Karl Mickels Gedicht „Epitaph für Partisanen“

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KARL MICKEL

Epitaph für Partisanen

Ich baute die Brücke und sprengte sie
Ich wurde erschossen, weil ich sie baute
Des Schiffbruchs Erfinder ist der Erfinder des
Schiffs. Dieses Leben ist eins der schönsten
Erst dann hat ein Mann seine Arbeit getan
Wenn Er für Sie erschossen werden kann.

1964

aus: Karl Mickel: Schriften 1. Gedichte 1957–1974. Mitteldeutscher Verlag, Halle 1990

 

Konnotation

Dem Partisanen als revolutionärem Aktivisten und militanten Verteidiger der Heimat gegen eine fremde Macht kann eine paradox anmutende Aufgabe zufallen: Er ist verantwortlich für den Aufbau und zugleich für die Zerstörung gesellschaftlicher Infrastruktur. In seinem 1964 entstandenen Gedicht reflektiert Karl Mickel (1935–2000), der skeptische Marxist, formstrenge Klassizist und kritische Kommentator des DDR-Sozialismus, diese paradoxale Einheit von Produktion und Destruktion.
Die Rollenwechsel des Partisanen erweisen sich als sein Verhängnis: Denn Zerstörung und Tod gehören zu den unvermeidlichen Nebenwirkungen seiner Arbeit. Der Aufbau einer Brücke und ihre Sprengung können für den Partisanen gleichermaßen bedeutend sein. Der Baumeister des Schiffs antizipiert nach dieser Lesart bereits den Schiffbruch. Diese Widersprüchlichkeit an ihr Ende gedacht, verwirklicht der Partisan seine Aufgabe erst dann, wenn er bei der Erfüllung seiner Aufgaben – Aufbau oder Zerstörung – sein Leben verliert.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010

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