Felix Philipp Ingolds Skorpioversa – Poetik des Satzbaus (Teil 3)

Poetik des Satzbaus

Teil 2 siehe hier

Claude Simons Erzählkunst ist vorrangig Beschreibungskunst. Die exakte Beschreibung von Gegenständen, Räumen, Situationen lässt einen zusammenhängenden Plot bestenfalls erahnen – so wie einzelne Filmstills den Film insgesamt erahnen lassen. Auffallend ist demgegenüber der Verzicht auf literarische Bildhaftigkeit (Metaphorik) und gängige rhetorische Figuren, die ansonsten in der Belletristik reichlich eingesetzt werden.

Dass Simons Beschreibungsprosa weitgehend auf konjugierte (bestimmte, aktive) Verbformen verzichtet und statt dessen unbestimmte Formen bevorzugt (Partizipien, Infinitiv, unpersönliche Ausdrücke), ist durchweg sachgerecht und prägt seinen Personalstil. Bezeichnend dafür ist ausserdem seine Vorliebe für parataktische Satzgliederung (mit «und», «denn» usf.) und generell für Aufzählungen von Gegenständen oder Eigenschaften. All diese stilistischen Besonderheiten sind grammatischer oder syntaktischer Art. Über das Frühwerk «Der Wind» hinaus sind diese Besonderheiten für Claude Simons Erzählkunst bestimmend geblieben: Als ingeniöser Satzbaumeister ist hier ein Erzähler zum Dichter geworden.

 

© Felix Philipp Ingold
aus unveröffentlichten Manuskripten

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