Ludwig Fels’ Gedicht „Natur“

LUDWIG FELS

Natur

Hierher, sagen mir Bekannte, bauen wir
unser Häuschen.
Auf ihrem Grundstück grasen Kühe
und Blumen wachsen im Klee.
Hier ist noch alles so natürlich, sagen sie, die Luft
und der Wald, Hügel und Felder
hier werden wir wohnen

Ohne euch
sag ich
würde es so bleiben.

1975

aus: Ludwig Fels: Ernüchterung. Gedichte. Verlag Klaus Renner, Erlangen/Berlin 1975

 

Konnotation

Nach seinem Selbstverständnis als Schriftsteller befragt, hat der 1946 geborene Ludwig Fels schon früh mit der ihm eigenen Direktheit geantwortet: „Kaputt wie die Welt ist / Möchte ich nicht leben“. Vom „akademischen Biedermeier“ (O-Ton Fels) hat sich dieser Dichter, der im proletarischen Milieu aufwuchs, nie befrieden lassen, sondern hat stets auf die raue, angriffslustige Formulierung gesetzt. Im Genre Naturgedicht bezieht er Position wider die falschen Idylliker.
Trockener und treffender kann man die Natur-Sehnsucht der alten und neuen Bürgerlichkeit nicht karikieren. In seinem 1975 entstandenen Gedicht kann sich Fels darauf beschränken, die enthusiasmierten Natur-Anbeter aus der Stadt zu zitieren. Wo aber die naive Natur-Begeisterung epidemisch wird, ist die Zersiedelung des natürlichen Raums nicht mehr aufzuhalten.

Michael Braun, Deutschlandfunk-Lyrikkalender 2008, Verlag Das Wunderhorn, 2007

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