EIN ALTER TIBETTEPPICH
Deine Seele, die die meine liebet,
Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet.
Strahl in Strahl, verliebte Farben,
Sterne, die sich himmellang umwarben.
Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit,
Maschentausendabertausendweit.
Süßer Lamasohn auf Moschuspflanzenthron,
Wie lange küßt dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon?
Dieser erste Versuch einer Gesamtausgabe der Gedichte von Else Lasker-Schüler vereinigt vollzählig sämtliche zu Lebzeiten der Dichterin in Buchform veröffentlichten Gedichte samt den Textvarianten der verschiedenen Drucke. Unberücksichtigt blieben in der Regel die Abdrucke in Zeitungen, Zeitschriften und zeitgenössischen Anthologien. Einzelne Hinweise auf handschriftliche Varianten (in den von Ernst Ginsberg und Werner Kraft posthum veranstalteten Sammlungen) wurden vermerkt.
Die zeitliche Folge der Veröffentlichungen sollte im großen und ganzen gewahrt bleiben; zugleich aber durften die von der Dichterin selber durch zyklische Anordnung und die Beigabe von Widmungen hergestellten oder angedeuteten Zusammenhänge nicht zerstört werden. Dies erklärt, warum manche Gedichte in der gleichen Fassung zweimal vertreten sind. Mit Ausnahme des vollständigen Abdrucks der Sammlung Styx in unveränderter Gestalt wurde, wenn nicht zwingende Bedenken dagegensprachen. jeweils die späteste Fassung der einzelnen Gedichte in den Textteil aufgenommen. Wiesen die erste und die endgültige Fassung sehr starke Abweichungen auf, so wurden beide als ganzes Gedicht abgedruckt. Der folgende Nachtrag verzeichnet sämtliche Lesarten der früheren Fassungen und der Abdrucke in anderen Büchern der Dichterin. Nicht aufgenommen wurden einige bloße Scherzgedichte und Gelegenheitsreimereien aus „Konzert“ und „Hebräerland“.
Im Hinblick auf die verschiedenen Fassungen darf angemerkt werden, daß die späteren Veränderungen nicht immer Verbesserungen darstellen; bisweilen sind in den jüngeren Ausgaben einzelne Zeilen und sogar ganze Gedichte verlorengegangen.
Gewisse Eigenheiten der Orthographie wurden beibehalten; ebenso die häufig willkürliche, ungewohnte oder ungenügende Interpunktion. Letztere folgt in der Regel dem spätesten Druck, es sei denn, die früheren Sammlungen legen insgesamt eine andere Zeichensetzung nahe. Die zahlreichen Abweichungen in den verschiedenen Ausgaben -namentlich, was die Verwendung von Ausrufungszeichen, Gedankenstrichen, mehreren Punkten betrifft – wurden nur dort verzeichnet, wo durch die veränderte Interpunktion eine Sinnverschiebung eintritt. Offenkundige Druckfehler wurden meist stillschweigend berichtigt.
Für freundliche Hinweise und Auskünfte, für Rat und Hilfe sei an dieser Stelle den Herren Ernst Ginsberg, Werner Kraft und Sigismund von Radecki sowie dem Schiller-Nationalmuseum in Marbach gedankt.
Im einzelnen ist der Textteil der vorstehenden Gesamtausgabe folgendermaßen aufgegliedert:
„Dies war die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte… Ihre Themen waren vielfach jüdisch, ihre Phantasie orientalisch, aber Ihre Sprache war deutsch, ein üppiges, prunkvolles, zartes Deutsch, eine Sprache reif und süß, in jeder Wendung dem Kern des Schöpferischen entsprossen. Immer unbeirrbar sie selbst, fanatisch sich selbst verschworen, feindlich allem Satten, Sicheren, Netten, vermochte sie in dieser Sprache ihre leidenschaftlichen Gefühle auszudrücken, ohne das Geheimnisvolle zu entschleiern und zu vergeben, das ihr Wesen war“, schrieb Gottfried Benn über Else Lasker-Schüler. Im vorliegenden Band sind alle Gedichte enthalten, die zu ihren Lebzeiten in Buchform veröffentlicht wurden, von der ersten Sammlung mit dem Titel Styx, die 1902 in Berlin erschien, bis zu dem letzten Gedichtband Mein blaues Klavier aus dem Exil in Jerusalem.
Deutscher Taschenbuchverlag, Klappentext, Juli 1986
– Die Journalistin Ulrike Müller hat diesen Zeitzeugen 1996 in Wuppertal interviewt. –
In Zürich war der junge Buchhändler Hans Bolliger für die Exilantin Else Lasker-Schüler so etwas wie Sohn-Ersatz. Der spätere „Papa Dada“ hat die deutschen Expressionisten – vor allem Herwarth Walden „Prinz Jussuf“ und den Künstlerkreis des Sturm – in der Schweiz bekannt gemacht. Die Lasker-Schüler-Gesellschaft erwarb von ihm seine Sammlung von ELS-Originalzeichnungen (ausgestellt im Zentrum der verfolgten Künste im Museum Solingen). Sie wurden in der Zentralbibliothek von November 2006 bis Januar 2007 erstmals in Zürich öffentlich gezeigt.
Die Journalistin Ulrike Müller hat diesen Zeitzeugen 1996 in Wuppertal interviewt.
Ulrike Müller: Können Sie sich noch an Ihre erste Begegnung mit Else Lasker-Schüler erinnern?
Hans Bolliger: Ich war damals bei Oprecht, und eines Tages kommt eine sehr merkwürdig gekleidete Frau in die Buchhandlung. Sie war immer schwarz gewandet, trug stets bunte Halstücher, ein Kopftuch und sah ein bisschen orientalisch aus. Ich gehe auf sie zu, frage nach ihren Wünschen. Sie schaut mich durchdringend an und sagt:
Sie gleichen so sehr meinem verstorbenen Sohn Paul – ich muß Sie wiedersehen!
Hat mir die Hand gegeben, und dann haben wir das erste Rendezvous ausgemacht. Sie schlug mir ein spanisches Restaurant vor, das sie Muskateller-Stube nannte, denn sie liebte den süßen spanischen Wein, den ich gar nicht vertrug. Wir sind dann ins Gespräch gekommen, sie hat mich nach meinem Leben ausgefragt, und dann – als wir uns näher kannten – wollte sie meine Mutter kennen lernen. Also, ich sag’ meiner Mutter:
Es wird demnächst eine etwas merkwürdige Frau kommen. Sei nett zu ihr, sie spricht nur hochdeutsch.
Meine Mutter sprach kaum ein Wort hochdeutsch. Es war eine merkwürdige Situation:
Die Else Lasker kommt an einem Nachmittag. Ich hatte ihr vorher gesagt:
Mit meiner Mutter können Sie kein literarisches Gespräch führen. Sprechen Sie einfach über die Dinge des täglichen Lebens…
Es war mühsam, weil meine Mutter Elses Gespräch etwas komisch fand. Die kam natürlich sofort mit „ja, morgen bin ich in der Redaktion der Neuen Zürcher Zeitung. Herr Korrodi hat mir versprochen, Manuskripte aufzunehmen…“ Meine Mutter aber kannte den Herrn Korrodi gar nicht, und die NZZ war auch nicht unsere Hauszeitung. Es war ein Gespräch, das einfach nach ungefähr zehn Minuten erschöpft war. Meine Mutter hat Tee gemacht, und die Else hat am Vormittag in einer Konditorei Cremeschnitten gekauft. Es war Sommer, und die Else war ja eine betriebsame Frau, die viel herumgegangen ist. Sie hat also dieses Päcklein ein bisschen gedrückt und was da so aus dem Paket herauskam, war nicht sehr appetitlich. Aber es gab doch noch einen netten Tee mit den Feingebäcken. „Sie sind also die Mutter dieses netten Jungen, den ich so gern habe!“ sagte sie, und dann hat meine Mutter geantwortet, ja ich wäre ein netter Sohn usw. Sie war dann riesig froh, als Else Lasker-Schüler kein zweites Mal zum Tee kommen wollte. Aber Else huschte jeweils einmal in der Woche zu meiner Mutter, hat ihr eine Cremeschnitte oder irgend so etwas gebracht und ist wieder weg gehuscht. Ganz wahnsinnig rührend. Sie war ja sehr, sehr großzügig und hat – leider – viel Geld, das sie bekommen hat für ihr tägliches Leben – in Schleckwaren für Kinder ausgegeben.
Ich erinnere mich an ihren Talmi-Schmuck. Sie war behangen mit Messingschmuck, es musste glänzen, ein bisschen Gold imitieren. Wenn sie einen Leseabend hatte, setzte sie sich aufs Pult oder an den Tisch und hat zuerst an ihrem Schmuck herumgedreht und ihre Haare in Ordnung gebracht.
Sie hat kohlrabenschwarzes, gegen bläuliches Haar gehabt. Und immer Pony-Schnitt. Das sah sehr, sehr gut aus! Sie hatte ja sehr orientalische Züge, dunkle Haut, die sie noch ein bisschen eingedunkelt hatte. Sie hat sich ja sehr stark geschminkt und legte irrsinnig viel Wert auf ihr Äußeres. In Zürich hat sie in verschiedenen Hotels gelebt. Eines der angenehmsten war der Glockenhof, ein Hotel des Christlichen Vereins junger Männer. Es war wie eine Herberge, in keiner Weise christlich, aber es war eine christliche Organisation. Als ich sie zum erstenmal besuchte – an einem Abend vor dem Sabbat –, hatte sie Räucherstäbchen und eine Kerze angezündet. Aber sie hatte unsere Abmachung vergessen. Als ich dann kam, war sie ganz aufgeregt und hat gesagt: „ja, kommen Sie heute?“ „ja, wir haben auf heute Abend abgemacht.“ Daraufhin sie: „Aber es ist doch der Abend vor dem Sabbat, das geht nicht, mein Lieber! Gebt’s nicht nächste Woche?“ „Selbstverständlich“. An diesem Abend hatte sie auch vergessen, ihre Perücke aufzusetzen. Ich war irrsinnig geniert, dass ich sehe, was für einen kahlen Kopf sie hat. Ich habe dann versucht, ihr über dieses Missgeschick hinwegzuhelfen und das zu übergehen. Aber es erhöhte irgendwie eine gewisse Intimität zwischen uns.
In die Oprecht’sche Buchhandlung kamen jeden Tag viele Leute, die eigentlich kein Geld hatten und in den Büchern, die neu hineinkamen, blättern und Notizen machen konnten. Auch Zeitungen aus Deutschland durften sie dort studieren und vor allem das Pariser Tageblatt und die Emigranten-Publikationen, die Weltbühne und was damals in Paris in deutschen Emigranten-Kreisen publiziert wurde.
Müller: Auch Else Lasker-Schüler hat ja Schwierigkeiten bekommen mit der Schweizer Fremdenpolizei. Hat sie Angst gehabt, ständig beobachtet oder möglicherweise aus der Schweiz ausgewiesen zu werden?
Bolliger: Die Situation von Else Lasker-Schüler war sehr schwierig. 1933 ist sie aus Deutschland geflüchtet. Und da gibt es die Legende: die erste Nacht verbrachte sie auf einer Bank am Zürcher Quai, was also ziemlich nachweisbar nicht stimmt. Sie kam dann sehr schnell in eine jüdische Hilfsorganisation, wo solche Intellektuelle bei intellektuellen Kreisen untergebracht wurden. Eine erste Anlaufstelle in Zürich war einer der größten Pelzhändler in Europa, der eine große Wohnung im Roten Schloß am Zürich See-Quai bewohnte. Ein polnischer Emigrant, der es zu großem Reichtum gebracht hat. Bei ihm lebte also, z.B., Ignacio Silone, der Schriftsteller. Obwohl er nicht Jude war. Aber die jüdischen Kreise haben nicht nur jüdische Emigranten unterstützt, sondern vor allem intellektuelle Emigranten, die nicht unbedingt Juden sein mussten. Bei diesem Pelzhändler hat Else Lasker-Schüler eine Zeitlang gelebt. Sie war eine sehr schwierige Person: undiszpliniert, hat eben mit viel Phantasie gelebt, ohne sich an den Stundenplan dieser Familie zu halten, ist zu jeder Tages- und Nachtzeit gekommen und gegangen. Nach einiger Zeit ging es dann aber nicht mehr. Sie ist danach woanders untergekommen bei einem Getreidehändler, der unendlich viel gemacht hat für Emigranten und den Leuten Wohnungen zur Verfügung gestellt hat. Eines Tages war es einfach mit der Else unmöglich. Sie hat sich an nichts gehalten, was man mit ihr ausgemacht hat. Nicht aus Bosheit, sondern weil sie so war! Zu Ihrer Frage nach der Fremdenpolizei: Emigranten mussten sich bei der Fremdenpolizei melden. Sie bekamen eine Aufenthaltsbewilligung, sagen wir, vielleicht für den ersten Monat. Die Else musste sich also einmal, mindestens, in vierzehn Tagen bei der Polizei melden. Dann waren das ja zum Teil rüpelhafte Beamte; Antisemiten usw. Und die Else Lasker-Schüler hat natürlich mit ihrem Aufzug exotisch ausgesehen. Eine kleine, sehr kleine Frau mit so aztekischem Gesicht, wunderschön, wenn man das Gesicht studiert hat, aber sonst für den täglichen Schweizer ein Vorwurf! Dann war sie nicht so sauber, wie Schweizer sich eine Frau vielleicht vorstellen: die Kleider waren ein bisschen speckig, Wenn ein Mensch nur ein Kleid hat zum Tragen und nichts zum Wechseln, dann kann man sich vorstellen, wie das im Laufe der Monate wird…
Müller: Sie hat ja auch Leidenschaften gehabt, zum Beispiel das Kino…
Bolliger: Das hat sie auch gesagt: wenn sie im Kino ist, ist sie wie in einer Kirche. Und hat mich immer wieder gebeten: wollen wir nicht heute Abend? Es gibt einen Chaplin-Film – den hat sie besonders gern gehabt –, und dann Harold Lloyd, so ein Aufschneider, ein großartiger Mime, voller verrückter Einfälle. Wenn man einen Harold-Lloyd-Film gesehen hat, hat sie lachen können, hat sie die Hand genommen und gedrückt und war einfach wirklich wie im Himmel.
Sobald sie oder ich Geld hatte, gingen wir auf die billigsten Plätze. Da kostete ein Platz in einem Kino 65 Rappen, das war die vorderste Reihe. Bevor wir ins Kino gingen, gingen wir in das Café Select, da bekam man eine Suppe mit ein bisschen Fleisch und ein paar Kartoffeln für zwei Franken fünfzig oder drei Franken. Aber man musste das Geld trotzdem wieder mobilisieren. Und zu zweit – wir führten einige Zeit wirklich ein solidarisches Leben: ich lud sie ein, wenn ich Geld hatte, sie lud mich ein. Sie konnte mit mir telefonieren und sagen:
Hören Sie, ich bin heute bei Korrodi in der Neuen Zürcher Zeitung gewesen, ich habe etwas abgeliefert, und er hat mir auch gleich das Honorar gegeben. Wir können in die Muskateller-Stube gehen, also in die spanische Wirtschaft in der Münstergasse.
Dort setzten wir uns in eine Ecke und aßen eine spanische Kartoffel-Spezialität, und dann tranken wir Wein. Sie ihren süßen Muskateller. Nachher gingen wir ins Kino und schauten uns den Film an. Wenn wir dann noch Geld hatten, gingen wir noch mal ins Select, um einen Kaffee zu trinken.
Müller: Können Sie sich auch noch an Ihre letzte Begegnung mit Else Lasker-Schüler erinnern?
Bolliger: Die letzte Begegnung war – leider! – ein Unglück. Ich arbeitete als Lehrling in einem Verlag, der eine Zeitschrift publizierte, und die Else Lasker-Schüler hat mich von Zeit zu Zeit dort abgeholt und den unglücklichen Einfall gehabt, ich müsste Werke von ihr im Verlag unterbringen. Das waren eigentlich Antisemiten. Wenn die das Wort Else Lasker-Schüler nur schon gehört haben, bekamen sie einen Wutausbruch:
Wir hassen diese Frau, und Sie haben mit der Redaktionsarbeit sowieso nichts zu tun. Halten Sie sich heraus!
Ich versuchte, ihr klar zu machen, dass es absolut sinnlos ist, den Versuch zu unternehmen, Gedichte von ihr unterzubringen. Eines Tages hat sie mir einen Stoß Manuskripte gebracht und gesagt „So, jetzt gehen Sie zu den Schweizer Spiegeln und sagen Sie ihnen, sie sollten das drucken!“ Und ich hab’ ihr gesagt:
Es hat wirklich keinen Sinn, Frau Lasker-Schüler, Entschuldigung!
Aber sie hat es mir aufgenötigt, und ich habe so getan, wie wenn ich’s in den Verlag gebracht hätte, habe aber das Paket nicht geöffnet. Nach ein paar Tagen bring’ ich ihr das ungeöffnete Paket zurück mit den Worten: „Also, sie wollen nichts drucken von Ihnen.“ Und daraufhin sie, wütend: „Das ist unglaublich, Sie haben die Leute gar nicht gefragt. Die können doch nicht sagen: die Lasker-Schüler wird von uns nicht gedruckt!“ „Das ist leider so. Es tut mir furchtbar leid, aber in der Sache kann ich nichts mehr tun.“ „Das ist eine ganz große Enttäuschung, die Sie mir bereiten, Herr Bolliger.“ „Das tut mir furchtbar leid. Ich kann es nicht ändern.“
Ungefährt zwei Monate später ist sie nach Palästina zurück gereist. Und ich habe nie wieder etwas von ihr gehört. Das war sehr traurig.
Aus Hajo Jahn (Hrsg.): Wo soll ich hin? Zuflucht Zürich – Fluchtpunkt Poesie, Peter Hammer Verlag, 2007
Die kleine Person, die diesen Namen trug und an deren Händen und Gesicht ihre Lebendigkeit beständig herumriß, ist in die Stille eingegangen. Im Morgenland hatte sie immer schon ein zweites Leben geführt; ihre Hebräischen Balladen geben dafür ein sie und den Orient bestätigendes Zeugnis. Die Phantasie war stärker als alles in ihr und geriet beim geringsten Anlaß ins Brennen, alle Konventionen und vernünftigen Sicherungen schmelzend. Ihre Heftigkeit und Leidenschaftlichkeit kamen aus der Phantasie, wurden von ihr genährt und überwanden die Wirklichkeit für Augenblicke. Als Prinz von Theben oder Jussuf pflegte sie zu unterschreiben, und alles, was mit ihren Händen in Berührung kam, trug nachher ihr Zeichen, den Halbmond, der einen Stern umfängt, ihren.
Sie war 1871 in Elberfeld zu den beiden Welten gekommen, zwischen denen sie sich ruhelos bewegte.
Wir wohnten am Fuße des Hügels… Wer ein rotes, springendes Herz hatte, war in fünf Minuten bei den Beeren.
Dieser Satz, so einfach sein Vorwurf ist, kann einzig von ihr stammen; er enthält einen Schlag ihres roten, springenden Herzens. Sie wußte zu lieben und zu verehren wie wenige, und sie erhöhte ihre Freunde, wie es ihr gerade einfiel. „Seine Gedichte: singende Thesen. Er war wohl Martin Luther“, behauptet sie in einem Gedicht auf Georg Trakl. Von der Vernunft her gesehen, stimmt das alles nicht; für den von ihrer Liebe weitergedichteten Trakl stimmt es aufs Haar. Sie machte Helden und Heilige, ohne sorgfältig abzuwägen und zu bedenken, denn sie war verschwenderischen Herzens und warf die Gnaden hin, die sie zu verschenken hatte. Die Balladen widmete sie „Karl Kraus, dem Kardinal“, Peter Hille empfing eine Widmung:
Dem großen Propheten St. Peter Hille in Ehrfurcht
Ihren Freund Wilhelm Schmidtbonn verklärt sie im Gedicht:
Er ist der Dichter, dem der Schlüssel
Zur Steinzeit vermacht wurde.
Adam, den Urkäfer trägt er,
Ein Skarabäus im Ring.
Sein markisches Gesicht strömt immer
Zwei dämmerblaue Kräfte aus.
Er ist aus Laub und Rinde,
Morgenfrühe und Kentauerblut…
Sie bestand aus dem vollen Vertrauen in ihre Eingebungen, und sie kam daher in einer farbigen Wolke schwirrender Metaphern. Alles, was sie aus der Sprache hob, wurde Bild, Vergleich, Umschreibung, neuer Tonfall, manchmal über alles Maß hinaus. Aber wo die europäischen strengeren Maße überwuchert werden, ist auch ihr Geltungsbereich überflogen und bereits ein Orient erreicht, der anders mißt.
Ich kann die Sprache
Dieses kühlen Landes nicht,
Und seinen Schritt nicht gehn.
– – – – – – –
Immer muß ich an die Pharaonenwälder denken
Und küsse die Bilder meiner Sterne.
Die Sprache, deren Schritt auch der ihre ist, geht so:
Pharao ist von Gold.
Seine Augen gehen und kommen
Wie schillernde Nilwellen.
Sein Herz aber liegt in meinem Blut.
Zehn Wölfe gingen an meine Tränke.
– – – – – – –
Darum dichten meine Lippen
Große Süßigkeiten
Im Weizen unseres Morgens.
Wie wenige verstand sie es, Freunde anzudichten oder Gedichte zu widmen: Dehmel, Trakl, Zech, Werfel, Däubler, Benn, Georg Groß, Fritz Huf und andere gehören zu den Beschenkten; eines der schönsten Gedichte ist das „Gebet“, welches die Widmung trägt „Meinem teuren Halbbruder, dem Blauen Reiter“ und im Gedenken an den im Krieg 1916 gefallenen Maler Franz Marc geschrieben wurde.
Zwei Heimatlosigkeiten trug Else Lasker-Schüler in sich; beiden mußte sie an Schmerz entrichten, was jene ihr abverlangten, der Jüdin aus Wuppertal, die in deutscher Sprache zu zaubern die Gabe hatte. Doch war etwas in ihr, das sich überhaupt nicht beheimaten ließ und das sich entdeckte, wenn sie begehrend und heftig und bildreich wie die Psalmen Gott anrief. Bei ihr war es glaubhaft, daß sie seinen Namen „nicht unnützlich“ im Mund führte wie so viele, da sie sich blindlings in den Einsatz warf und doch stets bewahrt blieb, als die sie geschaffen war. Irdisch verstrickt und überirdisch hingewandt: beides war sie immerfort. Eine hitzige Mutter, ein stürmischer Freund, ein himmlisch berührtes Erdenkind ist mit ihr von uns gegangen.
Und bin doch dein spielender Herzschelm, Erde,
Denn mein Herz murmelt das Lied
Moosalter Bäche der Wälder.
Max Rychner, Die Tat, Nr. 47, 17./18.2.1945
… Es ist schwer, die Dichterin, dieses Quecksilber, zu schildern; ich winde mich. Sie trat unter die Menschen wie ein Gewitter; gleich sandte sie denn auch gegen die einen Blitze, die anderen hüllte sie in die warmen Wolken ihrer Gunst. Ich weiß nicht, aus welchen Gründen sie Walther Meier und mich (und andere noch) von Anfang an auszeichnete und in all ihre Lebenswirren großherzig einweihte: in einer unbeschreiblichen Tasche kramend, in der sie selbst Platz gehabt hätte, förderte sie beständig allerlei Dokumente zutage, aber immer andere, als sie wollte und brauchte, das Gespräch zickzackte dazu in nie zu ahnenden Richtungen, eine große Traumliebe zu einem jungen Sindaco spielte in den zwanziger Jahren eine ungemeine Rolle: sie erhöhte in ihrer Phantasie einen Tessiner zu prinzlich-thebanischer Ebenbürtigkeit und konnte sich um seinetwillen bis zu höchsten Graden aufregen. Dies alles im Café, im Odeon, gleichgültig wer zuhörte und teilnahm.
Einen großen Teil der Welt erklärte sie von vornherein als nichtexistent und behandelte ihn danach. Den anderen Teil übertrieb sie und machte Himmel, Erde und Hölle daraus. Man mußte den Nimbus gewisser Schlüsselworte kennen. „Die Wupper“, sagte sie, und während ich noch des Wahnes war, es handle sich um ein unbeträchtliches Rinnsal in der Ruhrgegend, fuhren ihre Arme aus, die Augen wurden groß, und sie erzählte, daß einem aufging, Vater Nil und Mutter Wupper seien wohl von den ungeheuersten Veranstaltungen hienieden. Sie sprach vom Fluß, der bald Styx, bald Lethe, bald der Phrat des Paradieses war, so wie sie ihn im Augenblick brauchte. Alles von den Menschen Ausgemachte, Feststehende, Berechnete war für sie nicht da; durch sie hindurch zogen beständig urtümliche Bilder, und diese waren ihre Wirklichkeit. Ihnen hatte man sich zu bequemen.
Sie hatte etwas Heftiges an sich und konnte aus der Haut fahren. Der Anlaß war stets unergründlich; jedoch mit aller Phantastik verband sie eine tiefe Witterung für Menschen, merkte bald, wer nicht zu ihr gehöre, und entfernte die ihr nicht Zusagenden mit höchster Energie weit von sich. Ich habe es erlebt; es traf natürlich einen aufrichtigen Verehrer. „Ich kann ihn ja nicht ausstehn!“ rief sie, noch während er sich vom Tisch erhob, und zeichnete sein etwas groß geratenes Kinn wie ein Mondhorn in die Luft, mit der Hand an ihrem Kinn ansetzend, damit es auch deutlich ausfalle.
Sie liebte „die wilden Juden“ (ihre Worte), die Kämpfer, die Mackabäer. Das Ungezähmte sprach sie an; sie wollte Energie, Kraft, Phantasie spüren – die lange Geduld des Bändigens hatte sie in ihrer Kunst nicht. Aber anderes in Fülle!…
Die Gespräche mit ihr verliefen in Rösselsprüngen, bei denen nach jedem Zug wieder neue Regeln ins Spiel traten, die man jedoch hinterher selber ermitteln mußte. Viele nannten das regellos.
Die Einmaligkeit dieser Erscheinung ist natürlich nicht voll zu erfassen von ihrem meteorhaft pfauchenden Durchfahren der menschlichen Gesellschaft her, so wichtig auch jede ihrer Gebärden war. Denn jede zeigte an, daß sie mit ihrem Leben, ihrer Seele, mit der Sprache alles wagte und in jedem Augenblick alles aufs Spiel setzte. „Mich hat niemand lieb“, steht in einem Gedicht; jeder Tag schien das hundertfach zu widerlegen; aber im Sinne dessen, was sie unter Liebe verstand, hatte sie recht, denn das war auf menschlicher Ebene nicht zu leisten. Sie taumelte über diese Erde, weil sie von Gott geschlagen war und alle Gleichgewichte vor ihr nicht mehr stimmten. Aber damit waren auch alle Quellen ihrer Sprache angeschlagen und strömten, wild und dann wieder mit sulamithischer Süße, in einem Strom, dessen Fläche vom Innern her Bilder in die Welt spiegelte, nicht die der Welt empfing. Sie konnte dabei wahllos verfahren, denn in ihr war schon ausgewählt; diese Sicherheit trug sie.
Ich glaube nicht, daß es für sie Kunstprobleme gegeben hat; sie konnte dichten wie weinen, mit der Richtigkeit eines Naturvorganges, wobei ja das Naturhafte auch nur ein Aspekt ist. Hat es das Wort „allerlanden“ vor ihr gegeben? Nicht daß ich wüßte; aber nun ist es da und gehört in den Grimm, und nicht nur die heutige Sprache, nein, auch die vergangenen Jahrhunderte sind einverstanden mit ihm, und ihre Worte begrüßen es als ihresgleichen. Das ist ein Fall von Kühnheit im Schlichten; Beispiele von Wortschöpfungen im Seltenen, Extremen fallen stärker auf. Es gibt in diesem Werke Verse, an denen die Sterne mitgedichtet haben.
Wie ist es ihr die letzte Zeit in Jerusalem ergangen? In Berlin wollte ich sie einmal an der Motzstraße besuchen; in einem riesigen wimmelnden Haus wohnte sie damals dort; ich fühlte mich doppelt so schwer werden beim Anblick des bedrückend freudlosen Zementklotzes, in dem doch ein Zimmer Theben umfaßte und Oasen und eine ganze Welt früher Schöpfung…
Max Rychner, aus Else Lasker-Schüler: Dichtungen und Dokumente. Hrsg. Von Ernst Ginsberg, Kösel, 1951 (Die mit Auslassungszeichen markierten Textkürzungen wurden von Ernst Ginsberg vorgenommen. Der Text wurde von Max Rychner für die Ausgabe Max Rychner: Arachne. Aufsätze zur Literatur, Manesse 1957 leicht überarbeitet. Der Originalbrief konnte nicht wieder aufgefunden werden.)
Else Lasker-Schüler (geb. 11.2.1869 – gest. 22.1.1945)
Der Fels wird morsch.
Dem ich entspringe
Und meine Gotteslieder singe…
Jäh stürz ich vom Weg
Und riesele ganz in mir
Fernab, allein über Klagegestein
Dem Meer zu.
Hab mich so abgeströmt
Von meines Blutes
Mostvergorenheit.
Und immer, immer noch der Widerhall
In mir.
Wenn schauerlich gen Ost
Das morsche Felsgebein,
Mein Volk,
Zu Gott schreit.1
Mit diesem Gedicht unter dem Titel „Mein Volk“ gibt sich Else Lasker-Schüler unzweideutig als jüdische Dichterin zu erkennen. Es erschien erstmals 1913 in der Sammlung Hebräische Balladen, in der sie verschiedenen biblischen Figuren lyrische Gestalt verleiht. Das Bild des jüdischen Volks als morscher Fels verweist auf die uralte Geschichte des Volkes, das wie ein Fels in der Brandung des sich stetig wandelnden Meeres erscheint, aber im Laufe dieser Geschichte eben auch alt und zerbrechlich geworden ist. In dieses Meer der Geschichte rieselt das lyrische Ich, das dem Volk entsprang, jetzt völlig allein gelassen unter den Klagen des Volkes. Eine lyrisch außerordentlich verdichtete und sensible Vorausahnung der Autorin im Blick auf das künftige Schicksal des jüdischen Volks und jedes einzelnen Juden im Hitlerfaschismus. In der zweiten Strophe verstärkt sich diese Klage: die Mostvergorenheit des Blutes, die das Ich abströmen will, deutet auf seine Bemühungen, die Bestimmung des Juden, Most in der Weinkelter Gottes zu sein, abzulegen, sich seiner Umwelt anzupassen. Sie misslingen, weil die Klageschreie des Volkes im Innern widerhallen. Else Lasker-Schüler geht mit diesem Ich-Verständnis über die gängige Auffassung hinaus, dass Judentum sich vor allem oder ausschließlich aus dem Religiösen bestimme. Obwohl sie in Deutschland geboren wird und als deutsches bürgerliches Kind aufwächst und erzogen wird, bekennt sie sich zum Judentum als dem durch die Geschichte geschundenen, zum Leiden erwählten jüdischen Volk, geradezu zum jüdischen Blut.
Sie wird am 11. Februar 1869 in Elberfeld, heute Wuppertal, geboren, als Kind des jüdischen Privatbankers Aron Schüler und seiner dichterisch veranlagten Ehefrau Jeanette Kissing. Sie besucht die Schule, bis sie mit 11 Jahren am sogenannten Veitstanz erkrankt. Schon in der Schule fällt sie als verträumtes, von vielerlei Phantasien geplagtes Kind auf, das nur im Religionsunterricht aufwacht, wenn es um den Erzählreichtum biblischer Geschichten geht. Zugleich nimmt sie sich in gewisser Weise als Außenseiterin wahr, wenn ihr auf der Straße die christlichen Kinder den bekannten Spottvers auf Juden „Hepp, hepp“ nachrufen. Sie erhält nur noch Privatunterricht, verbringt Stunden im Gebet und sehnt sich schon im frühen Alter nach dem ewigen Jerusalem. Der Umgang mit den biblischen Geschichten bleibt und verdichtet sich später in den Hebräischen Balladen zu intensiven lyrischen Bildern biblischer Figuren.
1884 heiratet sie den acht Jahre älteren Arzt Jonathan Berthold Lasker, mit dem sie 1885 nach Berlin zieht. Über das Eheleben ist wenig bekannt, aber Else stürzt sich in das Leben der Berliner Intellektuellen-Bohème und hat ein eigenes Atelier, wo ihre ersten Zeichnungen entstehen. Die Eheleute trennen sich bald und am 24. August 1899 wird ihr Sohn Paul geboren, dessen Vater sie mystifiziert und verschweigt. In dieser Zeit lernt sie den Dichter Peter Hille kennen, der zu ihrem poetischen und geistigen Förderer wird, was sie 1906 in ihrem Peter Hille-Buch dokumentiert. Ihm verdankt sie auch ihr Selbstbildnis als Tino von Bagdad (1907) und ihre orientalisierende Welt. Er beschreibt sie:
Else Lasker-Schüler ist die jüdische Dichterin. Was Deborah! Sie hat Schwingen und Fesseln, Jauchzen des Kindes, der seligen Braut fromme Inbrunst, das müde Blut verbannter Jahrtausende und greiser Kränkungen… Ihr Dichtgeist ist schwarzer Diamant, der in ihre Stirn schneidet und wehetut. Sehr wehe. Der schwarze Schwan Israels, eine Sappho, der die Welt entzwei gegangen ist.
…
Sie tollt sich mit dem alternsten Jahve, und ihr Mutterseelchen plaudert von ihrem Knaben.2
1903 lässt sie sich von Lasker scheiden und heiratet ein halbes Jahr später den Musiker und späteren Journalisten Georg Levin, dem sie den Namen Herwarth Walden gibt. Aber auch diese Ehe scheitert 1910 bereits wieder, worunter Else Lasker-Schüler lange schwer leidet. 1909 erscheint ihr erstes Bühnenstück Die Wupper, in dem sie die sozialen und religiösen Gegensätze der Industriegesellschaft des Wuppertales thematisiert. Bereits hier zeigt sich, was die Lasker-Schüler-Forschung oft verneint oder vernachlässigt, dass die Dichterin durchaus nicht nur in poetischen Phantasiewelten beheimatet ist, sondern ein waches Gespür für die politischen Probleme ihrer Zeit hat. In den Folgejahren begegnet sie Gottfried Benn, Franz Marc, Franz Werfel, Georg Trakl, den Brüdern Herzfeld, George Grosz, Peter Baum und vielen anderen Dichtern und Künstlern, denen sie jeweils poetische Namen aus ihrer Phantasiewelt gibt und Gedichte widmet.
Else Lasker-Schüler ist zeit ihres Lebens eine vereinsamte, arme Frau geblieben. Sie lebte weitgehend von Spenden von ihren Freunden, die mehrmals in eigenen öffentlichen Appellen zur Unterstützung der Dichterin aufrufen. Wahre, dauerhafte Liebe zu einem Mann ist ihr verwehrt geblieben, die Realisierung ihrer Liebe zu ihrer Mutter und vor allem zu ihrem Sohn wurde durch deren frühen Tod jäh abgebrochen. Ihre Gedichte sind voll Liebessehnsucht und Klagen über deren Verlust. Aus dieser realen Vereinsamung und Armut rettet sie sich nur durch den Rückzug in ihre Phantasiewelt und Dichtung, wobei sie nicht mehr zwischen Phantasie und Dichtung unterscheidet: Sie wird zu der Phantasiegestalt des Prinzen Jussuf von Theben, unterschreibt ihre Briefe bis an ihr Lebensende nur noch mit „Jussuf“ und verweist damit unübersehbar auf ihre androgyne Geschlechtsauffassung. Sie kleidet sich in die Gewänder ihrer Phantasiegestalten, wodurch sie natürlich in den Straßen und Cafés Berlins auffällt. Sie wird von Zeitgenossen durchgängig als knabenhafte Erscheinung, klein, schlank, mit schwarzen burschikos geschnittenen Haaren und dunkel glühenden Augen beschrieben, als eine exotische Person. Ihr Phantasieland Theben ist zugleich orientalisch und das alte Israel. Das wird besonders anschaulich in den von ihr selbst gezeichneten Illustrationen in dem 1923 in nur 350 Exemplaren erschienenen Prachtband Theben. Gedichte und Lithographien, in den sie einige der Hebräischen Balladen wieder aufnimmt, darunter auch „Mein Volk:“ sie zeigen typisch orientalische Stadtbilder oder orientalisch gekleidete Jünglinge wie den Prinzen Jussuf.
Schon in diesen Hebräischen Balladen wird ihre Begeisterung für androgyne Jünglinge deutlich: So z.B. im Gegensatz der alttestamentarischen Brüder Kain und Abel:
ABEL
Kains Augen sind nicht gottwohlgefällig.
Abels Angesicht ist ein goldener Garten,
Abels Augen sind Nachtigallen.
Immer singt Abel so hell
Zu den Saiten seiner Seele,
Aber durch Kains Leib führen die Gräben der Stadt.
Und er wird seinen Bruder erschlagen –
Abel, Abel, dein Blut färbt den Himmel tief.
Wo ist Kain, da ich ihn stürmen will:
Hast du die Süßvögel erschlagen
In deines Bruders Angesicht?!!3
Nicht nur arbeitet sie den Frevel des Brudermords scharf heraus, sondern sie ergreift auch deutlich Partei: für den zarten Hirtenknaben mit den Augen wie Nachtigallen, Süßvögel, und gegen den erdverbundenen Ackerbauern, den sie „stürmen“ will wie eine Stadt, deren (Abfall-) Gräben durch seinen Leib führen, ihn gewissermaßen verseuchen.
Ein anderes Brüderpaar sind Isaak und Ismael, die Söhne des Urvaters Abraham. Isaak ist der spätgeborene Sohn von Abrahams Frau Sarah, Ismael derjenige der Magd Hagar. Sie werden durch die Vertreibung von Ismaels Mutter getrennt. Ismael, von dem der Legende nach der Prophet Mohamed abstammt, verkommt nach Lasker-Schüler mit seiner Mutter im heißen Wüstensand. Die Dichterin betrauert diese Trennung und das Schicksal Ismaels und hebt demgegenüber die enge Vertrautheit der brüderlichen Knaben hervor:
HAGAR UND ISMAEL
Mit Muscheln spielten Abrahams kleine Söhne
Und ließen schwimmen die Permutterkähne;
Dann lehnte Isaak bang sich an den Ismael
Und traurig sangen die zwei schwarzen Schwäne
Um ihre bunte Welt ganz dunkle Töne,
Und die verstoßne Hagar raubte ihren Sohn sich schnell.
Vergoß in seine kleine ihre große Träne,
Und ihre Herzen rauschten wie der heilige Quell,
Und übereilten noch die Straußenhähne.
Die Sonne aber brannte auf die Wüste grell
Und Hagar und ihr Knäblein sanken in das gelbe Fell
Und bissen in den heißen Sand die weißen Negerzähne.4
Am deutlichsten wird die Faszination der Dichterin an den Beziehungen zwischen jungen Männern in den beiden Gedichten über das Freundespaar David und Jonathan:
DAVID UND JONATHAN
In der Bibel stehn wir geschrieben
Buntumschlungen.
Aber unsere Knabenspiele
Leben weiter im Stern.
Ich bin David,
Du mein Spielgefährte.
O, wir färbten
unsere weißen Widderherzen rot!
Wie die Knospen an den Liebespsalmen
Unter Feiertagshimmel.
Deine Abschiedsaugen aber –
Immer nimmst du still im Kusse Abschied.
Und was soll dein Herz
Noch ohne meines –
Deine Süßnacht
ohne meine Lieder.5
Unüberhörbar ist hier das erotische Moment der Beziehung: die rot gefärbten „Widderherzen“ assoziieren unschwer Blutsbrüderschaft, die als „Knospen an den Liebespsalmen“ mehr als nur Männerfreundschaft bedeutet. Die Vereinigung der Herzen gipfelt in der „Süßnacht“, der die Lieder des Sängers David gelten. Vielleicht noch deutlicher wird dieses erotische Moment sichtbar im zweiten Gedicht:
DAVID UND JONATHAN
O Jonathan, ich blasse hin in deinem Schoß,
Mein Herz fällt feierlich in dunkle Falten;
In meiner Schläfe pflege du den Mond,
Des Sternes Gold sollst du erhalten.
Du bist mein Himmel mein, du Liebgenoß.
Ich hab so säumerisch die kühle Welt
Fern immer nur im Bach geschaut…
Doch nun, da sie aus meinem Auge fällt.
Von deiner Liebe aufgetaut…
O Jonathan, nimm du die königliche Träne,
Sie schimmert weich und reich wie eine Braut.
O Jonathan, du Blut der süßen Feige,
Duftendes Gehang an meinem Zweige,
Du Ring in meiner Lippe Haut.6
Es sind die gleichen sehnsuchts- und liebevollen Metaphern, mit denen sie auch ihr Verhältnis zu realen geliebten Männern ausstattet: das Dahinblassen im Schoß des Geliebten, das Gold der Sterne, der Tau der Liebe, der Reichtum der Braut, die süße Feige usw. Ihr hebräisches Israel ist ein friedliches Land voll Liebe und Schmerz, in dem sie sich als der Mädchenjunge Jussuf oder als die Engelsbraut Sulamith verortet. Ein Land, in dem die „Nachtwolke den Zederntraum trinkt“, in dem ihr wahres Leben „winkt“, in dem sie das ewige Jerusalem in „Abendfarben“ erschaut:
SULAMITH
O, ich lernte an deinem süßen Munde
Zuviel der Seligkeiten kennen!
Schon fühl ich die Lippen Gabriels
Auf meinem Herzen brennen…
Und die Nachtwolke trinkt
meinen tiefen Zederntraum.
O, wie dein Leben mir winkt!
Und ich vergehe
Mit blühendem Herzeleid
Und verwehe im Weltraum,
In Zeit,
In Ewigkeit,
Und meine Seele verglüht in den Abendfarben
Jerusalems.7
Die Sehnsucht nach dem ewigen Jerusalem ist eines der Grundthemen der Dichtung Lasker-Schülers. Seit ihrer Kindheit träumt sie in vielfarbigen Phantasien davon. Sie ist jedoch bei allen glühenden Farben, die sie ihr gibt, immer auch umstellt von Erfahrungen und Bildern der Verfolgung des aus dem realen Jerusalem vertriebenen und in aller Welt verfolgten jüdischen Volkes. Es ist die „Nachtwolke“, die den Traum von den Zedern des gelobten Landes „trinkt“. Biographisch bestätigt sich die „Nachtwolke“, in der sie sich wiederfindet, durch die Geschehnisse des 1. Weltkrieges, der dem leichtfertigen Bohème-Leben der Berliner Cafés ein krasses Ende setzt und in dem die wichtigsten ihrer Freunde sterben. Jetzt unternimmt sie zusammen mit Franz Werfel, Theodor Däubler und George Grosz Vortragsreisen mit einem Antikriegsprogramm. Und sie schreibt die Erzählung „Der Wunderrabbiner von Barcelona“, die 1921 erscheint.
In ihr reflektiert sie, versetzt in eine mythisch-mittelalterliche Welt der spanischen Christianisierung und Judenvertreibung, Fragmente ihrer eigenen Familiengeschichte und ihrer persönlichen Erfahrungen als geächtete Jüdin. Schon in dem Gedicht „Gott hör…“, mit dem sie die Erzählung eröffnet, schlägt sich ihre eigene Not, Angst vor Einsamkeit und Vorahnung des NS-faschistischen Judenhasses eindrucksvoll nieder:
GOTT HÖR…
Um meine Augen zieht die Nacht sich
Wie ein Ring zusammen.
Mein Puls verwandelte das Blut in Flammen
Und doch war alles grau und kalt um mich.
O Gott und bei lebendigem Tage
Träum ich vom Tod.
Im Wasser trink ich ihn und würge ihn im Brot.
Für meine Traurigkeit fehlt jedes Maß auf deiner Waage.
Gott hör, in deiner blauen Lieblingsfarbe
sang ich das Lied von deines Himmels Dach.
Und wurde doch für deinen ewigen Hauch zu wach.
Mein Herz schämt sich vor dir fast seiner tauben Narbe.
Wo ende ich, o Gott, denn in die Sterne,
Auch in dem Mond sah ich, in alle deiner Früchte Tal.
Der rote Wein wird schon in seiner Beere schal
Und überall die Bitternis in jedem Kerne.8
Wenn sie im Folgenden von dem Pogrom an den Juden des mythischen Barcelona erzählt, so erscheinen ihr die Flammen schon hier in ihrem Blut; wenn sie vom golden gewölbten Dach des Palastes erzählt, den die Juden ihrem Wunderrabbi bauen, so singt sie schon im Gedicht davon. „Wo ende ich?“ markiert lyrisch verkürzt die ganz reale Todesangst der Jüdin in ihrer Verlassenheit und Verfolgung. Gegenüber dem Ernst dieser Schreie des Gedichts erscheint die folgende Erzählung geradezu märchenhaft, mythisch distanziert:
Die Bevölkerung von Barcelona befleißigte sich in den Wochen, die Eleasar in Alt-Asien in frommen Betrachtungen verlebte, die Juden zu verfolgen. Sie waren es wieder, die den Handel mit übermäßigen Preisen den spanischen Kaufleuten erschwerten, zu gleicher Zeit aber mit ihrem Erlöserehrgeiz sich breit machten in den unteren armen Schichten der Stadt. Apostelgestalten predigten Gleichheit und Brüderlichkeit und sie brachen ihr Herz in der Brust und reichten es den Armen, wie Jesus von Nazareth unter ihnen teilte seines blauen Herzens Brot. Doch wie sich die Juden auch gebärdeten, sie erregten Ärgernisse, die im Grunde von einem einzigen enttäuschten Spanier herrührten, der irgend eine ungünstige Auseinandersetzung mit einem Hebräer erlebt hatte, und in das Volk geschickt gespielt wurde. Eleasar, der Wunderrabbi, kehrte auch in diesem Jahr zur gegebenen Zeit nach Barcelona zurück.
…
In diesem Jahr aber beabsichtigten die Juden nicht länger, ihrem heilgen Juwel die Leiden, die ihrer in seiner Abwesenheit alljährlich erwarteten, vorzuenthalten, da er sein großes Angesicht der Stadt entwand. An demselben nebeltauen Abend in einem Keller versammelt, beschlossen die bedrängten Edeljuden, diese Welt zu verlassen. Überall verstreut, eingepflanzt, der Teige Zutat, sie zu süßen überdrüssig, um eines bitteren, geringfügigen Beigeschmacks, ein ganzes Volk, schon seit Jahrtausenden gedemütigt zu werden. So empfanden die geplagten Juden dumpf ihr Geschick. Höher stieg in allen die Sehnsucht nach dem verlorenen Lande, das ihnen etwa auch nur verpachtet gewesen war, und jeder von ihnen benetzte feierlich das Beet seiner Erinnerung; wo sie landen würden, konnte ihnen auch nicht ihr Wunderrabbiner verraten; hatten doch einige jüngere Juden Wurzel gefaßt in Spaniens Erde berückendem Rosenrausch, auch ihre Schwestern mit den Jerusalemaugen schmerzlich erweckt den Christ. Aber der besorgten Gemeinde antwortete Eleasar: „Wer das gelobte Land nicht im Herzen trägt, der wird es nie erreichen.“9
Die jüdische Dichterin Amra, Tochter des berühmten Baumeisters Arion Elevantos, verliebt sich schon als Kind in den Sohn Pablo des spanischen Bürgermeisters, ein Verhältnis zwischen einer Jüdin und einem Christen, das verwerflich ist und geheim gehalten werden muss. Als die beiden in einem Schiff, das wie durch Zauberhand eines Tages mitten auf dem Marktplatz landet, aus der Stadt entschwinden, entsteht ein Aufruhr:
In der Nacht begann, durch die Weigerung des Wunderrabbiners aufgereizt, die Christen fühlten sich nun berechtigt, der Pogrom. Gabriel, der falsche Erzengel, der böse Zauberer, schrien die Spanier, ihre Fäuste reckten sich auf zum Hügel, habe das große Schiff aus seinem Meere gelockt, und ihm zu diesem Spuk kein anderer beigestanden wie Arion Elevantos, der die Wölbungen, die Geheimnisse, die Schliche des Judenpalastes, da er ihn gebaut habe, kenne und seines Insassen böse Kräfte, die den Atem der Barcelonesen erstarren lassen konnten. In der Bibel schon verkroch der Teufel sich hinter seiner Sünden Kerbholz, und totschlagen, „Schlagt ihn tot, den alten Kuppler“!!! die verwirrten Christen abergläubisch begnügten sich, die Fenster ihres guten, fröhlichen Bauherrn einzuschlagen; vergaßen, daß er den Armen Barcelonas, Tausenden und Abertausenden, unentgeltlich Obdach gab in seinen Bauten. Sie knebelten ihn; er aber lachte in seiner Bestürzung, wie er als Knabe aufzujauchzen pflegte, wenn ein Spielgefährte ihn packte im Räuber- und Gendarmspiel; bis das Weib des Bürgermeisters nahte und die schon betroffenen Leute aufpeitschte, den Vater der Judentochter, die ihren Sohn entführt habe, zu töten. Sie selbst riß dem unschuldigen Opfer das Herz aus der Brust, einen roten Grundstein zu legen, daran die herrenlosen Hunde ihr Geschäft verrichten sollten. Und die Juden, die an den Namen Jehovas immer von neuem erwacht waren, lagen alle verstümmelt, zerbissen, Gesichter vom Körper getrennt, Kinderhände und Füßlein, zartestes Menschenlaub auf den Gassen umher, in die man die Armen wie Vieh getrieben hatte.10
Eleasar übersteht das Pogrom und hat die Vision der Schöpfungsgeschichte, in der das jüdische Volk von Gott vor allen anderen Völkern mit einem göttlichen Licht ausgezeichnet wird, das es in jedes Land, in jedes Volk tragen soll. Während die anderen Völker mit je einer eigenen Heimat dafür „entschädigt“ werden, wagt Eleasar nicht, den Juden, die sich nach ihrer eigenen Heimat sehnen, zu sagen, daß Palästina nur die Sternwarte ihrer Heimat sei. In ohnmächtiger Trauer umfaßt er schließlich die Säulen seines Hauses und bringt es, wie einst der biblische Richter Samson, zum Einsturz:
Ein ungeheurer Steinbruch aber. Er, der Wunderrabbiner, ein Volk stürzte sich vom heiligen Hügel, den das goldene zerbröckelte Mosaik der Kuppel verklärte, auf die Christen Barcelonas, die den letzten gequälten Juden reuevoll zur Ruhe legten, und erlosch ihre Erleuchtung, zermalmte ihre Körper.11
Else Lasker-Schüler themathisiert in dieser Erzählung noch in märchenhaft-mythischer Verschleierung und auf weite Strecken nachgerade lyrischer sprachlicher Gestaltung ihr Lebensproblem: die Erfahrung der Zugehörigkeit zum jüdischen Volk, die Erfahrung der alltäglichen Diskriminierung, das Wissen um die historische Verfolgung und die Angst vor einer individuellen wie kollektiven Zukunft des gesellschaftlichen kulturellen Niedergangs und Chaos, wie sie sich im NS-Terror verwirklichen soll.
In den 20er Jahren wächst ihr Ansehen als Dichterin und Essayistin, für die sich u.a. Gottfried Benn und Karl Kraus, aber auch, trotz der Ehescheidung 1912 ihr Mann Herwarth Walden stark machen. 1920 erscheinen ihre Gedichte und Prosatexte in einer 10bändigen Gesamtausgabe im Verlag Paul Cassirer. Sie unternimmt Vortragsreisen in die Schweiz, nach Venedig und Wien. 1932 erhält sie den begehrten Kleistpreis, im gleichen Jahr erscheinen ihre Erzählung „Arthur Aronymus. Die Geschichte meines Vaters“ und das gleichnamige Drama. Auch hier greift sie, anhand ihrer eigenen, teils phantastisch ausgemalten Familiengeschichte das Thema der Judenverfolgung auf: der legendäre Oberrabbi von Rheinland und Westfalen, der Großvater der Ich-Erzählerin, erzählt am Eingang seinen 23 Kindern die himmelschreiende Tragödie aus seiner Jugendzeit, die sich am Heiligen Abend der Christenheit abspielte mit allen Schrecknissen beizender Gewürze:
Wie heute brannten die Tannenbäume hinter den Scheiben der geistlichen Hauptstadt Westfalens, als sich das blutige Pogrom abspielte. Unschuldig vergossenes Judenblut klagte über die Grenzen des Heimatlandes, dunkel über den Rhein und pochte an die Judenherzen anderer Reiche; im unheimlichen Echo an die Erdteile der Welt. An den geschmückten Zweigen der hohen Tannenbäume im Rathaussaale, in der Aula der Schulen, hatte man kleine Judenkinder wie Konfekt aufgehängt. Zarte Händchen und blutbespritzte Füßchen lagen, verfallenes und totes Laub, auf den Gassen des Ghettos umher, wo man den damaligen Juden gestattete, sich niederzulassen. Entblößte Körper, sie eindringlicher mißhandeln zu können, bluteten zerrissen auf Splittern der Fenstergläser gespießt, unbeachtet unter kaltem Himmel.12
Zu den 23 Kindern, denen diese Tragödie erzählt wird, gehört auch der zu der Zeit sechsjährige Arthur Aronymus, genannt der „Kleine Papa“, der als Wildfang nicht still zuhören kann. Mit seiner Phantasie und Schlagfertigkeit wird er von den älteren Geschwistern wie von allen Erwachsenen geliebt. Nach dem Tod des Alten erinnert sich die Mutter an jenes Pogrom:
Durch alle Zeitungen eilte die blutige Kunde in die Welt. Einzelne Christen gaben den Hebräern den gutgesinnten Rat, weniger industrielle Berufe zu ergreifen, ohne des Paragraphen zu gedenken, der den Juden den Zugang zu christlichen Lehranstalten verbot. Und Priester hungerten genug im jüdischen Volke. Aus Spanien hatten man sie fast alle schon mit ihren Gemeinden vertrieben oder sie gezwungen, zum christlichen Glauben überzutreten. Der Großvater-Rabbuni betete so oft im Tempel für die Maranen, Juden, die man in fremde Krüge gegossen hatte, des Henkels entledigt und deren man sich darum nicht mehr so leicht wieder bemächtigen konnte. Daß tausendjährige Sehnsucht doch einmal den Stein sprengen werde – und wenn auch nach Jahrhunderten, prophezeite Arthur Aronymus’ ehrwürdiger Großvater-Rabbuni.
Weinende spanische Juden kamen so oft zu seinem Großpapa und suchten Trost bei ihm. In den engen Gassen des Ghettos bildeten sie Gruppen mit der ansässigen Judenbevölkerung, sich in wirtschaftlichen, vor allem in religiösen Fragen zu einigen. Stoff war ja im Überfluß vorhanden, leider mit Blut gefärbter Stoff; ihn zu prüfen, zu beschneiden, endlich die erlösende Form zu enträtseln, aller Bedrängten Wunsch. Manche unter ihnen trugen Flor um den Arm, besonders Ergriffene wankten in ärmlichen Sackleinen gehüllt durch die Winkel des Judenviertels in den vertrauten Synagogentempel. Ihre Augen waren ausgebrannt, grau verweint, Asche. Ins Gedächtnis stiegen diese Erinnerungen Arthurs lieber Mutter und sie weinte bitterlich, ihren kleinen Schelm an der Hand führend, vom Bahnhof bis vor das Haus des verstorbenen Großvaters.13
Arthur schließt eine merkwürdige Freundschaft mit dem von seinen Schwestern bewunderten christlichen Pfarrer, der ihn zum Weihnachtsfest einlädt. Als der jedoch seine kleine Nichte rügt, sie solle doch kein kleines Judenmädchen werden, erkennt Arthur in der kleinen Bemerkung sofort den versteckten Antisemitismus und verlässt das Pfarrhaus fluchtartig. Als seine Schwester Dora vom Veitstanz befallen wird, braut sich ein Pogrom gegen die Familie zusammen, in dem die „Hexe“ verbrannt werden soll:
Die Christen in Güseke freuten sich schon auf die weihnachtliche Sensation, „auf Dora auf dem Scheiterhaufen“. Ein Witzbold hatte behende ein Liedchen darauf ersonnen. Erst eine einzige Hexe hatten sie verbrennen sehen, nicht weit von ihrer Heimat. Und mancher der Dorfbewohner eilte ungeduldig in diesem Jahr schon lange der Weihnacht entgegen. Im Gutshause aber war man noch zu keinem annehmbaren Resultat gelangt, die Katastrophe, die ihrem Hause bevorstand, aufzuhalten.14
Doch der Pfarrer, inzwischen zum Intimus des Bischofs aufgestiegen, bringt in letzter Minute den befreienden Hirtenbrief, in dem die Christen ermahnt werden, von ihren sündigen Plänen abzulassen und Buße zu tun. Else Lasker-Schüler siedelt diese Geschichte zwar nicht mehr, wie die des Wunderrabbis von Barcelona, in einer mythischen Vergangenheit an, sondern durchsetzt sie mit Elementen ihrer realen Familiengeschichte und verlagert sie in den realen Geburtsort Gäseke ihres Vaters, aber sie gibt ihr dennoch ein versöhnliches Ende, an dem Juden und Christen friedlich miteinander weiterleben.
Schon ein Jahr später, im April 1933 muss sie eine andere Realität erleben: Auf offener Straße wird sie von NS-faschistischen Antisemiten zusammengeschlagen und verlässt Berlin fluchtartig, um völlig mittellos in Zürich aufzutauchen, wo sie sich 6 Tage lang im Freien am See versteckt, bevor sie von der Polizei aufgegriffen wird. Sie lebt nun in ständigem Kampf mit den Schweizer Behörden um ihre „Duldung“ und erhält nur von einigen Freunden finanzielle Unterstützung. Den Sommer verbringt sie in Ascona im Haus von Freunden, wo sie auch einige Lesungen hält, für die sie jedesmal ein Sondergenehmigung des Staates braucht. 1934 reist sie das erste Mal auf Einladung eines griechischen Ehepaars nach Ägypten und Israel.
Die Eindrücke dieser Reise schildert sie im 1937 erscheinenden Buch Das Hebräerland. Es ist ein wahrhaft eruptives Bekenntnis zu dem Sehnsuchtsland, das ihr von Kindheit an vorschwebte. Schon auf der Zugreise von Alexandria nach Jerusalem analysiert sie gewissermaßen ihren Bezug zu diesem Sehnsuchtsland:
Im Tumtumtakt der Eisenbahn gefiel es mir, zum Zeitvertreib diese Frage – Delikatesse – zu lösen. Ich beguckte mich dann im Spiegel der Fensterscheibe, sah noch genau so hehr wie im reichen Elternhause aus, ganz genau so! Und auch inwendig fühlte ich mich dieselbe! In den Augen, in der Schläfe den Kometen der Dichtung, in der anderen den Davidstern. Ich schloß meine Lider zu. Wie oft hatte ich Ägypten, mit dem Ziel Jerusalem, schon wie oft im Traum zur See und im Lokomotivrhythmus erreicht!15
Als Dichterin erwartet sie das Land ihrer Phantasie, als Mensch fühlt sie sich dem Davidstern, dem Symbol des verfolgten jüdischen Volkes verpflichtet. Es sind diese beiden Komponenten, die ihre Sichtweise auf das reale gegenwärtige Israel prägen. Die politische Realität der vielfachen Auseinandersetzungen und Konflikte vor der Gründung des Staates Israel bleiben dabei weitgehend ausgeblendet:
Neu wird gekleidet vom Judenvolk von Jahrhundert zu Jahrhundert Palästina, das liebliche Land: im neuen Einband Gott gereicht. Gerade die Juden, die zurück in das Land kommen, entdecken seine Brüchigkeit und Vergilbtheit. Die Eingeborenen, die von anher nie die rote, blutgeronnene Erde verließen, wohnen zufrieden zwischen den Steinspalten der alten Stadt, viele in den Kammern ihrer Bazare oder auf den Höhen zwischen Schlucht und Schlucht. Oder wie die wilden Juden – vor Jerusalems Tor, anspruchslos und einträchtig, mit ihren arabischen Brüdern in Zelten. Es sind die schlechtesten Hebräer nicht.
…
Und doch geht hier Jude und Christ, Mohamedaner und Buddhist Hand in Hand. Das heißt, ein jeder begegnet dem Nächsten mit Verantwortung. Es ziemt sich nicht, hier im Heiligen Lande Zwietracht zu säen.16
Anlässlich einer Vorstellung der berühmten israelischen Theatergruppe der Habimàh verfällt sie in Euphorie:
Juden und Araber begeben sich zur Vorstellung; zeitig zu erscheinen, hat noch keinen Zuschauenden gereut. Wenn die Habimàh ihre Gastspiele anzeigt, schäumt die Freude des kunstdurstenden Publikums Jerusalems, wenn auch nicht über… immer mit Maß und Würde, der Heiligen Stadt angemessen. Hier in der Stadt Gottes reißt die Freude nie, weltliche, auch nicht unirdische unzart an die goldalten Nähte ihres Gewands. Denn Jerusalem feiert immer Hochzeit und schreitet zum Altar im Brautkleid. Freude und Leid nimmt man hier „gemessen“ zu sich.
…
Die Araber lieben mit den Juden gemeinschaftlich, leidenschaftlich die Habimàh; bewundern seine großen Künstler. Die beiden versöhnten Stiefbrüdervölker, ein jedes begabt, sich zu begeistern. Ist es doch stets der Zuschauer der träumerischen Theaterwelt, der phantastische Kunde bringt der wirklichen Welt; der Kritiker: Der vorauseilende Postillon.17
Immer wieder dominiert in ihren Beobachtungen die Harmonie zwischen Juden und Arabern:
Es berührte mich jedesmal so angenehm und sympathisch, sah ich auch „erwachsene“ Menschen Hand in Hand durch die Straßen der Gelobten Stadt wandeln. Meist waren es orientjüdische und arabische Studenten, in den Ferien wieder daheim. Man kann die Züge dieser Zwillingsstämme kaum mehr unterscheiden; sie verflochten sich, mit der Zeiten gleicher Sonne Flachs gewebt, vom selben Wehen der Meere bespült. Aber die jungen Judenbauern, die Söhne europäischer Juden und ihre Töchter setzen sich immer von neuem in ihren Pflanzungen großen Gefahren aus. Um unerschrocken, wahrhaft heldenmütig, die sie nächtlich überfallenden Bergvölker, im Grunde arglosen, doch aufgestachelten Araber, für das geheiligte Werk ihrer Emeksiedlungen zu gewinnen, mit ihnen in Freundschaft zu leben. Wenn die Orangen reif und die Brote gebacken, machen sich etliche der Kolonisten todesmutig auf den steilen Weg bergan zu ihren Widersachern. Laden sie in ihre Plantagen ein zum Mahle, ins Tal in die reife Kolonie. Es entstehen wirkliche Freundschaften unter den semitischen Stiefbrüdern, zwischen den hebräischen Bauern und den wildesten arabischen Nomadenvölkern.18
Und sie kommt zu einem Hohelied auf Palästina, das abhebt von jeglicher Bindung an die Realität, und nur noch poetische Vision ist:
Manch einem nicht Wetterfesten ist Palästina ein furchterregendes Land, da es noch herrührt von der Urliebe und dem Urzorn des Ewigen. Stein reiht sich an Stein, erhebt sich über den Stein hinaus, und die Natur in den unbepflanzten Gegenden, grünverblichene Ruinen, die nach Frühling schreien. […] Ein tausendmaltausend zeitloses Land ist Palästina, die Schwester des Himmelreichs. Gott aber erhob sie in den ernsten Königinnenstand! Wir Juden alle sind ihre Vasallen. „Hört, ihr Völker der ganzen Welt, schließt Frieden mit uns! Wir dürsten nach Frieden nach dem ungetrübten Wasser gemeinsamen Quells!“
Von Jerusalems heiligen Felsen brach der Schöpferden Stein zum Bau der Welten. Wir Juden beten im Gemüte, jenseits der Welten, für den Frieden.19
Mit solchen Positionen findet die Lyrikerin bei der Veröffentlichung 1937 wenig Zustimmung. Die Kritik richtet sich vor allem auf den Mangel an politischer Sensibilität gegenüber der Realität der Konflikte in Palästina. So sieht sie sich, wie schon so oft, um die Hoffnung betrogen, mit diesem Buch ihre finanzielle Situation zu verbessern. 1937 wird sie noch einmal zu einer Reise in das Gelobte Land eingeladen. Der Religionswissenschaftler und Journalist Scholem Ben-Chorin schildert sie: „Ein müder Mensch, dessen Antlitz von zerstörter Schönheit zeugt und in dessen großen schwarzen Sulamith-Augen der Wahnsinn aufloderte, saß mir gegenüber… Ich wurde stark an wahrsagende Zigeunerinnen erinnert, ja dieser Eindruck wurde durch die exzentrische Kleidung der Frau – Pelzmütze im erdrückend heißen Sommer und übergroße korallrote Ohrringe – noch erhöht.“20 Obwohl sie von israelischen Freunden viel Unterstützung bei einigen Lesungen erhält, ist sie tief enttäuscht und verlässt Palästina bald wieder, um sich in Zürich in ihr Zimmerchen im Hotel „Seehof“ zurückzuziehen.
Aber sie muss 1939 wieder ausreisen, um ihre dauerhafte Duldung in der Schweiz nicht zu verlieren. Als sie nach drei Monaten wieder zurückkehren will, wird ihr das Einreisevisum von den schweizer Behörden versagt, sodass sie wider Willen in Jerusalem bleiben muss, inzwischen auch von ihren illusionären Vorstellungen von der heilen Welt Palästinas abgerückt. Dennoch versucht sie auch im hohen Alter noch zu schreiben und beklagt sich darüber, dass ihr Sehvermögen nachlässt und ihre Manuskripte immer unleserlicher werden. Noch 1941 organisiert sie einen Lesezirkel, den „Kraal“, in dem sie selbst und andere Emigranten Leseabende gestalten.
1943 erscheint ihre letzte Veröffentlichung, der Gedichtband Mein blaues Klavier. Es sind Gedichte voll Trauer über Verluste, voll Sehnsucht nach Ruhe und Frieden, voll Erinnerung an gelebtes und verlorenes Leben und Lieben. Im titelgebenden Gedicht „Mein blaues Klavier“ spielt die Autorin mit der Erinnerung an das Klavier als Symbol der bürgerlichen Kultur und der Farbe blau als Symbol der Romantik, die beide zerbrochen und für immer zerstört sind:
Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.
Es steht im Dunkel der Kellertür,
Seitdem die Welt verrohte.
Es spielen Sternenhände vier
Die Mondfrau sang im Boote –
Nun tanzen die Ratten im Geklirr.
Zerbrochen ist die Klaviatür…
Ich beweine die blaue Tote,
Ach liebe Engel öffnet mir
– Ich aß vom bitteren Brote –
mir lebend schon die Himmelstür –
Auch wider dem Verbote.21
Mit leichter Ironie bindet sie den gewaltsamen Reim der zerbrochenen Klaviatür zwischen die Reime von Kellertür über vier und Geklirr bis zur Himmeltür und unterstreicht damit den schmerzhaften Verlust der zerbrochenen Kultur.
In anderen Gedichten betrauert sie den zu früh gestorbenen Sohn und die geliebte Mutter, ohne die sie sich alleingelassen, verlassen auf der sterbenden Welt fühlt:
AN MEIN KIND
Immer wieder wirst du mir
Im scheidenden Jahre sterben, mein Kind,
Wenn das Laub zerfließt
Und die Zweige schmal werden.
Mit den roten Rosen
Hast du den Tod bitter gekostet,
Nicht ein einziges welkendes Pochen
Blieb dir erspart.
[…]22
Und an die Mutter:
Könnt ich nach Haus –
Die Lichter gehen aus –
Erlischt ihr letzter Gruß.
Wo soll ich hin?
Oh Mutter mein, weißt du’s?
Auch unser Garten ist gestorben!…
…
Ich habe keine Schwestern mehr und keine Brüder.
Der Winter spielte mit dem Tode in den Nestern
Und Reif erstarrte alle Liebeslieder.[footnote]„Über glitzernden Kies“,aus Else Lasker-Schüler: Sämtliche Gedichte. Hg. von Friedhelm Kemp. Kösel Verlag, München 1966, S. 199f.
Und in dem Gedicht „Abends“ formuliert sie in knappsten Worten die schmerzliche Verbindung zwischen der Verpflichtung zum Dichtertum – singen müssen – und der resignativen Erfahrung des Ausharrens in einer Welt voller Schmerz:
ABENDS
Auf einmal mußte ich singen –
Und ich wußte nicht warum?
Doch abends weinte ich bitterlich.
Es stieg aus allen Dingen
Ein Schmerz, und der ging um
Und legte sich auf mich.23
Else Lasker-Schüler stirbt am 22. Januar 1945 vereinsamt und verbittert nach einem Herzanfall in Jerusalem. Sie wird auf dem Ölberg begraben, ihr Grab aber einige Jahre später wegen eines Straßenbaus eingeebnet. In einem der schönsten und ergreifendsten Gedichte in Mein blaues Klavier sieht sie ihren Tod voraus – und ihr Weiterleben in ihrer Dichtung:
MEIN HERZ RUHT MÜDE
Mein Herz ruht müde
Auf dem Samt der Nachtwolke
Und Sterne legen sich auf meine Augenlide…
Ich fließe Silbertöne der Etüde – – –
Und bin nicht mehr und doch vertausendfacht.
Und breite über unsere Erde: Friede.
Ich habe meines Lebens Schlußakkord vollbracht –
Bin still verschieden – wie es Gott in mir erdacht:
Ein Psalm erlösender – damit die Welt ihn übe.24
Wolfgang Popp, aus Bernhard Nolz, Wolfgang Popp (Hrsg.): Leben im Zeichen von Verfolgung und Hoffnung, LIT Verlag, 2013
– Sexus und Reim bei Karl Kraus und Else Lasker-Schüler. –
Poetik des Fremdgehens
„Frau“ und „Mann“ sind im Werk von Else Lasker-Schüler Schimpfworte. In Mein Herz, dem 1912 veröffentlichten „Liebesroman mit Bildern und wirklich lebenden Menschen“, wird die Geste, mit der sich Frauen und Männer zu „Frauen“ und „Männern“ machen, zur Erniedrigung, durch die die Menschen sich selbst und einander um die ihnen innewohnende Souveränität, in der Metaphorik Lasker-Schülers: um ihre Königlichkeit betrügen. Lasker-Schülers Werk reagiert auf diesen wechselseitigen Betrug weder mit einer Mythenkritik, die jedes Bild auf sein Klischee, jeden Charakter auf seine Maske, jeden Schein auf einen Betrug reduziert, um die Wirklichkeit als restlos falsche zu entlarven, noch mit einer Gender-Ästhetik, die das witzlos ironische Herumhantieren in der Sphäre bloßen Scheins – der Stereotype und Rollenbilder – mit ästhetischem Ausdruck verwechselt. Vielmehr ist ihr Werk bis in die Zeit des Exils getragen von einer enthusiastischen Bejahung des Scheins, der über die Wirklichkeit nicht hinwegtäuscht, sondern sie mitträgt; der den Menschen nicht Sand in die Augen streut, sondern ihren Blick klarer macht; der sie nicht um ihr Glück betrügt, sondern selbst zur Erfahrung von Glück wird.
Der Betrug, durch den sich Frauen und Männer im gesellschaftlichen Umgang zu „Frauen“ und „Männern“ erniedrigen, wird in Mein Herz durch eine Art potenzierten Betrug, durch eine zweite Verzauberung beantwortet, mit der die Menschen in der einverständigen wechselseitigen Verführung den gesellschaftlichen Zauber zu bannen und abzuwerfen suchen. Diese entzaubernde Verzauberung, die Bejahung des Scheins im Namen einer Menschheit, die ihn als Täuschung nicht mehr nötig hätte, ist ein Grundimpuls von Lasker-Schülers Ästhetik. Das Ich von Mein Herz erinnert und imaginiert in einem der an „Herwarth“ (Lasker-Schülers Spielname für Herwarth Walden) gerichteten Briefe einen früheren gemeinsamen Besuch im Café Kempinski am Berliner Kurfürstendamm:
Ich trank aus Deinem Glas Rotwein und Du machtest mir Komplimente meiner schmalen Fußgelenke wegen. Und versprachst mir seidene Strümpfe zu kaufen und eine seidene Feder für meinen Strohhut. Du hast so emsig süß zu mir gesprochen, namentlich wie ich mich genierte, noch etwas von der Auswahl der Konfitüren zu wählen. Und ich vergaß wirklich, daß ich Deine Frau war und machte mich über Deinen Drachen lustig, über ihre finstere Stirn. Aber ich werde nie Dein stutziges Gesicht vergessen; da wußte ich, daß Du schon öfters mit kleinen Mädchen bei Kempinski soupiert hattest, die Deine Frau ihrer fanatischen Galiläerstirn wegen verspotteten. Das hatte Dich immer wieder von den Leckermäulern abgebracht, denn Du wurdest barsch und unmutig zu mir, weil ich Deine ,Frau‘ beleidigt hatte.
Mein Herz betreibt schon allein deshalb nicht einfach eine Dekonstruktion des bürgerlichen Liebesbegriffs, weil das Spiel darin ein positives Verfahren ist, das einlösen soll, was der Begriff und die mit ihm bezeichnete gesellschaftliche Praxis beschränken und neutralisieren. Die „süße“ Sprache, von der (und die) das Ich spricht, meint eine intime Kommunikation, die sich auf eine Treue beruft, welche der gesellschaftlich akzeptierten Treue entgegensteht und im Widerstand gegen sie an Stärke zu gewinnen trachtet. Solche Treue folgt dem gemeinsamen Spiel und dessen Regeln statt Gesetzen, die dem Spiel äußerlich, ihm immer nur verordnet sind. Die Intimität, die diese Treue stiftet, beruht auf einer Abfolge geregelter Gesten und konventioneller Gefühle (Komplimente, Geschenke, das Sich-Genieren), die, indem sie ihren Zweck in sich selbst haben, die herrschende Konvention bannen. Darauf beruht die anästhetische Wirkung dieser Ästhetik: Indem er sich als wirklicher denn die Wirklichkeit setzt, sänftigt der ästhetische Schein deren Unmittelbarkeit und hebt ihre Formbarkeit in den Blick, die im Alltag vergessen wird; Konsequenz dieser Erinnerung ist das Vergessen des Drucks der Wirklichkeit im ästhetischen Spiel. Diese Treue und Intimität sind der vertraglich beschlossenen Treue und der ihr entsprechenden trüben Zweisamkeit entgegengesetzt. Das Sich-Betrügen um den Betrug verewigt nicht den falschen Schein, sondern schafft eine neue Wirklichkeit, die innerhalb der herrschenden existiert und zugleich gegen sie steht. Indem die Partnerin des Spiels „wirklich“ vergißt, daß sie seine Frau ist, indem sie seine „Frau“ beleidigt und sich über seinen „Drachen“ lustig macht, weigert sie sich, das Urteil der Realität als letztes Wort über sich und ihre Liebe zu dulden, die erst dort wirklich wird, wo das „Verheiratetsein“ nicht nur kurzzeitig vergessen ist, sondern buchstäblich verschwindet: „Sehnsucht nach Kempinski“ habe sie, schreibt die Erzählerin, weil „wir beide dort so unverheiratet sind“. Daß Mann und Frau, als „Mann“ und „Frau“ bornierte Rollenträger ihrer selbst, wieder unverheiratet sind, statt sich nur so zu fühlen, daß sie den Bann der Ehe lösen können, ohne zu zerstören, was sie verbindet, wird möglich, indem jeder sich selbst mit dem anderen betrügt. Das Ich macht sich zum „Drachen“, den es mit dem Liebhaber hintergeht, der sich seinerseits zum gehörnten Ehemann macht, indem er sich seiner Frau als Liebhaber schenkt. Einander zu hintergehen, indem man miteinander eine Affäre beginnt, die die soziale Beziehung auflöst, wird wie in einer parodistischen Kontrafaktur von Kants Metaphysik der Sitten als wahrhafte Treue geadelt: Weil jede Liebe ein illegitimes Verhältnis ist, muß, wer einander treu sein will, miteinander fremdgehen.
Nichts wäre daher falscher, als in der Selbstdarstellung der Erzählerin als Mädchen, das sich mit Rotwein, Geschenken und „süßer“ Sprache verführen läßt, nur ein weiteres problematisches Rollenbild auszumachen. Der Text beschreibt das Miteinander-Fremdgehen im Gegenteil als Selbstherrlichkeit des weiblichen Ich:
Bin weder in dem Lokal Deine Verehrerin, noch Deine Kameradin, noch Deine Angetraute. Du bist dort mein Liebhaber, erster Liebhaber, und ich fühlte wohl in den beiden Malen, wo wir dort saßen, daß auch in Dir verborgen wie in allen Männern das Talent zum Bonvivant steckt; aber ich auch nicht alleine die Dichterin und die Tino von Bagdad bin, nicht nur der Prinz von Theben, zu guterletzt nicht nur als Jussuf der Egypter existiert habe, sondern ich auch ein ganz kleines Mädchen sein kann, das zum ersten Mal von einem Herrn zu Kempinski zum Abendbrot mitgenommen wird und Geschmack an Kaviar und Ente mit Mirabellen findet, sich aber noch schüttelt entsetzt vor der Schnecke in der geöffneten Muschel.
Ein ganz kleines Mädchen sein zu können, ist etwas anderes, als es sein zu müssen: Als Fähigkeit widerspricht es dem vermeintlichen Schicksal des Geschlechts, das nur erlitten werden kann. Deshalb steht das Ich genau in dem Moment, wo es ein ganz kleines Mädchen sein kann, dem Mann, der es als Bonvivant verführt, nicht mehr zur Seite, ist weder „Verehrerin“ noch „Kameradin“ noch „Angetraute“, sondern erhebt sich zur Selbstherrlichkeit, indem es ihn zu ihrem „ersten Liebhaber“ macht. Die Metaphorik der Szene (das Entsetzen vor der Schnecke in der geöffneten Muschel) exponiert die sexuelle Polarität, die ins ästhetische Spiel übertragene „Geschlechterspannung“ (Reimut Reiche) als Voraussetzung für die Souveränität der Geschlechter. Ästhetischer Schein, Mode, Spiel und Koketterie, die den Sexus, dessen Stilisierungen sie sind, reflektieren und dadurch überschreiten, werden zu Formen freier Selbstentäußerung. In diesem Sinn enthält die Bejahung des Scheins, wie sie sich in der für Lasker-Schülers Werk charakteristischen Idolatrie, dem Verliebtsein ins eigene Bild und das der anderen als verlebendigende Kraft, ausdrückt („Ich sterbe am Leben und atme im Bilde wieder auf“, heißt es in Mein Herz), eine Spitze gegen die protestantische Bilderfeindlichkeit einer Frauenbewegung, die im Bild, im Rollenspiel und im Klischee immer nur Beschränkungen statt Herausforderungen erkennt. Daß die Regel, die Spielteilnehmer sich selbst geben, am Ende doch dem Gesetz zum Opfer fällt, das das Spiel begrenzt, hat seinen Grund nicht darin, daß der männliche Part im weiblichen Gegenüber nur Bilder und Rollen wahrnehmen würde, sondern gerade umgekehrt darin, daß er immer nur der Realität, aber nie den Bildern, nie dem Spiel die Treue hält.
„Stutzig“, „barsch“ und „unmutig“, also bieder, phantasielos und kleinkariert, fällt der Mann, der kein Bonvivant sein will, obwohl er es könnte, von der Wirklichkeit des Spiels wieder zurück in die Welt, wie sie ist. Weil er in dieser Welt „schon öfters mit kleinen Mädchen bei Kempinski soupiert“ hat, die seine Frau „ihrer fanatischen Galiläerstirn wegen verspotteten“, und weil er „seine Frau“ gegen solchen Spott stets verteidigte, nimmt er ihr nun – als der anderen, die sie sein will, um nicht immer nur sie selbst zu sein – sogar die Selbstverspottung übel. Die „Galiläerstirn“, Emblem einer mythischen Vergangenheit, die zur sozialen Realität im Widerspruch steht, wird im Munde der anderen „kleinen Mädchen“ von der Auszeichnung, für die sie in Lasker-Schülers Werk steht, zum Stigma. Indem der Mann diese Verkehrung nur zurückspiegelt und damit verdoppelt, schlägt er den ästhetischen Pakt aus, den die Erzählerin ihm anbietet, und besiegelt seine Kumpanei mit der Realität. Nicht daß er das „Mädchen“ verführen will, ist die Kränkung, mit der er das Spiel zerstört, sondern daß er es nicht will und sich eben darum auch selbst nicht verführen läßt. Während die Figur der „Mama“ als begeisterte Kolportage-Leserin in Lasker-Schülers Werk die in der Passivität verkapselte Sehnsucht nach einer „süßen“ Welt vertritt und der „Papa“, der seine Fertigkeiten als Architekt in stets nutzlosen, aber immer lustigen Unternehmungen vergeudet, seine Autorität nicht durch Verbote, sondern durch frohe Selbstverschwendung erringt, ist es kennzeichnend für den „Mann“, immer nur sein zu wollen, was er ist, und sich gegenüber jeglicher Herausforderung „unmutig“ zu zeigen – ein Wort, das sowohl Unfreundlichkeit wie Mutlosigkeit meint und damit festhält, daß es keinen Mut ohne Freundlichkeit gibt.
Backfisch und Minister
Die entscheidende Bedeutung der Generosität für Lasker-Schülers Literatur – nicht nur als Thema, sondern als ästhetisches Formgesetz – dürfte dazu beigetragen haben, daß ausgerechnet Karl Kraus, mit dem ihr Werk zunächst wenig gemein zu haben scheint, die Autorin jahrelang gefördert und in Tönen gelobt hat, die bei ihm selten waren. Am 5. Juli 1912, zur Zeit des Erscheinens von Mein Herz, in genau jenem Jahr, als Kraus alleiniger Herausgeber der Fackel wurde, wandte sich Lasker-Schüler brieflich an ihn, mit Worten, die an diese Generosität als Gemeinsamkeit appellierten:
Ich bau lauter Tempel kein Mensch kehrt ein, die Menschen wohnen alle am liebsten in den Ställen der Literatur. (…) Sie sind Minister, ich bin Prinz, ich lade die Schweinebande, da ich Feste liebe, zu mir auf die Dächer ein in Theben. Wenn ich nur Geld hätte Geld! Geld! Geld! Geld! Geld! Geld! Geld! Geld! Geld! Geld! Geld! wer 20 Jahre ohne das ist – alles andere Lapalie – Idealismus – Luxus Liebe – Gallienhumor (…) Oh Geld, tanze mit mir den Tanz der Gerechtigkeit!
Trotz der materialistischen Nüchternheit, mit der festgestellt wird, daß ohne Geld „alles andere Lapalie“ sei, spricht sich in dieser Beschwörung des Geldes kein Wunsch nach Reichtum aus. Eher verwandelt sich das Geld durch seine hypertrophe Beschwörung zurück in Gold und Prunk, in einen Reichtum, der nicht zwecks Vermögensbildung investiert, sondern im „Fest“ verschwendet wird, weil die Menschen sich vom Zustand ihres Vegetierens als „Schweinebande“, ihres Kreisens im blinden Selbsterhalt, nur durch eine profane Anmaßung erheben können: indem sie die „Ställe“ verlassen und statt des jeweiligen Gottes sich selbst durch ihre Werke „Tempel“ errichten. Signum der Selbsterhebung ist bei Lasker-Schüler der angemaßte Titel – „Minister“ und „Prinz“ –, der jedem zukommt, der sich durch sein Werk der Generosität verpflichtet hat. In der Ansicht, daß Künstlertum weder (wie in der bürgerlichen Realität) Beruf noch (wie in der damit korrespondierenden Ideologie) Berufung, sondern Auszeichnung und Titel ist und daß Kunst dementsprechend gar nicht angemessen entlohnt, sondern nur verschenkt werden kann, wußten sich Lasker-Schüler und Karl Kraus ihrer unterschiedlichen ökonomischen Situation und Sozialisation zum Trotz einig: Wie Lasker-Schüler ihre Werke, begriff Kraus sein Mäzenatentum als Verschwendung. Geschenke aber folgen nicht der Logik des exakten Warenaustauschs, sie entsprechen einander nicht, sondern antworten aufeinander, sie werden nicht angelegt, sondern vergeben. Weil sie an dem Verständnis von Kunst als Geschenk lange festhielt, bis es durch die Erfahrung des Exils endgültig illusionär wurde, warf Lasker-Schüler noch in „Ich räume auf!“, ihrer 1925 veröffentlichten Kampfschrift gegen das Verlagswesen, die hellsichtige Überlegungen zur Widersprüchlichkeit bürgerlicher Autorschaft als Urheberschaft enthält, ihren Verlegern nicht einfach vor, daß sie schlecht bezahlt werde, sondern daß jene Knauserigkeit Ausdruck sei für eine in deren bürgerlichem Begriff angelegte Verachtung der Kunst. In Kraus’ Abneigung gegen die Arbeitsteilung in der Sphäre der Literatur, in der in seinem Werk so anklagend wie stolz entfalteten Einsicht, daß man immer alles selber machen muß, und im Festhalten an einem Begriff des Rechts, der das Gleichheitsprinzip im Prinzip der Ebenbürtigkeit zu überschreiten sucht, bestand die innigste Nähe zwischen „Minister“ und „Prinz“, die als Könige in den Reichen des Urteils und des Spiels aufeinander angewiesen und miteinander verbunden waren.
Kraus war wie Lasker-Schüler der Ansicht, daß nur in der Anmaßung etwas gelingen kann, daß Menschen, um etwas hervorzubringen, das den tristen Zustand der Welt überschreitet, nicht kleinlich, sondern großzügig, nicht eingeschüchtert, sondern mutig, nicht redlich, sondern konsequent sein müssen. Diese Überzeugung ging bei beiden mit einer vehementen Ablehnung der Frauenbewegung einher, die aber zugleich als paradoxe Verteidigung der Frauen begriffen werden kann. Die eingeschliffene Übung, zahllose Kraus-Zitate über „Weiber“ aneinanderzureihen, um seine Frauenfeindlichkeit zu beweisen, ist ebenso langweilig wie fruchtlos. Erschließen kann man sich Kraus’ Aussagen über die Frauenbewegung, die sich von seinen Äußerungen über Frauen unterscheiden, vielmehr nur, wenn man im Blick behält, was Nike Wagner in ihrer 1982 erschienenen Studie Geist und Geschlecht als charakteristisch für die Ästhetik der Wiener Moderne ausgemacht hat: den Widerspruch zwischen erotischer und sozialer Emanzipation, zwischen Sexus und Gesellschaft. An Kraus’ 1908 in Sittlichkeit und Kriminalität zusammengefaßten Prozeßberichten über Gerichtsverfahren gegen Prostituierte, an der Kulturfigur der „Kindfrau“ im Werk Peter Altenbergs und Arthur Schnitzlers, an der Bedeutung der Pubertät in den Dramen Frank Wedekinds sowie insgesamt an der Faszination des Fin de siècle von Übergänger zwischen Kindheit und Erwachsenheit, Unschuld und Reife, Männlichkeit und Weiblichkeit zeigt Wagner, in welchem Maße in der Wiener Moderne revolutionäre Utopien von der Sphäre des Sozialen in die Sphäre des Erotischen drangen. Sozialhistorische Ursache dafür war die Erosion des Begriffs der Produktivität infolge der ökonomischen Krise des Bürgertums im ausgehenden 19. Jahrhundert. Die Entwertung der Vermögen reduzierte die Autoren des Fin de siècle auf den Status der unproduktiven Erben, denen angesichts der Herabsetzung des Vaters zum Erfüllungsgehilfen unpersönlicher Autorität nur die Wahl blieb, entweder als Schmarotzer ererbten Vermögens zu leben oder durch Lohnarbeit das Ichideal als einsam Schaffende in den Wind zu schreiben. In dieser Konstellation erschien die Sphäre des Sozialen insbesondere den Großbürgersöhnen, zu denen Kraus gehörte, als Emblem einer schlechten Gleichheit, die das ohnehin beschädigte Privileg substantiell bedrohte.
Daß in eben dieser Konstellation anstelle des Sozialen der Eros als Bereich umwälzender Veränderung in den Blick rückte, war nicht nur Kompensation, sondern antwortete seismographisch auf gesellschaftliche Umbrüche: In ästhetischen Figurationen wie denen der Kindfrau oder der Femme fatale kondensierte sich das Bewußtsein, daß die Entmachtung der väterlichen Autorität und der Zerfall der tradierten Arbeits- und Rollenbilder tiefgreifend veränderten, was sich im Bürgertum im Zuge der „Polarisierung der Geschlechtscharaktere“ (Karin Hausen) nicht nur als weiblicher und männlicher, sondern auch als kindlicher und erwachsener Sozialcharakter herausgebildet hatte. Die Zeit, in der Kraus Sittlichkeit und Kriminalität herausbrachte, war nicht zufällig die gleiche, in der Sigmund Freuds Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie (1905) mit ihren Ausführungen zur kindlichen Sexualität erschienen, die das Verständnis dessen, was Kindheit heißt, umstürzend veränderten.
Daß Kraus in allen seinen Äußerungen zur „Frauenfrage“ gegenüber der Gesellschaft, also auch der Frauenbewegung, für den auf die Einheit der Zweigeschlechtlichkeit verweisenden Sexus Partei ergreift, verbindet ihn mit Lasker-Schüler, deren Aversion gegen jede nur soziale Befreiung Konsequenz der Ansicht ist, daß „Frau“ und „Mann“ sich im Modus ästhetischen Scheins verschwenden müßten, damit die Geschlechter, deren verkümmerte Form die Geschlechtscharaktere sind, frei wären. Wenn Kraus die Frauenbewegung als Ansammlung von „Tugendmegären“ beschimpft, „bei denen sich verhinderte sexuelle Notwendigkeiten in Sozialpolitik umgesetzt haben“, ist das keine bloße Diffamierung, sondern konstatiert einen unversöhnlichen Widerspruch zwischen Eros und Gesellschaft. In dem Vorbehalt gegen jegliche Politisierung des Eros stimmte Lasker-Schüler mit ihm überein. An den englischen Germanisten Jethro Bithell, mit dem sie in den Jahren vor der Veröffentlichung von Mein Herz lebhaft korrespondierte, schrieb sie:
Sind Sie, wie ich es bin, ewig 14jährig? und ein Knabe? Eckelhaft sind Frauen und Männer.
Indem sie Knaben und Mädchen, nicht Frauen und Männer, zum Ausgangspunkt und Adressaten ihrer literarischen Rede nahm, machte Lasker-Schüler den Impuls radikaler Veränderung in dem aus, was den Zeitgenossen im Werk Freuds – und nicht im Werk Marx’ – bedrohlich entgegenzutreten schien: Frühreife oder Unreife, Übergänge zwischen Kindheit und Erwachsensein, zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit, Passivität und Aggressivität, in denen sich die Inkommensurabilität des Sexus mit den Rollen ausdrückt, in denen er erscheint.
Was bei Kraus aus der Ohnmacht der eigenen sozialen Schicht folgte, muß bei Lasker-Schüler als Ausdruck einer neu aufleuchtenden Freiheit verstanden werden, die ihr von den sozialen Bewegungen, die diese Freiheit mit durchsetzten, zugleich bedroht schien. Lasker-Schüler mußte die Möglichkeit weiblicher Autorschaft für sich selbst nicht mehr in gleichem Maße erkämpfen wie frühere Generationen. Die Berliner Moderne, in deren Umfeld sie sich in den zehner und zwanziger Jahren bewegte, war bereits Ergebnis einer auch geschlechterpolitischen Modernisierung; spätestens zur Zeit der Neuen Sachlichkeit etablierte sich in der Weimarer Republik mit Mascha Kaléko, Irmgard Keun, Vicki Baum und eben Lasker-Schüler eine Reihe weit über die Avantgarde-Zirkel hinaus bekannter Autorinnen. Die Distanz, die Lasker-Schüler zur Frauenbewegung hielt und deren ästhetischer Ausdruck die literarische Inthronisierung des Mädchens und des Knaben ist, bringt die Skepsis gegenüber der sich auf dem Markt etablierenden Rolle der Autorin und gegenüber dem Konzept von Autorschaft als Urheberschaft zum Ausdruck: Kinder sind per definitionem keine Urheber.
Diese Skepsis sedimentiert sich in Mein Herz in einer Sprache, die wiederum mit Kraus’ Diktion fast nichts gemein hat. Während Kraus’ Sprache bis in die letzte Nuance die des Rechtsprechenden, also des Inhabers eines von ihm selbst geschaffenen Amtes ist (deshalb nennt sie ihn „Minister“), hat Lasker-Schüler eine poetische Sprache hervorgebracht, in der noch in ihren idiosynkratischen Besonderheiten, gerade auch in den zahllosen präzise gesetzten Fehlern, subkutan die Mädchenerziehung mitschwingt, über die sich ihre Sprache, indem sie mit ihr arbeitet, im gleichen Moment erhebt. Nicht zufällig schreibt das Ich von Mein Herz, damit der „Mann“ endlich zurückkommt:
Ohne Dich, Herwarth, geht es hier doch nicht. Du hilfst mir immer in der Geschichte, auch geniere ich mich, jemand zu bitten, mir die Kommas zu machen.
Das mit den Kommas nicht so gut zu können, dafür aber ganz viel Phantasie zu haben, war stets das despektierliche Lob der Mädchenerzieher gegenüber ihren Schülerinnen. Lasker-Schüler gelingt es, aus der Untersprache der bürgerlichen Mädchenerziehung, die den weiblichen Subjekten nur beibringt, gebildet zu tun, ohne sie je zu bilden, eine freie Rede zu machen, in der Fehler, Brüche, Dissonanzen, Anakoluthe substantielle Bedeutungsträger werden, eine signifikative und kommunikative Sprache, präziser und spezifischer als jede hochtrabende Eloquenz: Vor dem, was Lasker-Schülers Werk aus der Mädchenerziehungssprache macht, blamiert sich jede männlich korrekte Diktion als kleinlich, autoritär und öde. Daß Lasker-Schüler ihr Werk immer wieder auch auf sexuelle Phantasien des „Backfischs“, des sich in Kolportageromanen verlierenden Mädchens zurückführt, benennt den Ursprung ihrer Sprache im Gestus der Mädchenerziehung, deren Elemente in ihrem Werk zum Gegenstand eines freien Spiels werden.
Das verwirkte Subjekt
Daß Karl Kraus, der alles andere als ein Rechtschreibfetischist war, sondern vielmehr die symptomatische Lektüre des Druckfehlers in die philologische Kritik eingeführt und der an richtiger Stelle stehenden Falschschreibung höchsten ästhetischen Rang zugesprochen hat, gerade für diesen Zug von Lasker-Schülers Werk empfänglich war, verwundert nicht. Nur wer empfindlich gegen Fehler ist, wird bemerken, wenn sie zur Ausdrucksform von Erkenntnis werden. In ganz anderer Weise als bei Lasker-Schüler läßt sich auch Kraus’ Poetik als eine des Fremdgehens beschreiben, allerdings nicht als ein Fremdgehen mit dem anderen im ästhetischen Spiel, sondern als Fremdgehen mit der Sprache. In seinem Epigramm „Die Sprache“ schreibt Kraus:
Mit heißem Herzen und Hirne
naht’ ich ihr Nacht für Nacht.
Sie war eine dreiste Dirne,
die ich zur Jungfrau gemacht.
„Dirne“ ist in Kraus’ Werk, nicht nur in „Sittlichkeit und Kriminalität“, keine Schmähung, sondern Zeichen dessen, was, durch das Gesetz warenförmigen Tauschs hervorgebracht, zugleich über dessen Prinzip hinausweist. Eine reine, jungfräuliche Sprache, die keine Male dieses Tauschs trüge, gibt es nicht, und wo es sie zu geben scheint, ist sie in ihrer Pseudoauthentizität erst recht korrumpiert. Der Sprachkritiker – und Sprachkritik ist für Kraus keine Sparte, sondern Bewegungsgesetz von Literatur – muß die Sprache daher nehmen, wie sie ihm entgegenkommt, aufdringlich sich anbietend als Inkarnation der falschen Welt, aus der sie nun einmal stammt und von der sie zeugt, um sie zu entschändlichen: „Jungfräulichkeit“ als Telos der Sprachkritik hat nichts mit Unberührtheit zu tun, sondern wird im Gegenteil gedacht als Ergebnis der Berührung der Sprache, mit der die Dichtung fremdgeht, um ihr die Treue zu halten. Was bei Lasker-Schüler als ästhetische Kommunikation im Modus des poetischen Tauschs im spielerischen Pakt entsteht, begegnet bei Kraus als Liaison mit der Sprache, die für den Dichter zum Gegenüber in einer illegitimen Beziehung wird, die wiederum sprachlich zum Ausdruck kommt.
Vor dem Hintergrund dieser Sprachauffassung ist Kraus’ Eloge auf Lasker-Schülers Gedicht „Ein alter Tibetteppich“ zu sehen, das er 1910 in der Fackel abgedruckt und 1927 im Aufsatz „Der Reim“ mit einer programmatischen Deutung gewürdigt hat:
Deine Seele, die die meine liebet
Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet
Strahl in Strahl, verliebte Farben,
Sterne, die sich himmellang umwarben.
Unsere Füße ruhen auf der Kostbarkeit
Maschentausendabertausendweit.
Süßer Lamasohn auf Moschuspflanzentron
Wie lange küßt dein Mund den meinen wohl
Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon.
Angelpunkt von Kraus’ Verständnis des Gedichts ist die mittlere Zeile der letzten Strophe, die sich als einzige Zeile auf keine andere reimt und, wie Kraus entwickelt, gerade deshalb auf „wohl“ endet. Der Wohlklang entsteht nicht durch den Reim, sondern durch die dazwischentretende Zeile, die den Reim unterbricht. Kraus erläutert das mit den Worten:
Der vorletzte Vers, dazwischentretend, hat nirgendwo in dem Gedicht, das sonst aus zweizeilig gereimten Strophen besteht, seine Entsprechung. Wie durch und durch voll ist aber auch dieses ,wohl‘, angeschmiegt an das ,schon‘, süßes Küssen von Mund zu bunt, von lange zu Wange vermittelnd.
Im dazwischentretenden Vers, der aus dem Reimschema herausfällt und es dadurch allererst erfüllt, wird die Sprache selbst ein „süßes Küssen“, das zwischen den in ihrer klanglichen Valenz aufeinander bezogenen Worten vermittelt, statt sie im Taumel der Konsonanzen zu verschmelzen. Deshalb ist das „wohl“, obzwar kein Reim auf ein anderes Wort, an sich selbst „voll Reim“. Es hat den Gestus der Anschmiegsamkeit in sich aufgenommen und ist die „liebende“ Rede, statt sie, indem es sich auf etwas anderes reimt, nur abzubilden. Auf die notwendige Einsicht in solche sprachimmanenten Konstellationen zielt Kraus’ Forderung, eine Deutung des Gedichts habe „in jedem Teil den lebenden Organismus darzustellen“. Diese Formulierung ist in Bezug zu setzen zu Kraus’ Urteil, Else Lasker-Schüler sei „der wahre Expressionist aller in der Natur vorhandenen Formen, welche durch andere zu ersetzen jene falschen Expressionisten am Werk sind, die zum Mißlingen des Ausdrucks leider die Korrumpierung der Sprachmittel für unerläßlich halten“:
Selbst ein Publikum, das meine kunstrichterliche Weisung achtet (…), sitzt noch heute ratlos vor dieser Herrlichkeit wie eben vor dem Rätsel, das die Kunst aus der Lösung macht.
Während der falsche Expressionismus die „Sprachmittel“ korrumpiert, kommt bei Lasker-Schüler in der Sprachgestalt, die selbst als „Organismus“, als in sich stimmiges Gebilde aufgefaßt wird, die „Natur“ zu sich selbst. Dem falschen Expressionismus ist Sprache etwas Uneigentliches, das vom Selbstausdruck der Kreatur zerschlagen werden soll; dem Expressionismus Lasker-Schülers ist sie Ausdruck kreatürlichen Lebens, lebendig und lebensspendend. Deshalb nimmt Lasker-Schüler den grundsätzlichen Anspruch von Sprache, Vermittlung zu sein, der von der instrumentellen Sprache eingeschränkt wird, nicht ins Hermetische zurück, sondern spielt ihn aus, bringt ihn zu sich selbst: Die Sprache, die keiner Mitteilung zu Diensten ist, ist eins mit der unreglementierten Kommunikation, in der das Subjekt sich entäußert und dadurch erfüllt. Lasker-Schülers Poetik des Schenkens, wie sie sich in Mein Herz im spielerischen Pakt der Briefpartner entfaltet, wird in „Ein alter Tibetteppich“ zur immanenten Konstitutionsform des Gedichts, das eben deshalb – und nicht, weil es jemanden anspricht – dialogisch konstituiert ist.
Dialogisch ist das Gedicht nicht, weil es an einen bestimmten Adressaten gerichtet wäre, sondern weil es die lyrische Rede als eine Sprache auffaßt, die das Du nicht einfach anspricht, sondern sucht und umwirbt. Die Sprache selbst soll zur liebkosenden Rede werden, die verwirklicht, wovon sie spricht. Wenn die Seelen der Liebenden im „Tibetteppich“, der ein aus dem Teppich sich entfaltendes Land ist, miteinander verwirkt sind, wird das Gedicht als autonome Sprachfigur bestimmt, in der die liebenden Affekte sich an die Sprachgestalt entäußern. Umgekehrt bleibt die Sprachfigur durchwirkt von den „verliebten Farben“, die die Sprache „erstrahlen“ lassen und das Gedicht zum „Organismus“ machen, der über seine geronnene Textualität hinausweist. Darum figuriert der Kunstgegenstand als Landschaft, die die Subjekte, die sich darin „verwirken“, im Modus der Annäherung voneinander entfernt. Die Bilder vom „himmellangen“ Umwerben, der „maschentausendabertausendweiten“ Kostbarkeit, dem „langen“ Kuß und den „buntgeknüpften“ Zeiten beschreiben eine räumliche wie zeitliche Distanz, die zugleich eine unendliche Nähe bezeichnet. Die Ferne ist die Nähe des Gedichts: Der Teppich, der lyrisches Ich und Du verbindet, entfernt sie eben dadurch voneinander, der „lange“ Kuß ist nichts anderes als eine berührende Entfernung. Kristallisationspunkt dieser Entfernung ist der dazwischentretende Vers, der den Reim erfüllt, indem er ihn unterbricht. Dadurch, daß Kraus Lasker-Schüler aus Anlaß dieses Gedichts und in Abgrenzung zu den „falschen“ Expressionisten zum „wahre[n] Expressionste[n]“ adelte, zollte er ihrem Verständnis von Autorschaft, das auf Selbstentäußerung des Subjekts zielt, höhere Achtung als spätere Chronisten, die in ihr die Vertreterin eines irgendwie „weiblichen“ Expressionismus sehen wollen. Gerade weil im Gedicht Sprache zur Ausdrucksform von Kreatürlichkeit wird, ist sie nicht mehr bloß Ausdrucksform des Geschlechts oder der mit ihm verbundenen Rolle. Das Subjekt, das sich im Gedicht verwirkt, hat sich von solcher Befangenheit gelöst. Eben darin, in der Aufhebung der Befangenheit bloßer Individualität in der freien Verbindung mit anderen, sah Kraus auch das Freiheitsversprechen des Sexus, der über alle gesellschaftlich vermittelten zweigeschlechtlichen Rollenmuster auf die Einheit des Menschengeschlechts verweist. Als seine poetische Ausdrucksform galt ihm der Reim, wie er in Lasker-Schülers „Tibetteppich“-Gedicht nicht im gleitenden Klang, sondern im intermittierenden Vers, der den Klang vollendet, zum Ausdruck kommt.
Die ausgereimte Welt
Wenn das von Kraus an Lasker-Schülers Gedicht Entwickelte heute pathetisch und verblasen klingen mag – was an der Schönheit des Gedichts so wenig ändert wie an der Triftigkeit seiner Deutung –, so liegt das nicht daran, daß die Menschen sich als abgeklärte Zyniker über die Kreatürlichkeit von Sprache, die sie vielmehr als gesellschaftliches Konstrukt begreifen, keine Illusionen machen, sondern daran, daß der Stand der Menschheit, in dem eine solche Poetik möglich war, zerstört ist. Daß dem meist billig ironischen Blick der Gegenwart so viele Kunst der Vergangenheit albern, unzureichend oder obskur erscheint, hat seinen Grund in der Roheit und Erbärmlichkeit dessen, was seither Wirklichkeit wurde. Die Zerstörung der Menschheit, auf die Karl Kraus in der 1933 geschriebenen „Dritten Walpurgisnacht“ mit einem undurchquerbaren Textgebirge aus zahllosen heterogenen Zitatfragmenten der falschen Welt geantwortet hat, reflektiert sich in Lasker-Schülers Werk seit ihrem Exil in der Schweiz und später in Jerusalem in einer radikalen Abkehr von der Poetik des Schenkens und der liebenden Vermittlung, für die „Ein alter Tibetteppich“ emblematisch ist. Insbesondere die im Schweizer Exil entstandenen und bis heute kaum erforschten „Tagebuchblätter aus Zürich“ und das in Jerusalem geschriebene, kaum aufgeführte Drama IchundIch bezeugen diese Abkehr, indem sie eine Kunstsprache aus berlinischen, schweizerischen, englischen, französischen, plattdeutschen und dadaistisch-hebräischen Wort- und Satzfragmenten schaffen. In dieser Sprache ist an die Stelle der Kreatürlichkeit und der liebenden Entäußerung ein zerschneidender, verstümmelnder Gestus getreten, der sie als Sprache des Entmenschten, des Halb- und Unmenschlichen zu erkennen gibt. In IchundIch tritt als Selbstfiguration der Dichterin an die Stelle des Prinzen oder Königs die wahrscheinlich durch den Film Der Zauberer von Oz inspirierte Figur der Vogelscheuche, die sich nach jeder Zerfetzung provisorisch wieder selbst zusammensetzt – Allegorie eines in sein negatives Gegenteil gewendeten ewigen Lebens, eines Daseins, das nicht enden kann, weil es nie lebendig war. Wie eine Antwort auf Kraus’ Lasker-Schüler-Lob in „Der Reim“ klingt eine Passage aus den „Tagebuchblättern“, in der das Reimen sich allen lebendigen Zusammenspiels von Sinn und Klang begibt und zum Zwang wird:
Gerne spiele ich schon dich lieber Leser nicht zu langweilen Harlequin mit meinen Gedanken, schüttle Reime aus meinem Aermel oder ich zaubere Gedichte hervor oder schreibe Prosa mit tönender Erzbegleitung und meine Tagebuchzeilen werden zu einem Potpory. Aber liegt eine Prosa die nicht durch den Morgen eines wirklichen Dichters gewandert und zu früh am Abend sich die Liebenden schon – bekommen? Oder von einem Vers, der nicht duftet? Oder einem Reim, der sich nicht dreht, nach der ersten Runde schon umfällt:
Der wahre Reim, der ist ein Kreisel,
Will sich immer drehn!!
Hierauf folgt ein Stegreifgedicht, das die Verwandlung des Reims in einen sich selbst bewegenden Mechanismus zum Konstruktionsprinzip macht und damit illustriert, daß das Bild vom kreiselnden Reim das Gegenteil einer Utopie beschreibt:
Karl die Bouillon wird kalt!
Karl, Karl, schalt es aus der Stube.
Und es kommt gerannt sein jüngster Bube:
„Mutti läßt dir sagen die Bouillon wird kalt.“
Karl, Karl, Karl, schalt es durch sein Haus am Wald,
Durch die Lüfte schalt es Karl, Karl und es wiederhalt:
Karl, Karl, die Bouillon wird kalt.
Manchem Karl geschieht gleich dem Huhn, dem man ohne Federlesens den Hals umdreht.
Der Schall, der durch die Waldeslüfte ans Ohr des lauschenden Subjekts dringt – ein romantisches Motiv, das einmal die Verwandtschaft von Dichtung und Naturklang evozierte –, hat mit dem Leben auch sein Melos ausgehaucht und ist zur penetranten Wiederholung erstarrt. Lautähnlichkeiten verselbständigen sich unabhängig vom ohnehin nur rudimentären Sinnzusammenhang („Karl“, „kalt“, „schalt“, „halt“) und dementieren jede Vorstellung harmonischen Zusammenklangs von Sinn und Klang. Zugleich verliert das Verfahren der korrekten Falschschreibung seine Funktion, die beschädigte Sprache der Mädchenbildung in eine eigenmächtige, die Bildungssprache überschreitende Form zu überführen. Vielmehr wird aus der Falschschreibung ein Verfahren der Negation, das aus dem „Schall“ etwas Schales, eine Schale oder Schelte macht, den „Hall“, die klangliche Resonanz des Reims, „kalt“ werden läßt und damit bezeugt, daß es beim Reimen wie beim Boxkampf nur noch darum geht, nicht schon „nach der ersten Runde“ umzufallen. Improvisation und Nonsens fungieren nicht als Ausdruck spielerischer Freiheit, sondern des blinden Überlebenszwangs. Der letzte Satz gibt den Grund dafür an, indem er konstatiert, daß den Menschen wie den Hühnern der Hals umgedreht werde. Der zur irren Mechanik gewordene Reim reagiert auf diese Erfahrung, ohne sie mehr verwandeln zu können, und zeigt damit an, daß die Welt, aus der das Dazwischentretende verschwunden ist, sich ausgereimt hat. Als diese Welt erwachte, entschlief Lasker-Schülers Wort.
Magnus Klaue, Sinn und Form, Heft 3, 2020
Jürgen P. Wallmann: Deutsche Lyrik unter jüdischem Dreigestirn, Merkur, Heft 225, Dezember 1966
Carl Stern: Erinnerungen an Else Lasker-Schüler
Wieland Herzfelde: Else Lasker-Schüler
Nadine A. Brügger: „Nie lernte ich so viele Menschen kennen mit Minderwertigkeitskomplexen und masslos dicker Arroganz“ – Else Lasker-Schüler liebte und hasste Zürich
Hubert Gaisbauer: Vielleicht glaubt Gott an mich
Die Furche, 20.1.2005
Burkhard Reinartz: „Meine Seele verglüht in den Abendfarben Jerusalems“
deutschlandfunk.de, 21.1.2015
Else Lasker-Schüler 150 Jahre Meinwärts
els2019.de
Lutz Hagestedt: Das Herz der Avantgarde
literaturkritik.de, Februar 2019
Peter Mohr: „Bin ein tieftrauriger Mensch“
titel-kulturmagazin.net, 11.2.2019
Oliver vom Hove: Eine große Liebende im Porträt: Else Lasker-Schüler
Der Standart, 3.2.2019
Stefan Dege: Lyrikerin, Poetin, Zeichnerin: Else Lasker-Schüler zum 150. Geburtstag
Deutsche Welle, 8.2.2019
Ulf Heise: Der „schwarze Schwan Israels“
FreiePresse, 8.2.2019
Andreas Kilcher: Prinz Jussuf von Theben, die Dichterin aus Wuppertal
tachles.ch, 8.2.2019
Christian Lindner: Die Dichterin Else Lasker-Schüler
deutschlandfunk.de, 11.2.2019
Andreas Platthaus: Fernab der Stiefwelt
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.2.2019
Thomas Hartmann: Else Lasker-Schüler – die provokante Poetin
mdr.de, 11.2.2019
Ulrike Sárkány: Große Lyrikerin mit positivem Weltbild
ndr.de, 11.2.2019
Natascha Freundel: Am Grab von Else Lasker-Schüler
ndr.de, 7.2.2019
Marie Luise Knott: Blau vor Paradies
perlentaucher.de, 14.5.2019
Nina Schmedding: Immer unbeirrbar sie selbst
domradio.de, 22.1.2020
Else Lasker-Schülers Lebenszeichen aus Berlin im Deutschen Literaturarchiv Marbach.
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