Christian Hoffmann von Hoffmannswaldaus Gedicht „Hiob im Diakonissenkrankenhaus“

CHRISTIAN HOFFMANN VON HOFFMANNSWALDAU

Verliebte Aue

Wo sind die stunden
aaaaaDer süsssen zeit /
aaaaaDa ich zu erst empfunden /
aaaaaaaaaaWie deine lieblichkeit
aaaaaMich dir verbunden?
Sie sind verrauscht / es bleibt doch dabey /
Daß alle lust vergänglich sey.

aaaaaDas reine schertzen /
aaaaaaaaaaSo mich ergetzt /
aaaaaUnd in dem tieffen hertzen
aaaaasein merckmahl eingesetzt /
aaaaaLäst mich in schmertzen /
Du hast mir mehr als deutlich kund gethan /
Daß freundlichkeit nicht anckern kan.

um 1650

 

Konnotation

Der Abkömmling eines adligen Ratsherrn absolvierte eine Musterschüler-Karriere; als Poet freilich übte er sich lange in Zurückhaltung. Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau (1616–1679) studierte in Dresden, Leiden und Amsterdam und stieg vom Ratsherrn zum Kaiserlichen Rat in Breslau auf. Die Poesie betrieb er lange Zeit nur als Nebenbeschäftigung zur Unterhaltung gebildeter Freunde. Seine Deutschen Übersetzungen und Getichte erschienen denn auch posthum – und verblüfften durch kunstvolle Ornamentik und barocke Formversessenheit.
Der Begründer der deutschen galanten Dichtung formuliert hier das Generalthema des Barock: „daß alle Lust vergänglich sey.“ Die erotische Rauschbereitschaft löst sich auf in Ernüchterung, die Erfahrung der Liebe mündet in die Einsicht einer negativen Anthropologie, „dass freundlichkeit nicht anckern kann“. Mit diesen Erfahrungen, formuliert Mitte des 17. Jahrhunderts, antizipiert Hoffmannswaldau zentrale Topoi der literarischen Moderne.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010

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