Bertolt Brechts Gedicht „Den Nachgeborenen“

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BERTOLT BRECHT

Den Nachgeborenen

Ich gestehe es: ich
Habe keine Hoffnung.
Die Blinden reden von einem Ausweg. Ich
Sehe.

Wenn die Irrtümer verbraucht sind
Sitzt als letzter Gesellschafter
Uns das Nichts gegenüber.

1920

aus: Bertolt Brecht: Die Gedichte. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 2000

 

Konnotation

Hier ist noch nichts bemerkbar von der geschichtsphilosophischen Zuversicht eines vom Marxismus beflügelten Dichters. Das um 1920 entstandene Gedicht ist die Konfession eines Hoffnungslosen. Bertolt Brecht (1898–1956) rechnete später das Gedicht zu den „ältesten Gedichten der Frühzeit“. Seinen Wunsch nach Änderung des Titels in „Der Nachgeborene“ hat er aber nicht umgesetzt.
Die kleine semantische Verschiebung des Titels von „Den Nachgeborenen“ in „Der Nachgeborene“ markiert eine ungeheure Differenz. Die negative Prophetie im Blick auf eine finstere Zukunft, die allen „Nachgeborenen“ gilt, wäre entschärft zum zufälligen pessimistischen Befund eines Einzelnen. Zwanzig Jahre später, in seinem im schwedischen Exil geschriebenen Gedicht „An die Nachgeborenen“, stellt Brecht dann eine Gesellschaft in Aussicht, in der „der Mensch dem Menschen ein Helfer ist“.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

1 Kommentar

  1. Nach 100 Jahren immer noch aktuell!

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