Hans Arnfrid Astels Gedicht „Aus Leibeskräften“

Beitragsbild rechts für Lyrikkalender reloaded

HANS ARNFRID ASTEL

Aus Leibeskräften

Aus Leibeskräften
brüllt er ins leere Weltall.
Man hört ihn nicht weit.

1994/95

aus: Hans Arnfried Astel: Sternbilder. West-östliche Konstellationen, Verlag Das Wunderhorn, Heidelberg 1999

 

Konnotation

Das Image, ein Repräsentant des gesinnungstüchtigen Kurzstreckengedichts zu sein, ist der 1933 in München geborene Hans Arnfrid Astel nie los geworden. In den ideologiekritisch geprägten 1970er Jahren brachte er via Epigramm „Strafzettel für den Rechtsstaat“ in Umlauf und munitionierte mit seinen gesellschaftskritischen Erkenntnisblitzen zu Neutronenbombe und Berufsverbot, CSU und RAF linke Podiumsdiskussionen. Neben dem politischen Epigrammatiker Astel gibt es aber auch den mythisch inspirierten Gedankenlyriker, dessen naturpoetische Miniaturen an antike Erzählungen anknüpfen.
Die naturmythischen Epigramme stehen den Metamorphosen Ovids, den Erzählungen der „Anthologia Graeca“ und der Theogonie Hesiods näher als dem Typus des Brechtschen Aufklärungsgedichts. Sein um 1994/95 entstandenes Epigramm entwirft eine schöne Paradoxie. Der in der Weite des Kosmos verlorene Mensch hat mangels Schallwellen nicht mal die Möglichkeit, brüllend auf seine Verlassenheit aufmerksam zu machen.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

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