Peter Hacks’ Gedicht „Die drei Gewalten“

PETER HACKS

Die drei Gewalten

Der Staat will deinen Schaden nur,
Er möge säuseln oder toben,
Er bleibt dein Gegner von Natur.
Der Feind steht oben.

Regierung, Parlament
Justiz, die drei Gewalten,
Sind, was man Diebstahl nennt,
In drei Gestalten.

1990

aus: Peter Hacks: Hacks Werke in fünfzehn Bänden, Bd. 1. Die Gedichte. Eulenspiegel Verlag, Berlin 2003

 

Konnotation

In seiner polemischen Schlichtheit wird das Gedicht des bekennenden Kommunisten und Klassizisten Peter Hacks (1928–2003) auch bei Lesern Anklang finden, die mit den politischen Ordnungs-Ideen des Dichters wenig im Sinn haben. Fundamentalistische Staatskritik erhält meist die Akklamation empörungsbereiter Zeitgenossen jedweder politischer Couleur – was in diesem Fall nicht unbedingt für die Gedankenschärfe des Textes spricht, der nach der Wende 1989/90 entstand.
Das Gedicht dekretiert die simple Formel, wonach alles Etatistische von Übel ist. Der Staat als Feind, die Gewaltenteilung als „Diebstahl“: Das ist zwar eine starke Gesinnungsästhetik, zugleich aber eine klischeeverdächtige Sottise, mit der bevorzugt die erklärten Gegner der Demokratie hausieren gehen. Dass die Gewalteinteilung in Exekutive, Legislative und Judikative eine Grundlage für pluralistische Gesellschaftsverhältnisse sein kann – das wird durch Hacks’ Gestus der totalen Verwerfung schroff niedergewalzt.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010

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