Inger Christensen

SONETT

Die Schmetterlinge des Planeten segeln
durchs Braitschinotal in heisser Mittagsluft,
befreit aus ihrem Erdloch, dem entlegnen,
umschweben sie das Strauchwerk wie ein Duft.

Als Bläuling, Admiral und Trauermantel,
als Pfauenaugen schaukeln sie einher,
ihr Gaukeln – Tor zum All – ist steter Wandel,
ein Leben, das nicht stirbt wie irgendwer.

Wer aber macht daraus ein stilles Wunder,
beschert mir Seelenruhe, süsse Lügen,
als wär der Tod im Sommerlicht entschwunden?

Die Antwort gibt mein Ohr mit taubem Klingeln:
Ein Schmetterling spreizt nochmals seine Flügel,
auf denen blind des Todes Augen blinken.

aaaaa(1991; aus dem Dänischen in Zusammenarbeit mit der Autorin)

 

aus: Felix Philipp Ingold: Gegengabe
zusammengetragen aus kritischen, poetischen und privaten Feldern

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