Wolfgang Bächlers Gedicht „So fern“

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WOLFGANG BÄCHLER

So fern

So fern in der Nähe warst du mir,
so nah in der Ferne.

Wir berührten uns wie der Mond das Wasser,
in dem sein Spiegelbild schwamm
und zitterte und sich dehnte
und hob und senkte,
bis er weiterwanderte über den Himmel
und der See wieder schwarz
in die Erde gebettet lag,
lichtlos zwischen den Büschen.

So fern in der Nähe warst du mir,
so nah in der Ferne.

um 1980

aus: Wolfgang Bächler: Wo die Wellenschrift endet. Ausgewählte Gedichte. Babel Verlag, Denklingen 2000

 

Konnotation

Seine Gedichte waren schwer versehrt „von der Qual und Zerrüttung der Zeit“, wie Thomas Mann konstatierte, sie trugen das Signum eines Verhängnisses, geboren aus den Traumata und Katastrophen der deutschen Geschichte. Der Dichter Wolfgang Bächler (1925–2007) hörte die Erde beben von den Stiefeltritten der nationalsozialistischen Mörder, die ihn bis in seine Alpträume verfolgten. Aber sein Werk enthält auch ganz zarte Liebesgedichte.
In seinem letzten eigenständigen Gedichtband Nachtleben (1982) steht dieses schöne Poem, das ja nur von Lichtreflexen und ihren Spiegelungen handelt, die das Bild größtmöglicher Nähe in sich enthalten. Im Warten aufeinander, im gemeinsamen Schweigen, im Schlaf ist eine Begegnung noch möglich. In anderen Gedichten des Bandes geht Gott durch verlassene Dörfer, ist die Hölle schon auf Erden angekommen.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008

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