2007-06-15

Horrende Helle heute; das Licht bei 31 Grad gestockt wie (so stelle ich mir das vor) nach einem grossen Meteoriteneinschlag oder nach einer AKW-Explosion; ein richtungsloses, allumfassendes dunstiges Glimmen, das keine Schatten mehr aufkommen lässt; doch plötzlich Wind, dann Regen und, erneut, lähmende Stille; schmerzhafter Lärm zwischen den Schläfen. Dennoch fahre ich in der Nacht noch von Z. zurück nach R., höre unterwegs im Auto ab CD eine frühe Lesung von Paul Celan, der sehr diszipliniert, dabei leicht zum Pathos neigend und unüberhörbar persönlich getönt seine Versübersetzungen aus dem Russischen vorträgt, Jessenin und Mandelstam, mit eigenmächtigen Übergriffen sperrig ins Deutsche gebracht, stellenweise geradezu brutal radebrechend, rhythmisch gestört und dennoch unzweifelhaft starke Dichtung, die Celans eignem poetischen Werk zuzuzählen, ihm selbst hoch anzurechnen ist.

 

aus: Felix Philipp Ingold: Gegengabe
zusammengetragen aus kritischen, poetischen und privaten Feldern

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