Ludwig Tiecks Gedicht „Mondbeglänzte Zaubernacht“

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LUDWIG TIECK

Mondbeglänzte Zaubernacht

Mondbeglänzte Zaubernacht,
Die den Sinn gefangen hält,
Wundervolle Märchenwelt,
Steig’ auf in der alten Pracht!

1804

 

Konnotation

Im Prolog zu seinem heute vergessenen Lustspiel Kaiser Octavian (von 1804) notierte der umtriebige Märchenerzähler, Dichter und Dramaturg Ludwig Tieck (1773–1853) einige Verse, die zur Grundformel der Romantik wurden. Die Formel von der „mondbeglänzten Zaubernacht“ wurde zum vielzitierten Signum einer ganzen Epoche.
Was den Zeitgenossen als romantische Losung erschien, hat Tieck später in ein umfangreiches Gedicht mit dem Titel „Wunder der Liebe“ integriert. Dort liefern die vier Zeilen nur noch einen lyrischen Naturauftakt zu einem großen Hymnus auf die Liebe. Nach Goethes Tod im März 1832 versuchte man Tieck als Dichter-Fürsten zu inthronisieren, was sich der Umworbene auch gerne gefallen ließ. Literarisch freilich verblasste Tiecks romantische Imaginationskraft mehr und mehr, und „der König der Romantik“ lieferte nach 1819, als er sich als Dramaturg in Dresden niedergelassen hatte, nur noch einige biedermeierliche Schriften. Als der fast Achtzigjährige 1853 starb, war die romantische Begeisterung für „Märchenwelten“ endgültig verflogen.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007

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