2007-02-2 4

Seit ein paar Tagen beobachte ich auf der Bank vor dem Nachbarhaus einen Unbekannten mit schwarzer Strickmütze und molligem Wintermantel, der jeweils zwischen neun und zehn Uhr sein Notebook aufklappt und für eine Stunde – trotz leichtem Schneefall – damit arbeitet; er hält das Gerät wie ein Kleinkind auf den Knien, beugt sich mal tief darüber, mal richtet er sich auf und schaut lang und angestrengt zu den kahlen Platanen auf dem Gemeindeplatz oder in den von Flocken fein gescheckten Himmel. Bei flüchtigem Hinsehn könnte man meinen, es handle sich um einen Freilichtmaler, der an seiner kleinen Staffelei hockt und vor der Natur seine täglichen Graustudien betreibt. Aber schreiben vor der Natur?…

 

aus: Felix Philipp Ingold: Gegengabe
zusammengetragen aus kritischen, poetischen und privaten Feldern

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