FRIEDRICH VON HAUSEN
In mînem troume ich sach
In mînem troume ich sach
ein harte schœne wîp
die naht unz an den tac.
dô erwachete mîn lîp.
dô wart si leider mir benomen,
daz ich enweiz, wâ si sî,
von der mir fröide solte kamen.
daz tâten mir diu ougen mîn.
der wolte ich âne sîn.
In meinem Traume sah ich
eine wunderschöne Frau
die Nacht bis hin zum Tag
da erwachte ich jäh
Da ward sie mir – ach – entrissen,
so dass ich nicht weiß, wo sie ist
die mir Freude schenken kann
Das taten mir meine Augen an
oh könnte ich doch ohne sie sein.
(Übersetzung: Michael Braun)
um 1180
Dem rheinpfälzischen Minnesänger Friedrich von Hausen, der wohl um 1150 geboren wurde und auf einem Kreuzzug Friedrich „Barbarossas“ 1190 ums Leben kam, unterstellt die mediävistische Forschung gerne eine „Unterordnung der Frauenminne unter die Gottesminne“. Das mag für seine Kreuzzugslyrik gelten. Von einer Reduzierung sinnlicher zugunsten religiöser Momente kann allerdings in seinem Liebesgedicht auf „eine wunderschöne Frau“ keine Rede sein. Im Gegenteil.
Hier gibt es nur die strahlende Präsenz einer Traumgestalt, die das Ich verzaubert. Der Liebestraum nimmt ein jähes Ende, der Verlust der „wunderschönen Frau“ scheint endgültig. Im Schmerz über diesen Verlust beklagt das unglückliche Ich die eigenen Augen als ein Sinnesorgan der Desillusionierung. Mit solchen „Minneleid“-Versen wurde Friedrich von Hausen zum Begründer der hochhöfischen Lyrik.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2010, Verlag Das Wunderhorn, 2009
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