Walter Werner: Poesiealbum 95

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Walter Werner: Poesiealbum 95

Werner/Mörstedt-Poesiealbum 95

HOLZHACKEN

Mein Beil wächst
mit jedem Hieb.
Am schwingenden Arm hinauf
widersetzt sich der Stiel,
und im Bogen herein
überholt sich der Schlag,
wiederholt seine Richtung
der Schwung. Das Beil
treib ich an.
Mein Beil kreist mich ein.
Ich stoß seine Flugbahn voraus
und kehr seine Fall-Linie um.

Mein Beil hält eine Rede,
findig und zäh, ortsderb
wie gedrechselter Handwerkersinn;
den Wald gräbt sie aus,
und die Welt räumt sie ein.
Eine Rede, alt
wie die Faser im Holz,
zwischen der Rinde des Baums
und der Rinde des Brots.

 

 

 

Walter Werner

Die Gedichte Walter Werners sind ein beachtenswerter Beitrag zu jenem Typ zeitgenössischer Dichtung, der eine Landschaft, hier die thüringische, beschreibt, um sich somit einen verläßlichen Hintergrund für ein breit angelegtes Gesellschaftspanorama zu schaffen, in dem sich die Welt vielfältig bricht. Immer ist der Mensch anwesend, als Person oder als ein Wesen, das seine Spuren hinterlassen hat. Die schlagenden Bilder, dieser Gedichte sprechend die doppelte Sprache des Symbols, das eine Einzelheit in den Rang des Gleichnisses erhebt, und der Beschreibung, durch die ein Tal, ein Dorf, ein Lebenslauf unaustauschbar werden.

In Bulat Okudshawa: Poesiealbum 94, Neues Leben, 1975

Was unterscheidet die Titel

„Licht in der Nacht“ und „Worte für Holunder“? Aus der allgemeinen, für alles und nichts geltenden Benennung ist die scheinbar kleinere, indes konkrete Bezeichnung geworden; die Poesie entspringt zusehends den ins Bild gebrachten Menschen, Dingen, Beziehungen und kann zu Stimmungen und Gefühlen, Ahnungen und Gedanken ausschwingen. Walter Werner lebt ja bewußt – oder in unbewußtem Festhalten – hinter den Bergen und zwischen den Bergen. Um in einem Leben eine Landschaft, ihre Menschen, ihre Natur, ihre Geschichte gut kennen zu können. Um aus Kenntnis und Nähe Welt- und Lebenssicht zu gewinnen.

Werner Standfuß, Verlag Neues Leben, Klappentext, 1975

 

WEGSTUNDE DURCHS GRABFELD
(Gruß an Walter Werner)

An die Alte Salzstraße
halten wir uns
achten auf das Randgras
und verwilderten Enzian
der Wege unter dem Weg
bedürfen wir nicht

aber tut sich nicht auf
eine freundliche Grotte im Berg?
blaugeschürzt wendet
Marie sich herüber

„wer sie trotzdem nicht findet
dem sei tröstlich“:

manche Wege kommen noch
über den Weg
mancher Mohn öffnet
sich spät im Herbst.

Hartmut Zenker

 

 

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