Hartmut Brie: Beschwörungen

Mashup von Juliane Duda zu dem Buch von Hartmut Brie: Beschwörungen

Brie/Geue-Beschwörungen

URBILD

Auch die Seele hat manchmal das Sagen,
sie schreit hinaus, was auf dem Herzen liegt,
sie hat keine Vernunft auf ihrem Grund.
Manche Seelenregung kommt unterwegs auf den
aaaaaHund,
mit Widerstand, der sich in Sicherheit wiegt,
am Ende wird sie unser Urbild tragen.

 

 

 

Direkte Worte

Reichlich Denkstoff
Mit Beschwörungen veröffentlichte der 1943 geborene Schriftsteller Hartmut Brie seinen bereits siebten Lyrikband. Der Autor ist bekannt, für seinen eigenwilligen Stil, seinen Hang zu ernsten, gewichtigen Themen und für seine Direktheit. Im Mittelpunkt seiner dichterischen Tätigkeit steht die Gedankenlyrik. Bries Gedichtbände sind mit abstrakter, zeitgenössischer Kunst kombiniert, welche die Bildhaftigkeit und den Denkanstoß seiner Werke zusätzlich unterstreicht.
Hartmut Brie war insgesamt elf Jahre Leiter von Bildungskampagnen in den Entwicklungsländern West- und Zentralafrikas, was sich in seiner Lyrik deutlich wiederspiegelt. Seine Gedichte setzen sich oftmals mit globalen Konflikten auseinander. Es wird beschrieben, wie der Mensch, mit globalen Ereignissen und Problematiken konfrontiert wird, während er versucht, sich selbst zu finden und sein Handeln und Fehlverhalten wird dabei oftmals kritisiert.

Unverblümte Wahrheit
Beschwörungen setzt sich aus insgesamt sieben unterschiedlich langen Teilen zusammen. Bereits dessen Titel, wie „Gewalt in den Köpfen“ oder „Worte des Zweifels“ lassen vermuten, dass es sich auch in diesem Lyrikband um ernste und unheilvolle Themen und Wahrheiten handelt, die den Leser zum Nachdenken anregen und vielleicht sogar die Augen öffnen sollen. Die heutige Umwelt des Menschen, ihre Ungerechtigkeiten, falsche Politik und seine wachsenden Zweifel stehen hier im Mittelpunkt.
Im ersten Teil, „Deine Welt – meine Welt“, schreibt Brie über die gegenwärtige allgemeine Umwelt des Menschen – über ihre globalen Missstände, ihre Lügen, Zweifel und Probleme. Aussagen wie „des Menschens Glauben geht vorübergehend verloren“ oder „kein Land in Sicht um die Menschheit zu retten“ stimmen den Leser gekonnt nachdenklich auf den restlichen Inhalt des Lyrikbandes ein.
Im zweiten Teil, „Vielleicht dein Afrika“, geht es einerseits um die Missstände Afrikas, um seine korrupten Machthaber und um das Leid der Bevölkerung, doch andererseits auch um die Magie seiner Kultur, seine Traditionen und um seinen bestehenden Glauben. Mit harten aber ehrlichen Aussagen wie „die Spitze des Staats korrupt bis in die Knochen“, „auf dem Land harte Steuereintreiber“ und „Afrika in den Augen Leid und Schmerz“ bringt er dem Leser die schwierige Situation dieses Kontinents näher.
Im dritten Teil, „Lyrische Momente“, befasst sich der Autor mit dem Schaffen von Lyrik und mit der schwindenden Begeisterung für die Lyrik in unserer heutigen Zeit. Dieser Teil schweift ein wenig von den restlichen Inhalten des Werkes ab, was jedoch nicht weiter stört, da in ihm ebenfalls deutliche Kritik an den Menschen ausgeübt wird. Er vergleicht die Lyrik mit einer Totgesagten, klagt, dass nur noch wenige sich intensiv mit ihr beschäftigen und spiegelt die heutige Situation der Lyrik in seinen Augen wieder.
Im vierten Teil, „Gewalt in den Köpfen“, spricht der Autor erneut die globalen Missstände an, die auf unserer Welt herrschen. Mit Strophen wie „Auch ist jeder Tote ein Toter zu viel“ und „die Reichen der Erde genießen den Luxus unbeschwert“ nimmt Brie kein Blatt vor den Mund, spricht Wahrheiten und Feststellungen aus, mit welchen er Krieg, Gewalt und die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich kritisiert.
Im fünften Teil, „Innenräume – Lebensträume“, geht es um das innere Wesen des Menschen – die Seele. Hier bedeutet Brie, von welcher Wichtigkeit unser Innenleben ist, unsere Gefühle, Träume und Wünsche. Die Seele strebt nach Frieden und Stille, danach den Alltag gut zu überstehen und sich ihrer Umwelt und Problemen zu entziehen.
Im sechsten Teil, „Worte des Zweifels“, macht der Autor auf das Fehlverhalten der Menschen aufmerksam. „Gewalt gegen Mitmenschen ist wie ein Schritt zurück“ und „Menschenrechte mit Füßen getreten und die Peitsche geschwungen“ stellen eindeutig eine Kritik an das Handeln der Menschheit dar.
„Götter und die Welt“ nennt sich der siebte und letzte Teil des Lyrikbandes. Hier wird erneut die Unehrlichkeit des Menschen erwähnt, die Intoleranz gegen andere Religionen und Geld wird mit einer Art Gott und einer Droge verglichen. Mit Aussagen wie „Geld ein Teufelsding mit Seelenverkauf eigentlich hundsgemein“ beleuchtet der Autor, was das Geld im Grunde genommen mit und aus dem Menschen macht. Doch auch einige wohltuende und hoffnungsschimmernde Strophen hat Brie in diesem letzten Teil für den Leser niedergeschrieben. Er spricht von der Schönheit der Wüste und, dass diese ein Ort mit Leben für eine nachhaltige Wende sei.
Jedem der Teile wird ein Bild eines abstrakten, künstlerischen Werks in Form von Akryl auf Leinwand oder Ölkreide auf Papier vorausgegangen. Die Bilder stammen von der Malerin Gisela Geue-Brie. Ihre Bilder beschäftigen sich mit dem Unbekannten, das sich hinter der äußeren Fassade des Menschen befindet. Die Bilder wirken überwiegend triste, dunkel und düster und harmonieren somit mit den Inhalten der Gedichte. Durch ihre Abstraktheit stellen die Bilder dem Leser zusätzlichen Stoff zum Nachdenken bereit. Ihre Bilder sind nicht immer einfach zu deuten. Auch die Sprache des Autors sei nicht einfach, weil auch unsere Welt es nicht sei, beteuert Hartmut Brie selbst.

Tiefgang
Die Form der Gedichte in Beschwörungen scheint eigenwillig und ist selten einer bestimmten traditionellen Lyrikform einzuordnen. Sie besteht aus aneinandergereihten Aussagen oder Beschreibungen, größtenteils ohne Reim. Brie scheint seine Gedichte keinen Reimschemata unterzuordnen, sein tiefgründiger Inhalt ist hier von weitaus größerer Bedeutsamkeit. Ästhetik seiner Strophen äußert sich in metaphorischen Wortspielen wie „Finde den Zauberstab für Frieden schaffende Soldaten“ oder in interessanten Wortschöpfungen wie „zwischen Habenichtsen und den im Geld Ertrinkenden“.
Beschwörungen dient nicht dem reinen Zeitvertreib oder der bloßen Unterhaltung. Bries Lyrik ist durchdringend, traurig, beschäftigt sich hauptsächlich mit unschönen Themen, welche in unserer Gesellschaft jedoch keinesfalls unausgesprochen bleiben sollten. Beschwörungen ist kein Lyrikband für jemanden der sich nach fröhlicher, heiterer oder hoffnungsfroher Lyrik sehnt. Sie dient dem tiefgründigen, nachdenklichen Leser, der weitaus über unsere nationalen Grenzen hinweg denkt, seine Augen nicht unberührt vor den Problemen und Krisen unserer Welt verschließt. Beschwörungen ist ein Werk, dessen Inhalt dem Leser unter die Haut geht und teilweise bis ins Mark treffen kann, wenn er sich auf seine Thematik denn einlässt.

Eva Fischer, petergeist.homepage.t-online.de

Weitere Rezensionen zu diesem Buch hier.

 

Fakten und Vermutungen zum Autor

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