Friedrich Hebbels Gedicht „Herbstbild“

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FRIEDRICH HEBBEL

Herbstbild

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.

O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt.

1852

 

Konnotation

Wenn der Sommer erlischt und die Natur einen Moment lang innehält, bevor die Zeichen des Herbstes sichtbar werden –  diesen Augenblick hat der Dramatiker und Dichter Friedrich Hebbel (1813–1863) in einem berührenden Herbstgedicht festgehalten. Wir befinden uns am zeitlichen Schnittpunkt zwischen den Jahreszeiten: im lebensgeschichtlich entscheidenden Augenblick, da das Wachstum und das Reifen der Früchte zu Ende ist und unwiderruflich die Vergänglichkeit einsetzt.
Ein pathetischer Appell ergeht an den Leser des Gedichts, die „Feier der Natur“ in einer fast sakralen Andächtigkeit zu bestaunen. Dieser fast didaktische Gestus stört ein wenig den erhabenen Augenblick des Schöpfungswunders, dem hier gehuldigt wird. Hebbel hat dieses Gedicht im Oktober 1852 in Wien geschrieben, als er im Alter von 39 Jahren selbst von der Erfahrung der Vergänglichkeit gestreift wurde.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007

2 Kommentare

  1. Es heißt: „die schönSTen Früchte“
    Liebe Grüße!

    Antworten

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