Poesie der Aufzählung
Anmerkungen zu Inger Christensens «alfabet»
Teil 5 siehe hier …
Inger Christensens Aufzählungen bekommen eine diskret persönliche und «allgemeinmenschliche» Note durch gelegentlichen Einsatz von «ich» und «wir» als lyrischen Subjekten, und sie werden mit zumehmendem Umfang kontextualisiert durch assoziative Reflexionen und Kommentare, die jedoch nichts beweisen oder gar fordern wollen, die lediglich zu denken geben und dabei das Undenkbare miteinbeziehen. Daraus ergibt sich für die Autorin (wie auch für «uns») eine eigenartige Mischung von klagloser Trauerarbeit und illusionsfreier Bestandsaufnahme, die letztlich nichts anderes sein kann als rücksichtsvolle Besinnung auf die Dinge, die «es gibt», und auf die Wahrung der «Wahrheit» dessen, was wirklich ist; noch ein Extrakt aus dem «alfabet»:
[…] schau nur
wie einfach ein zeichen
worin wie ein wesen
die wahrheit sich
spiegelt; schau nur wie
wahr, gnädig; lass die
dinge liegen; leg
die worte dazu, aber lass die
dinge liegen; schau
mit welcher leichtigkeit
sie selber schutz hinter
einem stein finden; schau mit
welcher leichtigkeit sie
sich in dein ohr
schleichen und den tod
anflüstern er möge gehn
© Felix Philipp Ingold & Planetlyrik
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