Heinz Erhardts Gedicht „Der König Erl“

HEINZ ERHARDT

Der König Erl

Wer reitet so spät durch Wind und Nacht?
Es ist der Vater. Es ist gleich acht.
Im Arm den Knaben er wohl hält,
er hält ihn warm, denn der ist erkält’.
Halb drei, halb fünf. Es wird schon hell.
Noch immer reitet der Vater schnell.
Erreicht den Hof mit Müh und Not – – –
der Knabe lebt, das Pferd ist tot!

1950er Jahre

aus: Das große Heinz Erhardt-Buch, Lappan Verlag, Oldenburg 2000

 

Konnotation

Johann Wolfgang von Goethes „Erlkönig“-Ballade (von 1782) umfasste einst 32 Verszeilen und endete mit einem tödlichen Finale – dem tragischen Tod eines Kindes in den Armen seines Vaters. Die kleine Parodie des grandiosen Komikers Heinz Erhardt (1909–1979) hat einen Sinn für poetische Ökonomie: Sie verkürzt den Urtext auf acht Zeilen und zieht der Geschichte ihren dramatischen Nerv.
Was Heinz Erhardt hier „frei nach Johann Wolfgang von Frankfurt“ zusammengetragen hat, ist ein schönes Beispiel für die kalauernde Banalisierung eines tragischen Stoffs. Dem dämonischen Verführer im „Erlkönig“-Original hat Erhardt gleich ganz abgeschafft. Einige Verszeilen sind durch kleine Umstellungen ent-dramatisiert. Geblieben ist nur ein langer und schneller Ritt durch die Nacht, an dessen Ende der Exitus des Pferdes steht.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

3 Antworten : Heinz Erhardts Gedicht „Der König Erl“”

  1. Renate Spaeth sagt:

    Ich liebe Heinz Erhardts Version vom Erlkönig

  2. Renate Spaeth sagt:

    Ich liebe Heinz Erhardts Verballhornung von Goethes Erlkönig. Die Ballade ist entdramatisiert.

  3. Gunther Walter Staats guntherstaats@gmx.de sagt:

    Spitze wie er es formulierte !
    Meine Version :
    Wer reitet so spät durch Nacht und Wind
    es ist der Vater mit seinem Kind
    schwarzer Mann spricht Papa an
    er will das Kind
    Papa verneint, Bubi weint
    andern Tag war große Not
    Papa lebendig Bubi tot

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