FRIEDRICH WILHELM GÜLL
Um den Herd herum die Köchin springt
Und singt ein Lied, das komisch klingt
Was soll ich denn kochen?
’s ist alles zerbrochen.
aaaaaDas Maß
aaaUnd die Pfanne,
aaaaaDas Glas
aaaUnd die Kanne –
Und was ich will kaufen
Es kost’t einen Haufen:
aaaaaDer Weck
aaaUnd der Fladen
aaaaaDer Speck
aaaUnd der Braten,
aaaaaDas Salz
aaaUnd das Mehl,
aaaUnd das Schmalz
aaaUnd das Öl,
aaaUnd die Eier
aaaUnd Feuer,
aaaSind heuer
aaaSo teuer!
Und krieg’ keinen Lohn –
Ich lauf’ noch davon!
1876
Mit seinen phantasiereichen Kinderliedern, vor allem seiner Kinderheimat in Liedern und Bildern (1876ff) und seinem Rätselstübchen (posthum 1882 erschienen) erlangte der bayerische Lieddichter Friedrich Wilhelm Güll (1812–1879) unter seinen Zeitgenossen des Biedermeier enorme Popularität. Gülls leichtfüßige Poeme verzichten weitgehend auf die bitter-strenge Belehrungsgeste mit erhobenem Zeigefinger und kokettieren stattdessen mit humoristischen Pointen.
Statt mit moralistischen Reden sein Publikum und vor allem seine Hauptadressaten, die Kinder, zu verprellen, setzt Güll ganz auf die Komik und Leichtigkeit seiner lautspielerischen Reime. Und selbst das kleine Katastrophenszenario, das hier eine Köchin in Schwierigkeiten zeigt, ist kein Anlass zum Lamento, sondern zum poetischen Vergnügen: Primär ist es eben „ein Lied, das komisch klingt“.
Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2009, Verlag Das Wunderhorn, 2008
Schreibe einen Kommentar