Ich übersetze, wenn ich übersetze, nicht bloß einen Text, ich setze den Autor über, dieser muss – in seinem Text – ausfindig gemacht und – aus seinem Text – geborgen werden.
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Einen Autor übersetzen – sich in seinen Text versetzen; sich in seinem Text vergessen.
Ich setze diesen Autor in eine fremde Sprache über; in meine Muttersprache; sein Exil.
Ich muss die eigene Sprache hinter mir lassen, um sie dem Autor einzuräumen.
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Je mehr ich mir diesen Autor aneigne, desto fremder wird er mir. Und erst noch verliere ich dabei meine Sprache; doppelter Verlust – des Eigenen wie des Angeeigneten.
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Übersetzen ist Lesen und Schreiben zugleich; so wie lautes Denken nichts anderes ist als die Gleichzeitigkeit von Sich-Erinnern und Sich-Erfinden.
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Nicht in der Übersetzung, im Leser der Übersetzung will der Autor überleben; zuerst also – uff! – im Übersetzer.
aus Felix Philipp Ingold: Überzusetzen
Versuche zur Wortkunst und Nachdichtung
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