Franz Mons Gedicht „wo: wenn es wo war…“

FRANZ MON

wo: wenn es wo war
wer: wenn es wer war
wann: wenn es wann war
was: wenn es was war
wie: wenn es wie war

war wo es wenn wie
war wie es wenn was
war was es wenn wann
war wann es wenn wer
war wer es wenn wo

es war wo wenns wer war
es war wer wenns wann war
es war was wenns wie war
es war wie wenns wo war

nach 1960

aus: Franz Mon: Poetische Texte 1951–1970. Gesammelte Texte 2. Janus press, Berlin 1995

 

Konnotation

Gedichte des sprachexperimentellen Virtuosen Franz Mon, der 1926 unter dem bürgerlichen Namen Franz Löffelholz geboren wurde, lesen sich meist wie linguistische Exerzitien. Hier haben wir es mit einem systematisch permutierten Alphabetgedicht über den Buchstaben „W“ zu tun, das alle Ansätze zu einer Aussage mit einem Vorbehalt versieht. Die Konjunktion „wenn“ stellt hier alle Fragepartikel und letztlich alle Anläufe zu einer letztgültigen Aussage wieder in Frage, rückt sie ins Potentielle.
In drei Variationen hat Franz Mon seine Frageläufe um das „W“ durchgespielt. Nur das Pronomen „es“ drängt sich zwischen die Orgie der „W.“-Alliterationen – und täuscht dabei definitorisch Klarheit nur vor. Es gehört zum großen Reiz dieses Gedichts, dass keine semantische Eindeutigkeit erzielt werden kann, sondern im Gegenteil alles mit „wenn“-Vorbehalten zersetzt wird – und nur noch ein phonetisch raffiniertes Verwirrspiel übrig bleibt.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008

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