufmerksamkeit den Statuen, den Zeugnissen der Kultur und des Erfindergeistes, einigen Eckpunkten der Geschichte, aber auch dem einfach Schönen und lebenswerten sowie den scheinbar unspektakulären Details und auch den Kleinodien abseits der touristischen Filetrouten. In einer Stadt gehören zu solchen Objekten immer die Brunnen und Wasserspiele, die das Leben inmitten von Steinen und trockener Zivilisation erst lebenswert und menschlich gestalten. Aber auch den Zeugen von Unheil und Gefahren, nicht selten durch den Menschen selbst provoziert, gebührt Aufmerksamkeit. Und den ewigen Fragen von Leben und Tod, von Frieden und Krieg, von Zerstörung und Wiederaufbau kann sich in einer Stadt wie Dresden ohnehin niemand entziehen.
Ein Vorrecht des Poeten und Autors beruht in der Subjektivität bei der Auswahl seiner Gegenstände und Sichtweisen. Er muss, auch weil die Lyrik keine gewinnträchtige Gattung der Literatur ist, nicht vordergründig Rücksicht auf Vermarktungsaspekte nehmen oder lokale Partikularinteressen beachten. So kann er Könige, Militaristen, Heilsverkünder und ideologisch aufgepumpte Chimären ignorieren, als bekannt und einer erneuten Betrachtung wenig wert verwerfen oder entsprechend kritisch bewerten.
Sicher gibt es außer DenkMalen viele andere wichtige, bewegende und aktuelle Themen. Wer sich damit auskennt, mag darüber schreiben. Was jedoch aufmerken lässt: Im Deutschen gibt es zwar Begriffe wie DenkMale oder MahnMale, aber solche Worte wie FrohsinnsMale existieren nicht. Wir haben doch eine etwas seltsame Sprach- und Denkdisziplin?
Was aber prädestiniert gerade Dresdens DenkMale als Objekt lyrischen Schaffens? Die Stadt ist sicher aristokratischer als der bäuerlich bodenständige, katholisch beschränkte und mit Dolce Vita korrumpierte Süden. Sie ist intellektuell souveräner als der zwanghaft heitere und ewig rotzig-rußige rheinische Westen. Sie ist freundlich beredter und poetisch interessierter als der zurückhaltend gefrostete Norden. Und sie ist spannender und intellektuell souveräner als viele andere Städte des Landes, auch, weil sie sich Zeit zum Nachdenken, Schreiben und Dichten gönnt. Dass sie damit Eigensinn, Romantisieren und Gestrigkeit wettmachen kann, ist noch zu beweisen. Das Wecken der Dresdner Potenzen, auch beim Umgang mit dem Erbe, ist eine Jahrhundertaufgabe ohne praktische Erfolgsgarantien. Deshalb sollte man sie gemeinsam anpacken, erste gute Beispiele gibt es bereits.
Das vorliegende Buch ist ein Gedichtband, kein Katalog farbiger Postkarten mit Sehenswürdigkeiten, garniert mit lyrischen Belanglosigkeiten. Abbildungen und Erläuterungen sind daher bewusst zurückhaltend dargestellt. Wer 80% exakter Sachinformationen sucht, lese das Kursbuch der Bahn, wer buntes Werbedesign bevorzugt, wende sich an den nächsten Discounter.
Dresden ist sicher auch mehr als nur angegrautes Barock. Jeder Besucher der Stadt hat, ausgehend von den hier veröffentlichten Gedichten, die Chance, eigene Impressionen zu gewinnen, seine Favoriten zu lieben und die Poesie der Stadt zu genießen. Wenn nach Für und Wider auch offene Fragen neben plausiblen Antworten blieben, wäre das gut so. Möge das Nachdenken den Lesern Spaß und Erbauung bereiten. 

Roland Müller, 2021, Vorwort

 

 

Dieses Buch und seine Gedichte

sind der städtischen Kultur auf Augenhöhe gewidmet, nicht den großen Baudenkmalen. Der Autor widmet sich im urbanen Umfeld Statuen, Brunnen, Wasserspielen, den Zeugnissen der Kultur und des Erfindergeistes, Eckpunkten der Geschichte, aber auch dem einfach Schönen und Lebenswerten sowie den scheinbar unspektakulären Details und Kleinodien abseits der touristischen Filetrouten. Das vorliegende Buch ist ein Gedichtband. In ihm werden Dresdens Denkmale zum Objekt lyrischen Schaffens. Jeder Besucher der Stadt hat, ausgehend von den hier veröffentlichten Gedichten, die Chance, eigene Impressionen zu gewinnen, seine Favoriten zu lieben und die Poesie der Stadt zu genießen.

radochla verlag, Ankündigung

 

 

Beitrag zu diesem Buch:

Ingolf Brökel: Gedichte über Dresden
literaturkritik.de, September 2022

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