2007-11-20

Tag des Lesens mit Alexandre Kojève, über den ich für die FAZ einen kleinen Essay schreiben soll; Texte über heidnische Philosophie, Julian Apostata, Raymond Queneau; bin fasziniert und befremdet von dieser spermatischen Intelligenz, von diesem weit reichenden Wissen, das ins Dreieck Glas-Klar-Alaska gehört; stetige Geistesgegenwart, grosse Kombinations- und Deduktionskraft, Neugier und Zynismus gehören zur Armatur von Kojèves Denken; alles was er sagt und schreibt, ist abgeleitet und gleichwohl hochoriginell, jedem Problem scheint er – wie sonst nur Luhmann, dem er allerdings seinen Humor voraus hat – gewachsen zu sein, alles Vorliegende dreht und wendet er, bis es in eklatantem Licht steht und neue Aspekte, neue Fragen eröffnet; eine Art wissenschaftlicher Dandysmus, dazu ein paar Quanten von subtilem Witz und heiterm Pessimismus, eine bald pompöse, bald kabarettistische Rhetorik charakterisieren einen Autor, der alles weiss oder zumindest für jegliches Wissen empfänglich ist, einen, der mit allem etwas anfangen, von einem beliebigen Punkt ausgehn kann, um noch jedesmal ins Eigentliche und Eigne zu gelangen.

 

aus: Felix Philipp Ingold: Gegengabe
zusammengetragen aus kritischen, poetischen und privaten Feldern

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