ULRIKE ALMUT SANDIG
im juli
die hengste reiterlos, quer durch den ort, oder
es kamen die jüngsten und fuhren wieder fort.
oder es gingen die eltern nach vorne zum Zaun,
leis’ zu reden. weiter war keiner beteiligt, hörbar
war jeder schritt, bis der august mit maschinen das,
was schon rauschte, zerschnitt.
2007/2008
aus: Ulrike Almut Sandig: streumen. Connewitzer Verlagsbuchhandlung, Leipzig 2008
Bei Ulrike Almut Sandig ist das lyrische Ich unterwegs ins Ungewisse, stets schwankend zwischen provisorischem Verweilen und nervösem Aufbruch. Eine tastende Suche zeichnet diese Gedichte aus, eine sich vorsichtig aufbauende und unsichere Selbstvergewisserung. Es ist ein lyrisch imaginiertes Wechselspiel zwischen Verankert-Sein und Unverankert-Sein. Sobald das Ich meint festen Boden zu betreten, wird ihm schon das Fundament unter den Füßen weggezogen und ein neuer Grund muss gefunden werden.
Die Gedichtorte der 1979 in Großenhain in Meißen geborenen Autorin sind immer wieder Wegkreuzungen zwischen der alten vertrauten Lebenswelt und den Unsicherheiten und Verheißungen einer neuen Sphäre. So wie diese, sich ständig überlagernde und auswischende Erinnerung an einen Juli auf dem Lande.
Norbert Lange (Gedichtkommentar) Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2011, Verlag Das Wunderhorn, 2010
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