UWE KOLBE
Hineingeboren
Hohes weites grünes Land,
zaundurchsetzte Ebene.
Roter
Sonnenbaum am Horizont.
Der Wind ist mein
und mein die Vögel.
Kleines grünes Land enges,
Stacheldrahtlandschaft.
Schwarzer
Baum neben mir.
Harter Wind.
Fremde Vögel.
1978/79
aus: Uwe Kolbe: Gedichte. Ausgewählt von Ulla Hahn. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1999
„So erschreckend viele junge Leute träumen auf epigonale Weise von einem Schreiben des Neuen und Ihren; der da schreibt’s.“ Mit großem Enthusiasmus begrüßte der DDR-Schriftsteller Franz Fühmann (1922–1984) die Gedichte eines jungen Mannes aus Ost-Berlin, der den Schwung der expressionistischen Generation in seine Gedichte aufnahm und in das Existenzgefühl eines DDR-Bürgers Ende der 1970er Jahre übersetzte: Der 1957 geborene Uwe Kolbe erschien Fühmann als ein „Hans im Glück, der da den Goldklumpen schleppt“.
Es fiel den SED-Kulturpolitikern 1980 sehr schwer, die Gedichte des „jungen Wilden“ Uwe Kolbe zu akzeptieren, der vom Hineingeboren-Sein in eine Welt sprach, die durch ihre Enge und ihre „Stacheldrahtlandschaft“ geprägt war. Bald nach Erscheinen von „Hineingeboren“ verhängten sie über Kolbe ein nicht-offizielles Publikationsverbot. Der Dichter antwortete mit der Gründung der Underground-Literaturzeitschrift Mikado.
1987 nutzte er ein Dauervisum zur Übersiedlung in die Bundesrepublik.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007
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