Heinrich Heines Gedicht „Ich hatte einst ein schönes Vaterland“

HEINRICH HEINE

Ich hatte einst ein schönes Vaterland

Ich hatte einst ein schönes Vaterland.
Der Eichenbaum
Wuchs dort so hoch, die Veilchen nickten sanft.
Es war ein Traum.

Das küßte mich auf deutsch und sprach auf deutsch
(Man glaubt es kaum
Wie gut es klang) das Wort: „Ich liebe dich!“
Es war ein Traum.

1834

 

Konnotation

Das Loblied, das hier der Emigrant Heinrich Heine (1797–1856) seinem „schönen Vaterland“ singt, konnte durch Ironie vergiftet sein. Denn der deutsche „Eichenbaum“ ragt hier doch auch in der Verszeile auffällig statuarisch empor; an anderer Stelle hat Heine sein Vaterland und dessen Baumwerk als „das Land der Eichen und des Stumpfsinns“ ins Zwielicht gerückt.
Sein „schönes Vaterland“ hatte Heine 1830 in Richtung Frankreich verlassen, sein wortkarges Exil-Gedicht wurde erstmals 1834 gedruckt. Was da als ersehntes Objekt im „Traum“ aufscheint, ist aber etwas, das nicht vorbehaltlos geliebt werden kann. Aber die Worte „Ich liebe dich“ wecken Sehnsüchte. Heimat findet der Dichter Heine noch immer in der deutschen Sprache. Denn „das deutsche Wort“, so schreibt er schon als Student in Bonn in einem Aufsatz über die deutsche Romantik, sei „ein Vaterland selbst demjenigen, dem Torheit und Arglist ein Vaterland verweigern.“

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2007, Verlag Das Wunderhorn, 2006

1 Antwort : Heinrich Heines Gedicht „Ich hatte einst ein schönes Vaterland“”

  1. Ingvall Jan-Erik sagt:

    Habe Rachmaninoffs „Son“ ackompngniert und möchte mich das originales Gedicht von Heinrich Heine kennen lernen. Ist ganz frei In Russisch übersetzt oder interpretiert geworden…

    Ich arbeite auf eine Übrsetzung in Swedisch, damit der Sänger den Sinn des Gedichts verstanden.

    Heute, wenn viele Leute zufolge Kriege und anderer Katastrophen sein Vaterland verlassen müssen, bekommt dieses Gedicht wieder Aktuatltät

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