Bertolt Brechts Gedicht „Laute“

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BERTOLT BRECHT

Laute

Später, im Herbst
Hausen in den Silberpappeln große Schwärme von Krähen
Aber den ganzen Sommer durch höre ich
Da die Gegend vogellos ist
Nur Laute von Menschen rührend.
Ich bin’s zufrieden.

1953

aus: Bertolt Brecht: Die Gedichte. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2000

 

Konnotation

Das Sommerhaus am brandenburgischen Scharmützelsee, das Bertolt Brecht (1898–1956) gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Helene Weigel 1952 erwarb, ist zum Schauplatz der ab Juli l953 entstandenen Buckower Elegien geworden, in denen bestimmte Naturdetails immer wieder auftauchen. In diesem Fall ist es die Silberpappel, die in anderen Elegien als „ortsbekannte Schönheit“ und als „alte Vettel“ besungen wird. In diesen Elegien hat Brecht sich in einem scheinbar gesellschaftsfernen Idyll eingerichtet.
Seine „Zufriedenheit“ begründet das lyrische Ich interessanterweise nicht auf den Genuss der Naturschönheit, sondern auf die Präsenz von Menschen selbst in der Abgeschiedenheit. Den Hinweis auf die „Laute von Menschen“ haben altlinke Exegeten denn auch gleich als sozialistisches Bekenntnis Brechts deuten wollen und als Abgrenzung gegenüber reiner Naturidyllik.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008

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